• ACHT •

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So sehr ich nach der vorherigen Nacht auch geglaubt habe, dass es sich mit diesem Auden doch ganz gut aushielte, so wurde ich am darauffolgenden Abend eines Besseren belehrt.

Mit einem kühlen Glas Weißwein saß ich vor dem Fernseher und zappte durch die Kanäle, bis ich schließlich bei einer Serie hängen blieb, die ich als Teenie immer gern geguckt habe: Avatar.

Mit einem leisen Lächeln im Gesicht ließ ich mich von dem animierten Geschehen in der Flimmerkiste berieseln... bis es anfing.

Zuerst kam das Seufzen. Dann wurde es zu einem Stöhnen. Und schließlich langgezogene, kehlige Schreie. Egal, wie laut ich den Ton einstellte, es hatte keinen Sinn. Ich hörte die Frau ein Apartment weiter trotzdem noch laut und deutlich Spaß haben.

Mittlerweile ist es Mitternacht und ich liege in meinem Bett. Die Geräusche sind zwar leiser geworden und ertönen in unregelmäßigeren Abständen, nichtsdestotrotz höre ich sie noch. Ich frage mich, wie dünn die Wände um mich herum eigentlich sind?! Verdammt dünn, wenn man sich den Lärmpegel hier anhört.

Dies ist einer dieser Momente im Leben für Ohrstöpsel, egal, wie unbequem sie auch sein mögen. Leider habe ich gerade keine bei mir, weil das Universum mich offensichtlich hasst.

Ich ziehe mir dir Decke übers Kinn und strecke der Dunkelheit den Mittelfinger entgegen. Nimm das, Universum!

•••

Am nächsten Morgen erwache ich – wie erwartet – mit pflaumenblauen Ringen unter den Augen und so spät, dass man es eigentlich fast schon Mittag nennen könnte. Die Lider halb geschlossenen schaffe ich es gerade noch so, zur Kaffeekanne zu wanken – nur um festzustellen, dass keine Filter mehr da sind. Kann dieser Tag eigentlich noch blöder anfangen?!

Scheint, als hätte ich das Universum mit dem Mittelfinger gestern ernsthaft beleidigt.

Plötzlich dringt Stimmengewirr vom Flur herein und ich spitze beunruhigt die Ohren.

»... dein Problem ist?!«

»Das kann einfach nicht dein Ernst sein! Ich dachte –«

»Dafür kann ich nichts. Ich habe dir von vornherein gesagt, dass ich nicht auf eine Beziehung aus bin!«

Okay, jetzt da ich weiß, dass auf dem Flur keiner ausgeraubt wird oder dergleichen, sollte ich mich zurückziehen. Doch gegen die brennende Neugier, die in mir hochschießt wie eine Stichflamme, komme ich nicht an. Auf leisen Sohlen schleiche ich zum Eingang und lege mein Ohr an die Tür.

Doch leider scheint es das schon gewesen zu sein, denn ich höre eine Tür knallen, einen (diesmal frustrierten) Frauenschrei, dann Stille.

Zaghaft stecke ich den Kopf nach draußen und blicke einmal den Flur rauf und wieder runter. In diesem Moment passiert eine Tür weiter das Gleiche und ich sehe mich Auden gegenüber. Unwillkürlich werden meine Wangen warm und ich verfluche meinen hormongesteuerten Körper.

»Oh, hi, neue Nachbarin. Sorry für die Szene gerade. Ich wollte sichergehen, dass sie nicht noch irgendwie im Gang randaliert hat.«

»Für gestern Nacht darfst du dich auch gleich entschuldigen.«

Seine geraden dunkelblonden Brauen schießen in die Höhe und ein süffisantes Lächeln lässt die dunklen Augen schelmisch funkeln. »Ah, das ist dir also nicht entgangen?«

Oh, nein ist es nicht... und gegen die Schlussfolgerungen, die ich daraufhin seine Künste im Schlafzimmer betreffend zog, konnte ich auch nichts machen.

NachtluftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt