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Ich bin nicht bereit auf Leon, Maxi, Vanessa und alle anderen zu treffen. Und vor allem kann ich Markus nicht treffen.
*
Lilli

Mein eigentlicher Plan war es, bis mindestens elf Uhr zu schlafen, dann etwas zu essen und dann vor dem Fernseher weiter zu schlafen. Stattdessen laufe ich neben Sophia her und sehe mir altes Zeug an. Hier und da schreien Menschen , was sie anbieten und ich wundere mich allmählich, dass noch keiner Sex angeboten hat. Man hört und sieht alles. Der eine Schreit Waffeln, am nächsten Stand sieht man Lego, während der Stand daneben Teller und Tassen zu einem unverschämten Preis verhökert.
Außerdem hätte ich schwören können an einem Stand einen Vibrator gesehen zu haben.

Sophia und ich laufen seit knapp zwei Stunden über den Flohmarkt. Gekauft haben wir nichts. Aber wie Sophia so schön gesagt hat, „Wir müssen nichts kaufen. Es ist auch so schön!". Zehn Minuten später hat es angefangen zu regnen. Mein Grinsen hat sie mit einem Augenrollen quittiert.
Sophia steht an einem Stand und schaut sich Klamotten an. Ich setze mich in der Zeit auf eine Bank und beobachte die Menschen um mich herum.
„Ist dieser Pullover nicht absolut hinreißend?", fragt mich Sophie und halt mir einen weißen Pullover mit einem Nike Logo vor die Nase. Ich nicke und lächele ihr zu. „Der hat nur fünf Euro gekostet. Die haben noch mehr. Du solltest dir diesen Stand angucken!", sagt Sophia eine Spur zu aufgeregt. Die Menschen, die an uns vorbei laufen, werden uns abschätzige Blicke zu und ich widerstehe den Drang ihnen meinen Mittelfinger zu präsentieren.

Sophia greift nach meiner Hand und zieht mich hoch. „Schau doch, dieses Shirt würde so gut an dir aussehen. Oder diese Shorts!", wild zeigt Sophia auf irgendwelche Kleidungsstücke, die ich mich nicht weiter ansehe. Ich schaue zu ihr und bitte sie mit meinem Blick weiter zu gehen. Aber Sophia ist viel zu sehr auf den Stand konzentriert. Die Verkäuferin schaut mich bereits lächelnd an. Noch ein paar Sekunden und ich kann diesen Stand nicht verlassen, ohne was zu kaufen.
Seufzend gebe ich mich geschlagen und bezahle für irgendein Shirt, was ich gar nicht will.

Sophia läuft grinsend weiter. „Ich glaube das Schwarze hätte auch gut an dir ausgesehen.", sagt sie und blickt sich bereits wieder nach dem nächsten Stand um. Ich laufe ihr einfach nach.
Sie und ich laufen nichts weiteres. Wir schauen uns einen Stand nach dem anderen an.
Mein persönliches Highlight ist der Hund, der mich schon von weitem angewedelt hat. Ich saß bestimmt fünf Minuten bei ihm und habe ihn gestreichelt, Sophia hat mich schließlich weitergezogen.

Zuhause angekommen ist Emelie bereits dabei sich umzuziehen und fertig zu machen. „Habt ihr mal auf die Uhr geschaut? Wir müssen in drei Stunden los!", ruft sie aus ihrem Zimmer. Ich zucke lediglich mit den Schultern, auch wenn sie es nicht sehen kann und gehe in mein Zimmer.
Sophia dackelt mir nach und wirft sich auf mein Bett. „Uhh, du solltest dieses schwarze Kleid anziehen. Das was du nie anziehst!", schlägt Sophia vor. Ich schüttel nur meinen Kopf. Ich weiß nicht mal warum ich das habe.
Sophia überlegt weiter. „Emelie?", ruft sie.
Man hört Schritte, die auf mein Zimmer zukommen. „Hä?", gibt Emelie von sich und sieht zu Sophia. „Was ist das eigentlich für eine Party?", fragt Sophia sie. Emelie zuckt grinsend mit den Schultern. „Irgendeine Mannschaft wird für irgendeinen Sieg gefeiert.", sagt Emelie und grinst weiter. „Wenn es um Klamotten geht. Auf jeden Fall elegant und sexy. Wir müssen auffallen!", grinsend verlässt sie mein Zimmer. Ich schaue zu Sophia, die mich verschwörerisch angrinst. Ich schlucke.

Zwei Stunden, eine heiße Dusche und eine stumme Diskussion später, stehe ich mit glatten Haaren und einem langen Jumpsuit, der mehr Ausschnitt preisgibt, als ich vorweisen kann, vor Sophia und Emelie. Sophia betrachtet stolz ihr Werk, während Emelie mit offenem Mund mich begutachtet. „Wow! Genau das hab ich mir vorgestellt! Du siehst verdammt scharf aus", gibt Emelie von sich und grinst bis über beide Ohren. Wenn ich könnte, würde ich ihr das Kompliment zurückgeben, aber ich tue es nicht. Emelie hat ihre kurzen blauen Haare gelockt. Ihr Make- Up ist auffällig und dieser rote Lippenstift steht ihr unfassbar gut. Ein rotes Minikleid, des sich eng um ihren Körper schmiegt. Emelie hat den Traumkörper. Einen flachen Bauch, genug Kurven und verdammt, wie kann jemand so perfekte Brüste haben?
„Aber..", sagt Emelie kritisch und schaut auf meine Schuhe, „die Schuhe gehen gar nicht."
Ich grinse, als ich auf meine Sneaker schaue. „Vergiss es. Sie wird keine anderen anziehen.", antwortet Sophia für mich.

Grinsend sitze ich auf dem Rücksitz, während Emelie und Sophia Last friday night von Katy Perry lautstark mitsingen. Draußen wird es allmählich dunkel und wir hören bereit die Musik, die von draußen kommt. Sophia parkt hinter anderen Autos und lächelt mir zu. „Wir sind da. Habt Spaß, aber bitte stellt nichts an.", sagt sie, als wir aussteigen. „Und ruft an, wenn ihr abgeholt werden musst.", ruft sie uns noch nach. Aber Emelie zieht mich schon in das Gebäude rein.
Wir befinden uns in einer kleinen Lobby, in der einige Leute Sekt trinken. Ungläubig sehe ich zu Emelie. „Keine Sorge. Die Party ist oben.", sagt Emelie grinsend und zieht mich weiter in einen Fahrstuhl. „Das hier ist eigentlich ein Hotel mit einer riesigen Dachterrasse. Die, die diese Party hier geben, haben die Terrasse gemietet. Ich habe Fotos gesehen, das ist der Wahnsinn!", erklärt Emelie und drückt auf den Knopf. Der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung.

Ruckelnd bleibt der Fahrstuhl stehen. Die Türen offnen sich und die Musik dringt dröhnend zu uns durch. Grinsend zieht mich Sophia mit sich. „Komm, wir müssen Theo suchen. Er hat uns eingeladen.", ruft sie über die Musik hinweg.
Sie zieht mich zwischen den Leuten hindurch zur provisorischen Bar. Sie grinst den Barkeeper zu und bestellt Gin Tonic. Sie hält mir ein Glas hin und nimmt meine Hand und legt sie ums Glas, als ich es nicht nehme. „Heute vergessen wir unsere ganzen Probleme und haben einfach Spaß.", grinst sie.
„Hey Theo!", schreit sie und winkt. Ich drehe mich um und ein braunhaariger, groß-gewachsener Mann kommt auf uns zu. „Schön, dass ihr gekommen seid.", begrüßt er uns.
Sophia und Theo unterhalten sich weiter. Ich sehe mich währenddessen um.

Überall hängen Lampions. Die ganze Terrasse wird beleuchtet. Es riecht nach Tabakrauch und Alkohol, auch wenn wir an der frischen Luft sind. Die Stimmung ist noch locker und entspannt. Die Leute begrüßen sich gegenseitig und umarmen sich. Sie stehen auf der ganzen Terrasse verteilt und lachen.
„Lilli?", eine mir bekannte Stimme ruft über die Musik hinweg. Ich drehe mich und und sehe Juli. Verwirrt sieht er mich an. Aber er lächelt, als er auf mich zugeht. Automatisch drehe ich mich um und gehe. Ich verschwinde in der Menschenmasse und spüre, wie ich in ihr unter gehe. Wenn Juli hier ist, können die anderen nicht weit sein. Und ich bin nicht bereit dafür. Ich bin nicht bereit auf Leon, Maxi, Vanessa und alle anderen zu treffen. Und vor allem kann ich Markus nicht treffen.

Ich bekämpfe die Tränen, die aufsteigen wollen und die Erinnerungen, die aus der hintersten Ecke meines Hirns herauf gekrochen kommen. Ich werde nicht weinen. Nicht wegen ihm, oder irgendwelchen Erinnerungen. Ich kippe den Gin Tonic herunter und unterdrücke den Würgereiz. Ich hasse Alkohol.
Ich schüttele meinen Kopf, in der Hoffnung, das der widerliche Geschmack verschwindet. Tut es natürlich nicht.
Ich komme am Geländer an und stutze mich ab. Ich stehe ein wenig abseits und die Luft hier scheint frischer zu sein.

Unerwartet lache ich über mich selbst. Es ist zwei Jahre her. Es sollte mir nichts ausmachen. Ich sollte nicht panisch regieren und fürchten, dass ich ihn treffe. Aber eigentlich dachte ich, dass ich ihn nie wieder sehen werde, nachdem ich Grünwald verlassen habe. Ich bin nicht darauf gefasst, auf Juli zu treffen. Er hängt mit meiner Vergangenheit mit drin. Und auch wenn er nicht der wesentliche Grund für mein schweigen ist, ist er doch ein Teil davon.

Ich seufze und richte mich auf. Heute werde ich all meine Probleme vergessen und Spaß haben, und wenn es bedeutet, dass ich mich betrinken werde.
*
Bei meiner ersten Fahrt mit Führerschein, habe ich fast einen Pfosten mitgenommen🤠

If love could feelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt