Die erste Nacht im neuen Haus

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Nathan war komplett erschrocken aufgrund von Tessas Reaktion. Warum wollte sie nicht, dass er die Tür öffnete? Es war schließlich auch ein Raum des Hauses und da sie nun so ein Geheimnis um den Raum mit der roten Tür machte, wollte er unbedingt wissen, was es damit auf sich hatte: "Warum darf ich die Tür nicht öffnen? Was ist dahinter? Ein Raum voller Gold? Oder doch Schlangen? Nun sag schon, Tessa!" "Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Schimmer, was sich hinter dieser Tür verbirgt und glaub mir, als ich hier lebte, bin ich oft nachts aufgestanden, um durchs Schlüsselloch zu schauen, weil die Neugier mich fast aufgefressen hat. Doch einmal, da schlich ich mich nachts in das Schlafzimmer meines Onkels und stahl ihm den Schlüssel. Er trug ihn immer an einer Kette bei sich. Doch noch bevor ich die Tür öffnen konnte, stand mein Onkel hinter mir, mit weit aufgerissenen Augen und schrie mich an, dass er mir doch verboten hätte zu dieser Tür zu gehen und ich sofort auf mein Zimmer gehen solle. Ich hatte ihn noch nie zuvor so gesehen, er hat mich sonst nie angeschrien oder ist auch nur laut geworden. Wir haben nie wieder darüber gesprochen und ich habe nie wieder versucht die Tür zu öffnen."

Nathan war verwirrt. Was konnte so wichtig oder so furchtbar sein, dass Tessas Onkel diese Tür so akribisch verschlossen hielt? Es war schließlich sein Haus, er musste doch wissen, was es war und hätte bestimmt nichts Gefährliches beherbergt. Oder? Immerhin kannte Nathan Tessas Onkel nicht. Nie hatte er ihn zu Gesicht bekommen, obwohl er Tessas einzige Familie war. Sie sprach nicht oft darüber, doch irgendwas musste dort passiert sein, dass sie dieses Haus nach ihrem Auszug nicht mehr betreten wollte und was zum Zerwürfnis mit ihrem Onkel führte. Er selbst hatte laut Tessas Erzählungen das Anwesen niemals verlassen. Auch als sie ein Kind war nicht.

Es gab Angestellte, die alles für ihn erledigten und arbeiten gehen musste er auch nicht. Er war Archäologe gewesen, wusste Tessa aus frühen Erzählungen ihrer Eltern, doch als sie zu ihm kam, hatte er bereits seit einem Jahr keine Aufträge mehr angenommen, von niemandem. Er schrieb Bücher über seine Expeditionen und über die Dinge, die er dort gefunden hatte. Damit finanzierte er sein weiteres Leben und häufte ein wahnsinniges Vermögen an. So konnte er den Rest seiner Zeit Tessa widmen oder seinen zahlreichen Hobbies. Sie fand es damals schon merkwürdig, dass er nie das Grundstück verließ. Alles, was er brauchte, alles, was er wollte, ließ er sich besorgen oder er besaß es auf dem Anwesen. Selbst eine eigene Kapelle gab es, wo jeden Sonntag ein Pfarrer die Messe las und danach durch das Anwesen ging, um es zu segnen.

Nathan ließ die Sache mit der Tür erst einmal auf sich beruhen, war jedoch fest entschlossen es ein weiteres Mal zu versuchen, wenn er und Tessa sich erst einmal eingelebt und mit den Renovierungen begonnen hatten. Die erste Nacht brach an und Tessa führte ihn in ihr altes Zimmer. Wohl war Nathan dabei nicht, die Möbel sahen sehr alt aus, wie aus einem Museum. Nichts in diesem Zimmer hatte sich verändert seit Tessa gegangen war. Die Möbel, die Wände... alles dasselbe. Doch für neue Möbel war noch nicht die Zeit. Tessa ging ins Bad, um sich frisch zu machen und Nathan dachte die ganze Zeit über die Tür nach. Es machte ihn fast wahnsinnig nicht zu wissen, was sich darin befindet. Als Tessa ins Zimmer kam, schob er diese Gedanken beiseite und sie legten sich schlafen, es war ein anstrengender Tag. Doch mitten in der Nacht wachte Nathan plötzlich auf. Er hörte ein Flüstern und dachte, es wäre wohl jemand eingebrochen. Elektrisches Licht gab es in den meisten Teilen des Hauses noch nicht, also zündete er eine Kerze an und ging ins Foyer um nachzusehen. Doch er konnte weit und breit niemanden sehen und das Geflüster verstummte bereits in dem Moment, als er die Tür des Zimmers öffnete. Hatte er sich das Ganze nur eingebildet? Aber er war sich so sicher, dass er etwas gehört hatte. Dennoch ging er dann zurück ins Bett, denn morgen stand das Treffen mit den Bediensteten von Tessas Onkel an, da Tessa darauf bestanden hatte, sie weiterhin zu beschäftigen.

Die rote TürWo Geschichten leben. Entdecke jetzt