Merkwürdige Vorkommnisse

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Nachdem Tessa eine Zeit lang vor ihrem Laptop gesessen hatte und sich einfach nicht konzentrieren konnte, schloss sie ihr Schreibprogramm und überlegte. Warum waren die beiden nur so merkwürdig in Nathans Anwesenheit, so kannte Tessa sie gar nicht. Sie waren in ihrer Kindheit, bis auf Chester, ihre einzigen Freunde gewesen... Warum freuten sie sich nicht für sie, dass sie glücklich war? Lag es daran, dass Nathan nicht reich war? Glaubten sie vielleicht, er wollte nur ihr Geld? Aber das war doch Schwachsinn! Sie waren schon zusammen, bevor er überhaupt wusste, dass sie einen reichen Onkel hatte. Tessa wurde schlagartig aus ihren Gedanken gerissen, als sie einen lauten Schrei hörte. Sie rannte nach unten in der Annahme, dass Agnes etwas passiert sei. Als sie jedoch in die Küche stürmte, war Agnes gerade mit dem Abwasch beschäftigt. "Wer hat hier gerade so geschrien?", fragte Tessa. "Geschrien? Niemand hat hier geschrien mein Kind, das hätte ich doch sicherlich gehört", entgegnete Agnes. Tessa sah sie verwirrt an und verließ die Küche ohne ein weiteres Wort. Hatte sie sich den Schrei nur eingebildet? Aber wieso sollte sie das tun?

Tessa entschloss sich, einen Blick in den Keller zu wagen, ob dort vielleicht etwas mit den Rohren nicht stimmte und das Geräusch dadurch erklärt werden konnte. Doch auch nach einer halben Stunde im Keller fand sie einfach keine Erklärung. "Ich bin doch nicht verrückt!", sagte sie zu sich selbst und ging wieder hinauf. Sie verließ das Haus für einen Moment, um sich auf dem Hof umzusehen, denn Nathan wollte sich ja, bevor er in die Stadt fuhr, auf dem Gelände umsehen. Nicht, dass ihm etwas passiert war und er ihre Hilfe brauchte.

Sie kannte das komplette Anwesen wie ihre Westentasche, als Kind war sie überall innerhalb dieser Mauern gewesen. Doch weit und breit konnte sie Nathan zunächst nicht entdecken. Erst als sie den Friedhof der Familie betrat, wo auch ihr Onkel seine letzte Ruhestätte hatte, fand sie ihn. Er stand wie erstarrt vor einem alten Grab. "Nate, was ist los? Hast du hier eben so geschrien?", fragte Tessa ihn, während sie ihn am Arm packte und zu sich drehte. Er war kreidebleich. "Nein, ich habe nicht geschrien. Aber ich weiß, wer es war...", antwortete er beinahe teilnahmslos. "Nate, das ist echt nicht witzig! Was ist passiert?" Tessa dachte, er wolle ihr einen Streich spielen und sie erschrecken, doch er meinte es bitterernst. "Nein, wirklich! Ich habe jemanden gesehen, hier auf dem Friedhof. Eine Frau in einem weißen Kleid... ich rief nach ihr und fragte sie nach ihrem Namen. Doch dann schrie sie ohrenbetäubend laut, ich hielt mir die Ohren zu und schloss nur für eine Sekunde meine Augen. Und plötzlich war sie weg! Tess bitte, das ist kein Scherz oder sowas, aber hier war jemand. Hier war eine Frau und ich glaube nicht, dass sie zum Personal gehört, oder?"

"Beruhige dich, Nate. Bist du wirklich sicher, dass du das nicht geträumt hast? Ich meine, es ist ein Friedhof und es wird langsam dunkel. Vielleicht hat dich das einfach nur etwas paranoid gemacht? Niemand kommt hier einfach so rein, die Mauern von Hell Castle sind hoch und die Tore verschlossen. Das weißt du doch selbst. Lass uns hineingehen, ich mache dir erst mal einen Tee und du beruhigst dich", versuchte Tessa ihn zu beruhigen. Doch glaubte sie das selbst? Immerhin hatte auch sie einen Schrei gehört und er kam definitiv von einer Frau. Nathan konnte es nicht gewesen sein, doch das wollte sie nicht zugeben. Für sie war es unmöglich, dass einfach jemand hierherkam. Die Tore waren stets verschlossen und sollten es auch bleiben, das hatte sie Nathan von Anfang an immer wieder gesagt. Und Mr Carrywinter prüfte nachts, ob auch alle Zugänge zu Hell Castle zu waren.

Aber woher kam der Schrei dann? Sie konnten sich doch nicht beide denselben Schrei eingebildet haben. Als sie zurück im Haus waren, fragte sie Agnes erneut nach dem Schrei und befragte auch Mr Carrywinter, ob er einen Schrei gehört hatte. Doch beide beteuerten, dass dem nicht so gewesen war. Doch wie konnte das nur sein?

Die rote TürWo Geschichten leben. Entdecke jetzt