~1~

463 26 48
                                    

-Ten's Sicht-

Mit kleinen müden Schritten ging ich den langen Schulflur entlang und versuchte beinahe verzweifelt nirgends hineinzurennen.
Genau heute war ich der letzte Schüler in der Klasse gewesen, der seine Sachen eingepackt hatte und wurde deswegen von meinem Lehrer eingeteilt, die, für die gerade vergangene Stunde, verwendeten Bücher zurück in das Lehrerkammerl zu bringen. Zu meinem Pech waren alle meine Mitschüler schon verschwunden und auch der Lehrer hatte sich schnell aus dem Staub gemacht, weshalb ich beschloss, alle Bücher auf einmal zu tragen. Zwei Mal wollte ich nicht gehen.

Jetzt aber wäre es mir lieber, ich hätte weniger Bücher genommen. Meine Hände zitterten unter dem Gewicht der schweren Bücher und sehen tat ich auch kaum etwas, da der Bücherstapel so hoch war und ich Angst hatte, das Gleichgewicht zu verlieren, wenn ich mich zu weit auf die Seite lehnte, um an den Büchern vorbeizuschauen.
Noch dazu schmerzten meine Schultern und mein Rücken, da mich mein bis obenhin gefüllter Rucksack nach hinten zog.
Verdammt wieso war der gerade heute so schwer?

Meine Brille rutschte langsam etwas von meiner Nase und meine Haare fielen mehr und mehr in mein Gesicht, was mir meine Sicht ebenso erschwerte.
Wenn ich jetzt nicht bald ankam, würde ich bestimmt unter dem Gewicht zusammenbrechen, denn eine Pause machen konnte ich auch nicht. Erstens war weit und breit keine Gelegenheit, um die Bücher für einen Moment abzulegen und zweitens würde ich es dann nicht noch einmal schaffen, sie weiterzutragen, wenn ich jetzt aufhörte.

"Hey, brauchst du Hilfe?", auf einmal wurde das Gewicht auf meinen Händen um einiges leichter, als mir ein paar Bücher abgenommem wurden und ich erblickte die Umrisse einer Person vor mir. Meine Brille war zu weit hinuntergerutscht, sodass ich nicht erkennen konnte, wer genau vor mir stand.
"Das wäre sehr nett, danke.", atmete ich erleichtert aus und blieb kurz stehen.
"Warte, ich richte dir deine Brille.", lachte mein Gegenüber leicht und kurz darauf sah ich ihn dann auch wieder klar vor mir.
"D-dankeschön...", stotterte ich kurz, als ich erkannte wer da vor mir stand. Niemand geringeres als Johnny. Der Johnny, der mir schon lange aufgefallen war. Der Johnny, der mein Herz schneller schlagen ließ, wenn ich auch nur an ihn dachte.
"Oh ich habe mich gar nicht vorgestellt, ich bin Johnny.", lächelte er und strich mir ebenso die Haare etwas aus dem Gesicht, was mich erröten ließ.

Mit großen Augen sah ich zu ihm auf. Und wie ich wusste wer er war, nicht umsonst hatte ich schon seit Ewigkeiten einen Crush auf ihn. Verdammt, wieso musste genau er mich jetzt erwischen? Ich sah bestimmt total fertig aus.

"I-ich weiß...", lachte ich nervös und wich seinem Blick aus.
"Okay...", auch er lachte: "Na dann verrat mir doch deinen Namen."
Verwundert sah ich wieder zu ihm. Er wollte wirklich meinen Namen wissen?
"I-ich bin Ten.", murmelte ich und er lächelte wieder so umwerfend wie immer.
"Also Ten, wo soll das hin?", mit seinem Kopf deutete er auf die Bücher auf meinen und seinen Händen.
"Oh, da war ja was. Ähm komm einfach mit."

Mit viel wenigerem Kraftaufwand setzte ich meinen Weg fort und Johnny trottete gelassen neben mir her.
Erst jetzt fiel mir auf, dass er Sportgewand anhatte und in einer Hand seine Sporttasche trug. Wahrscheinlich hatte auch er jetzt Schulschluss und würde gleich nach Hause gehen, weshalb er sich nicht hier wieder umgezogen hatte.
Aber wie verdammt stark war er eigentlich? Er trug die Bücher einfach nur mit einer Hand und sah dabei nicht einmal angestrengt aus.

Bei dem Kammerl angekommen, öffnete Johnny gentlemanlike die Tür und hielt sie mir lächelnd auf, woraufhin ich mich, wieder mit leicht roten Wangen, bedankte. Schnell huschte ich in den kleinen Raum und steuerte auf das hohe Regal zu, wo ich einen freien Platz für die Bücher fand. Leise ächzend hievte ich den nun nicht mehr so großen Stapel auf das freie Regalbrett hinauf, wobei das ganze Gestell zu wackeln begann.

"Ten, pass auf!", ertönte es plötzlich von der Tür und erschrocken sah ich zu Johnny, der aber schon auf dem Weg zu mir war. Die Sporttasche, wie auch die Bücher, ließ er einfach auf den Boden fallen und schneller als ich schauen konnte, kam er vor mir zum Stehen, zog mich mit einer Hand an sich und die andere Hand schoss in die Höhe, wo er anscheiend etwas vom Herunterfallen aufhielt.
"Puh, das war knapp.", flüsterte er und schob den aufgefangenen Gegenstand wieder zurück ins Regal. Dabei musste er ebenfalls näher hin gehen, um ihn wirklich sicher nach ganz hinten an die Wand schieben zu können, wobei auch ich etwas nach hinten an das Regal gedrängt wurde.

Schwer schluckend und mit vermutlich hochroten Wangen sah ich zu meinem Retter auf, der mir sehr nah war und ebenso leicht verlegen zu mir herab sah.
"D-danke ...", hauchte ich und vorsichtig richtete er meine Brille wieder einmal, die erneut ein Stückchen herunter gerutscht war.
Bevor er etwas erwiedern konnte, hörten wir das Zufallen der Tür und sofort schossen unsere Blicke zu dieser.
Wir beide wussten genau, dass Lehrerkammerl nur von außen ohne Schlüssel geöffnet werden konnten.
Wir waren also eingeschlossen. Fuck.

one night in school || johntenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt