Tessa und Nathan schauten Mr Carrywinter zuerst ungläubig an, doch als er auf ein Gemälde im Foyer zeigte, stockte Nathan der Atem: "SIE WAR ES! DIE FRAU AUF DEM FRIEDHOF, DIE SO SCHRECKLICH GESCHRIEN HAT! DAS WAR SIE!", schrie er. Tessa versuchte ihn zu beruhigen: "Nate, bitte beruhig dich... atme tief ein und aus. Du wirst sonst noch umkippen!" Sein Gesicht war fast weiß vor Schreck, er schwitzte und atmete schwer. Mr Carrywinter holte einen Stuhl und er und Tessa halfen Nathan, sich daraufzusetzen. Er konnte es nicht glauben... Ein Geist? Ein echter Geist? In diesem Moment hatte er sich gewünscht, er hätte sich das Ganze nur eingebildet. Er wollte nicht daran glauben, aber er wusste, was er gesehen hatte auf dem Friedhof. Und das Gemälde hing wohl schon länger da, als sie alle überhaupt lebten. Das konnte alles kein Zufall sein. Sie waren tatsächlich in ein Spukhaus gezogen.
"Okay, okay, nehmen wir mal an, das alles stimmt... was tun wir dann dagegen? Geister sind jetzt nicht unbedingt die Mitbewohner, an die ich gedacht hatte...", sagte Nathan. "Antoinette ist schon sehr, sehr lange hier, ich befürchte, sie wird auf ewig hier bleiben. Ihr Mann dachte damals, wenn er sterben würde und wieder mit ihr vereint wäre, dann könnte sie endlich ins Jenseits übertreten. Aber sie ging nicht. Jedoch ist sie kein Poltergeist. Sie belästigt die Bewohner des Hauses nicht. Sie warnt sie vor Unheil", erklärte Mr Carrywinter. "Vor Unheil?", fragte Tessa. "Ja, vor Unheil. Sie ist eine gute Seele, Ihr Onkel hat sie sehr geliebt, sie war immerhin seine Mutter. Er hat sie nahezu vergöttert. Sie würde niemals jemandem etwas zuleide tun. Sie will nur verhindern, dass noch jemanden ihr schreckliches Schicksal ereilt. Deshalb war Ihr Onkel damals auch froh als Sie gingen, Miss Tessa. Er hat Sie sehr geliebt, wie sein eigenes Fleisch und Blut, doch er wusste, Sie fühlten sich auf Hell Castle niemals richtig wohl. In dieser Isolation, die ihm selbst geschuldet war. Er selbst ist herumgereist, um diesem Ort zu entkommen und er hat niemals geheiratet oder eigene Kinder gehabt. Er wollte unbedingt verhindern, dass die Geschichte sich wiederholt. Er hatte große Bedenken damals, Sie nach dem Tod ihrer Eltern nach Hell Castle zu holen. Allerdings war er der einzige Anverwandte, der noch da war, wie Sie wissen. Und er brachte es nicht übers Herz, Sie in ein Kinderheim zu geben. Also nahm er Sie auf und setzte alles daran, Sie vor dem Schicksal seiner Mutter zu beschützen."
"Das erklärt so vieles. Er war nie sauer darüber, wenn ich ihm mal wieder absagte. Dabei hätte ich ihn gerne gesehen. Er hat mir unfassbar gefehlt und Sie und Agnes mindestens genauso. Aber... irgendwas hat mich davon abgehalten zurückzukehren. Es gab mir ein ungutes Gefühl. Ich weiß auch bis heute nicht, weshalb ich überhaupt zugestimmt habe hierher zurückzuziehen und das Anwesen zu übernehmen. Vermutlich weil es schon so lange in Familienbesitz ist und ich die Einzige bin, die es in Ehren halten kann", sagte Tessa.
Lange Zeit hatte sie ein vollkommen falsches Bild von ihrem Onkel gehabt. Alles, was er getan hat, tat er nur zu ihrem Schutz. Doch weshalb hatte er nicht mit ihr darüber geredet? Warum hörte sie das erste Mal von Antoinette, obwohl sie ihn so oft gebeten hatte, dass er ihr etwas über ihre Eltern oder andere Mitglieder der Familie erzählen sollte? Sie konnte es einfach nicht verstehen.
Da gab es jedoch immer noch die Frage, was sich denn nun hinter dem Raum mit der roten Tür verbarg... Tessa musste es einfach wissen. Und sowohl Nathan, als auch Mr Carrywinter kannten Tessa gut genug um zu wissen, dass dieser Brief ihre Neugierde nicht befriedigt hatte und schon gar nicht dafür sorgen würde, dass sie aufhörte nach Antworten zu suchen. Allerdings waren sie nicht die Einzigen, die sich so etwas gedacht hatten...
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Die rote Tür
Misteri / ThrillerEin Herrenhaus, zwei motivierte Studenten, eine rote Tür und ein großes Geheimnis. Werden Tessa und Nathan das Geheimnis der roten Tür lüften?