• SECHZEHN •

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»... ich sag's dir, Callah, ich dachte, der Trottel ist gestolpert und hingefallen. Aber dann hat er plötzlich so 'ne Samtschachtel rausgewurstelt und – Tadaaa! – da war ein Ring drinnen!«

Wehmütig grinsend sage ich: »Gratulation, Jordie!« Ich freue mich ehrlich für sie, dass sie nun verlobt ist. Auch, wenn ich ihrem zukünftigen Ehemann bisher noch nicht begegnet bin, höre ich nur Gutes von ihm. Er scheint in vielerlei Hinsicht ganz anders als meine Freundin zu sein, doch vielleicht ist auch genau das der Grund, warum sie sich so toll ergänzen.

»Dankeschön! Aber genug von mir geredet, wie geht es dir?«, will sie jetzt wissen.

Das letzte Mal haben wir vor dieser... verrückten Sache mit Auden telefoniert. Einerseits würde ich ihr wirklich gern davon erzählen, doch andererseits fürchte ich mich auch gleichzeitig davor, dass sie mir ins Gesicht sagt, wie hirnverbrannt diese Aktion ist.

Etwas nervös lache ich auf. »Wie soll es mir schon gehen? Gut, äh, mir geht es gut!« Gott, ich hasse es, zu lügen.

Und die Stille am anderen Ende der Leitung bestätigt mich in der Annahme, dass ich nicht sonderlich gut darin bin. »Du klingst merkwürdig. Ist was passiert?«, ertönt jetzt ihre misstrauische Stimme. Ich räuspere mich hastig und beteuere erneut, dass alles gut ist.

»Komm schon, irgendwas ist doch. Macht dir dieser Möchtegern-Hendrix Probleme? Verdammt, ich hätte ihm noch gründlich den Kopf waschen sollen, bevor du einziehst –«

»Auden? Ähm, er – nein! Er macht keine Probleme mit, ähm, also er ist gut. Sehr gut sogar! Zu mir, meine ich, er ist nett...« Bitte, liebes Gehirn, lass mich einfach schweigen.

»Ah, verstehe. Du schläfst mit ihm.«

Mir klappt die Kinnlade runter. »Woher...?!«

Jordie lacht bellend auf. »Ach, komm schon, du stotterst hier wie die letzte Dumpfbacke herum und nennst ihn beim Vornamen. Man muss nicht unbedingt Inspektor Columbo sein, um da draufzukommen.«

Mit heißen Wangen presse ich die Lippen zusammen und vergrabe das Gesicht in meiner freien Hand. Mit der anderen umklammere ich das Handy so fest, dass ich schon fast befürchte, es könnte zerspringen.

»Callah«, setzt Jordie jetzt etwas sanfter an, »Warum ist dir das so unangenehm?«

Ich zucke die Schultern. »Ach, keine Ahnung. Ich hatte Angst, dass du mir sagen würdest, was für eine blöde Idee das ist und dass ich mich lieber von ihm fern halten soll, oder so«, murmle ich.

»Gut, es ist eine blöde Idee und du solltest dich lieber von ihm fern halten, weil Auden Rivers ein Schlitzohr ist, das Ärger anzieht, wie das Licht die Motten – soweit meine Erfahrung.«

Bevor ich mich dazu äußern kann, spricht sie weiter. »Aber, und das ist ein großes, fettes ABER... wenn ihr euch anständig behandelt und Spaß miteinander habt, warum nicht?«

Darauf weiß ich nichts zu erwidern. »Ihr seid doch gut zueinander, oder?«, hakt sie nach.

»Sehr gut sogar«, nuschele ich mit brennenden Wangen.

»Ihr habt nicht irgend so eine Toxische-Beziehung-Scheiße am Laufen?«

»Äh, nein. Alles gesund zwischen uns.«

»Tja, dann... wüsste ich auch nichts, was dagegen sprechen würde.«

Dass Auden und ich uns in den letzten zwei Tagen nicht gesehen haben, weil ich ihm aus dem Weg gegangen bin (und es immer noch tue), verschweige ich Jordie an dieser Stelle.

NachtluftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt