Kapitel 2 - Eine Prise Selbstbewusstsein

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Die wie sich herausstellte junge Mutter wird von zwei Polizisten fürsorglich zur Kutsche begleitet, als auch schon ein anderer Herr auf mich zukommt und respektvoll seine Mütze abnimmt.

„Miss, wenn es möglich wäre, müssten sie bitte noch mit ins Revier kommen... Zeugenaussage, wenn sie verstehen."

Seine freundliche Geste wirkt so beruhigend auf mich, dass der Schock allmählich nachlässt und meine Gedanken sich wieder sammeln können.

„Natürlich..."

Ich schaue zu meiner besorgten Mutter, die immer noch nicht die Welt versteht, aber dennoch zustimmend nickt.

Während der Fahrt unterhalten sich die Männer mit mir, versuchen mich abzulenken und aufzuheitern. Doch trotz aller Bemühungen verspüre ich immer noch einen Hauch von Angst. Sein Blick war einfach zu definiert, um einfach darüber hinwegzusehen und den Hass, den ich verspürt habe, sitzt immer noch tief in meinen Knochen.

"Grace also? Ein schöner Name! Kam die Auswahl von ihrer Mutter oder ihrem Vater?"

"Danke, von meinem Vater."

Grübelnd hält der eine Polizist seine Hand an seinem Kinn und lächelt.

"Lateinisch das Wort gratia also? Dankbarkeit, Beliebtheit und Liebenswürdigkeit."

Er lacht herzlich, während er seinen Kopf spielerisch auf seiner Hand anlehnt. Ich bin sofort hin und weg gerissen von seinem erstaunlichen Wissen und beuge mich weiter zu ihm vor, um ihn aufgrund der klappernden Hufgeräusche besser verstehen zu können.

"Der Name passt ja wie die Faust aufs Auge! Sagen sie, haben sie einen Freund?"

Nun drehen sich auch die anderen Männer um, als plötzlich sein Kollege sich umdreht und ihm belustigt eine rüber zieht.

"Geht's noch? Die junge Frau hat gerade zugeschaut, wie jemand fast erwürgt wurde und du machst dich hier an sie ran?!"

Nun muss auch ich aus vollem Leibe lachen und Tränen der Erleichterung fließen mir die Wangen herunter. Froh, dass sie mich wenigstens für diesen Moment aufheitern konnten, lächeln sie mit mir. Nachdem unsere kleine Lacheinlage beendet ist und alle wieder runterkommen, wische ich mir mit meinem Zeigefinger die letzte kleine Träne weg und erwidere:

"Nein, nein habe ich nicht. Vielen Dank, dass sie sich alle so bemüht haben, mich aufzuheitern. Das ist wirklich eine positive Abwechslung für diesen merkwürdigen Tag..."

Kurze Zeit später sitze ich auch schon im Verhör der Polizeistation unserer Stadt. Neugierig drehe und wende ich mich auf meinem Stuhl, um den Raum zu begutachten, welcher für meinen Geschmack unangenehm dunkel gehalten ist. Nur einige mit Vorhängen zugezogene Fenster lassen die sachten Sonnenstrahlen herein und selbst die Wände sind mit einem äußerst düsteren Braun versehen. 

"Grace Chebbert, ja? Geboren am 4.1.1852 in Warlingham."

"Ja."

Antworte ich dem jungen Polizeibeamten konzentriert. Er macht sich einige Notizen auf einem wichtig aussehenden Dokument und ich vermute, dass er die Vorarbeit für seine Kollegen erarbeitet. Er stellt mir einige simple Fragen, wie meinen momentanen Wohnort und ob ich derzeit verheiratet bin. Es vergehen einige Minuten, als sich auch schon die Tür neben uns öffnet und zwei weitere mit Uniform bekleidete Männer den Raum betreten. Sie nehmen ihre Hüte ab und setzen sich mit ernsten Blicken zu uns an den Tisch. 

"Guten Tag, mein Name ist Kommissar Morris und das ist mein Kollege Herr Jones. Sagen sie, warum waren sie in dem Gebäude? Sind sie Schülerin an dieser Schule?"

"Nein."

Verneinend schüttle ich sachte mit dem Kopf.

"Ich war mit meiner Mutter wegen einem Gespräch mit dem Direktor dort. Ich wollte mich für den nächsten Monat in der Schule einschreiben, um mein Abschlussjahr dort zu machen."

Great Misfortune - Lebe deinen TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt