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Markus hat mir damals einen Brief hinterlassen und das selbe werde ich auch tun.
*
Lilli

„Was wollte Miriam eigentlich von dir?", fragt Sophia, als wir unserer Frühstück vorbereiten. Die wilden Kerle wollen noch dazu kommen. Sie bringen Brötchen mit und noch ein wenig Aufschnitt. Sophia kocht Eier, während ich mich um den Kaffee kümmere. Emelie deckt den Tisch. „Nichts besonderes. Sie wollte nur wissen, was ich noch für Markus empfinde.", sage ich. Ich kippe den Kaffee in die Kanne und überlege, ob eine Kanne reicht. Ich stelle noch eine zweite an.
„Und was hast du ihr gesagt?", fragt Sophia. „Ich habe sie angelogen. Ich habe ihr gesagt, dass das alles zwei Jahre her ist und mir nichts mehr bedeutet. Ich kann ich nicht sagen, dass ich ihren Verlobten noch immer liebe.", erkläre ich. Bevor Sophia noch etwas hinzufügen kann, bringe ich die erste Kanne ins Wohnzimmer. Dort deckt Emelie den Tisch und tanzt dabei zu der Musik von Frei Wild.

„Lass das Lied aber nicht laufen, wenn die Gäste kommen. Was sollen die nur von uns denken?", sage ich lachend und stelle die Kanne auf den Tisch. „Du hast recht. Ich stelle sie dann lauter!", erwidert Emelie und zwinkert mir zu.
Ich lasse sie wieder alleine und gehe wieder zu Sophia, die bereits die Gurken in Scheiben schneidet. Ich stelle mich zu ihr und schneide die Tomaten. „Und was machst du morgen?", fragt Sophia. „Was schönes anziehen, lachen und dann nach Hause fahren.", erkläre ich. Sophia nickt und sagt nichts mehr dazu. Wir bringen das Gemüse ebenfalls auf den Tisch. Wir decken zu Ende und dann klingelt es auch schon.

„Guten Morgen!", begrüße ich die wilden Kerle und trete zu Seite, dass sie eintreten können. Einige Umarmen mich, die anderen laufen müde an mir vorbei. Lächelnd setze ich mich zu ihnen an den Tisch.
Als erstes greife ich nach dem Kaffee. Anschließend nehme ich mir ein Brötchen, das ich mir mit Käse und Gurken Belege. „Was wirst du morgen tragen?", fragt Blossom, die sich gerade ihr Brötchen mit Frischkäse bestreicht. „Ich weiß es nicht.", seufze ich. Alles was Ich weiß ist, dass ich definitiv nicht das schwarze Kleid anziehen werde. Grinsend sieht Bloßem zu mir. „Ich habe noch diesen blass lilafarben Tüllrock.", sagt sie, „Ich mag die Farbe an mir nicht, aber dir könnte der wirklich gut stehen!".
Ich beiße in mein Brötchen ab und nicke. „Ich kann mir den ja mal angucken.", sage ich anschließend.

Das Frühstück verläuft ruhig. Das Thema Nummer eins ist die Hochzeit. Ich halte mich aus diesem Thema raus und höre nur zu. „Wie geht es deinen Eltern?", fragt Vanessa plötzlich. „Ich weiß es nicht.", antworte ich. Ich habe eigentlich keine große Lust über meine Eltern zu reden. In den letzten Monaten habe ich überhaupt keinen Kontakt zu ihnen. Und davor war es nicht wirklich gut. Nachdem mein Vater das Internat verlassen hat, als er ausgerastet ist, haben wir unseren Kontakt nur noch auf das mindeste gehalten. Meine Mum hat ein paar Male angerufen und sich nach meinem Befinden erkundigt. Irgendwann habe ich ihre Anrufe nicht mehr entgegen genommen. Ich habe den Kontakt komplett abgebrochen, als ich umgezogen bin.
„Was ist den passiert?", fragt Vanessa. Ich seufze und stelle meine Tasse ab. „Es gab ein paar Meinungsverschiedenheiten.", umschreibe ich das ganze. Emelie lacht kurz. „Ein paar.", sagt sie sarkastisch. Verwirrt sieht Vanessa zu mir. „Ich habe keinen Kontakt zu ihnen.", erkläre ich ihr. Vanessa scheint noch verwirrter zu sein und auch die anderen haben mir ihre Aufmerksamkeit geschenkt. „Das ist kompliziert.", sage ich und hoffe, dass sie verstehen. Ich will nicht darüber reden.

Meine Eltern haben mir wehgetan, als sie mich fortgeschickt haben. Ich wollte nicht in dieses Internat und ich wollte nicht reden. Sie kamen mit mir nicht klar und das war ihrer Reaktion darauf. Nur leider hat es nicht geklappt und das war klar. Alles was sie damit erreicht haben, ist dass ich sauer auf sie bin. Ich habe auch Fehler gemacht, dagegen sage ich nichts. Aber das alles wäre nicht so weit gekommen, wenn sie mich nicht weg geschickt hätten. Grundsätzlich müssen sie damit jetzt leben, dass sie ihr einziges Kind verloren haben.
„Du hattest immer ein so gutes Verhältnis mit deinen Eltern.", sagt Vanessa. Ich überdrehe meine Augen. „Ich hatte. Es wird nicht mehr werden.", erkläre ich.
„Weil du dich dagegen wehrst. Sie sind deine Eltern.", mischt sich Blossom ein. Ich schließe meine Augen und atme tief durch. „Ich werde nicht mit ihnen reden. Ich wüsste nicht mal wie. Ich habe keine Nummern mehr.", erkläre ich und hoffe, dass das Thema damit beendet ist. „Es gibt immer einen Weg.", sagt Blossom. „Aber nicht in diesem Fall!", erwidere ich gereizt. Geschockt sieht mich Blossom mich an. „Das ist egoistisch, schitte nochmal.", sagt Vanessa. Ich schüttele meinen Kopf. „Nein ist es nicht. Sie haben mich fortgeschickt.", erwidere ich. „Aber bestimmt nicht, um mit dir den Kontakt abzubrechen.", diskutiert sie. Ich trinke den restlichen Kaffee aus und stehe auf. Ich nehme meine Tasse und meinen Teller in die Hand. „Vielleicht. Aber damit hätten sie rechnen müssen, als mein Vater mich auf dem Hof des Internates angeschrien hat.", sage ich noch, bevor ich in die Küche gehe. Ich höre, wie Vanessa mir folgt.

„Du rennst vor dem Problem weg. Schon wieder. Das machst du immer!", meint Vanessa. Ich drehe mich zu ihr um. Dabei fällt das Messer zu Boden. „Wegen mir. Aber das ist mir egal. Sie haben mich verletzt und ich habe mich dazu entschieden, mich nicht mehr verletzen zu lassen.", erkläre ich lauter. „Ach ja?", lacht Vanessa. „Und was machst du dann hier? Wir wissen alle, wie sehr es dir weh tut Markus so glücklich zu sehen!", fügt sie hinzu. Ich bücke mich nach dem Messer und stelle die Sachen auf die Theke ab. Leon kommt dazu und legt Vanessa seine Hand auf die Schulter. „Vanessa. Lass es besser.", sagt er zu ihr. Sie schüttelt seine Hand ab. „Nein.", sagt sie. Sie sieht zu mir und in ihrem Blick liegt etwas weiches. „Du tust dir mehr weh, als du glaubst, Lilli. Du solltest mit ihnen reden, zumindest ein letztes Mal.", sagt sie. Ich antworte nicht, sondern starre auf den Boden. Ich warte, bis Leon sie aus der Küche führt. Erst dann räume ich die Spülmaschine ein.

Die wilden Kerle verabschieden sich. Ich lächle ihnen gezwungenermaßen zu. Wir haben nicht mehr viel geredet. Vanessa blickt mich ein letztes Mal bittend an, bevor sie mit Leon das Apartment verlässt.
Schweigend räumen wir den Tisch und die Küche auf, ehe ich in mein Zimmer verschwinde.

Ich liege in meinem Bett, bis meine Tür geöffnet wird. „Blossom hat noch den Rock vorbeigebracht.", sagt Sophia und legt ihn auf mein Bett. Ich richte mich auf und sehe zu ihr. „Glaubst du auch, dass ich mit meinen Eltern reden sollte?", frage ich sie. Sophia setzt sich auf mein Bett und nimmt meine Hände in ihre. „Das musst du entscheiden. Vanessa hat nicht ganz unrecht, aber du bist verletzt. Wenn du dich schlecht fühlst ohne sie, dann solltest du das wohl machen. Aber wir werden dich nicht zwingen.", erklärt sie. Ich nicke. Sophia steht wieder auf. „Wir gehen spazieren. Kommst du mit?", fragt sie noch. Ich verneine. Sophia geht und als ich die Haustür ins Schloss fallen höre, stehe ich auf.

Ich durchsuche das Wohnzimmer nach einem Kulli und Block. Ich setze mich wieder auf mein Bett und lege den Block vor mich.
Markus hat mir damals einen Brief hinterlassen und das selbe werde ich auch tun. Unschlüssig kaue ich auf dem Stift. Es dauert einen Moment, bis ich anfange. Ich denke nicht darüber nach, was ich schreibe. Das erste woran ich denke, bringe ich auf das Papier. Als ich fertig bin, falte ich den Zettel und stecke ihn in einen Umschlag. Den Umschlag lege ich auf den Nachttisch, dann verlasse ich mein Zimmer.

*
Weiterer Fakt, der mir bisher nichts gebracht hat: Weisheitszähne sind auch rudimentäre Organe. Da Menschen früher nicht besonders alt geworden sind und die Mundpflege auch nicht vorhanden war, haben die Weisheitszähne die restlichen Zähne „ersetzt", damit die Menschen weiterhin Essen zerkauen konnten.
Weisheitszähne heißen Weisheitszähne, weil die Menschen die Weisheitszähne hatten als weise galten:)

If love could feelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt