Neuer Tag, neues Leben

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Cara hat die Nacht schlecht geschlafen und bekommt am Morgen gleich schlechte Nachrichten aus dem Hospiz.
Ihre jüngere Schwester ist in der Nacht friedlich für immer eingeschlafen.
Marion bietet ihr noch an dem Dienststellenleiter Lars Bescheid zu sagen und ihr einen freien Tag zu verschaffen, aber Cara möchte zum Dienst und erst abends in den Raum der Stille im Hospiz um sich zu verabschieden.

In der Wache schaut Cara auf den Dienstplan und stellt mit Schrecken fest, sie hat das NEF und Oliver als Notarzt an der Backe, während Marion mit Franco und dem Praktikanten Torben im RTW zugeteilt sind.
'Schlimmer kann es kaum kommen' denkt Cara noch und wird vom Alarm aus den Gedanken gerissen.
Zum Glück ist sie vor Oliver am NEF, stellt sich alles auf ihre Größe ein und zieht in dem Moment in dem Oliver einsteigt die Sonnenbrille an.
"Moin, was liegt wo an?" Fragt er und Cara drückt ihm nur den Einsatzzettel in die Hand und schießt ohne große Worte aus der Halle raus.
"Oh shit, du fährst ja schlimmer wie Franco" kommt es vom Beifahrersitz und Cara antwortet "beruhig dich, ich hab Fahrsicherheitstraining gemacht und war die Beste."
'Na super, Autobahn, Verkehrsunfall mit P klemmt, Feuerwehr rollt auch' denkt Oliver und staunt nicht schlecht als der Tacho knapp an 200 km/h kratzt.
"Öh, das hat Franco noch nie geschafft mit 200 über die Bahn" rutscht es Oliver raus.

Am Unfallort stellt er fest, der eine PKW brennt, aber niemand drin, der Motor des anderen PKW raucht auch schon und Cara greift beim Aussteigen gleich nach feuerfesten Handschuhen und Feuerlöscher.
Franco kommt auch mit dem Feuerlöscher gelaufen und beide starten den Schnellangriff.
Oliver schnappt sich den Rucksack während Marion und Omar das EKG und den Rest mitbringen.
Torben kommt langsam hinterher und bleibt etwas auf Distanz.
Nach dem Schnellangriff orientiert sich Cara um zu sehen wo die Insassen aus dem ersten Fahrzeug sind und stellt fest, die rennen planlos auf der Autobahn rum.
Ein Blick zu Franco und sie fängt das junge Paar ein.
Franco kümmert sich um Torben, damit der auch mit anpackt.
Oliver kümmert sich mit Marion und Omar um den Mann im zweiten Fahrzeug, die Feuerwehr löscht das erste Fahrzeug und schafft mit Hilfe der Hydraulikschere den Zugang zum Patienten.
Cara konnte zwischenzeitlich das junge Paar an die Polizei überleiten und kommt genau in dem Moment bei den anderen an als Torben sich umdreht, sich sein Frühstück nochmal durch den Kopf gehen lässt und leicht wankend ein paar Schritte zur Seite macht.
Cara kümmert sich direkt um ihn, verfrachtet ihn ins NEF und rät ihm erstmal dort sitzen zu bleiben.
Marion fragt kurz danach "wo ist unser Küken Torben hin?"
Cara antwortet "der hat sich eben nochmal sein Frühstück durch den Kopf gehen lassen und gerade hatte er nochmal Bröckelhusten, ich hab ihn am NEF geparkt damit er nicht noch als Klappmesser endet."
Marion grinst und sagt nur "sei gnädig, wir haben alle so begonnen."
Franco und Omar haben Caras kryptischen Spruch verstanden, nur Oliver schaut verwirrt und versteht zunächst nicht.
Der Patient wird in den RTW verfrachtet und Cara erklärt, dass sie Torben an der Wache ablädt, damit der sich ausruhen kann und dann Oliver am KAS abholt.

Nach dem Feierabend fährt Cara ohne Marion los und Oliver spricht sie darauf an "Cara fährt ohne dich?"
Franco kommt hinzu und fragt "was hat sie eigentlich gestern am Klosterhospiz gemacht?"
Marion schaut beide am und erklärt "Cara hat eine jüngere Schwester, sie ist im Hospiz und letzte Nacht verstorben. Cara hat jetzt die Möglichkeit im Raum der Stille Abschied zu nehmen."
Oliver schaut fassungslos und fragt "warum hat sie nichts gesagt? Ist sie da jetzt allein hin?"
Franco ist genauso betroffen, alle drei beschließen zum Klosterhospiz zu fahren und Cara nicht allein zu lassen.

Als Cara später still und blass aus dem Klosterhospiz kommt und sich von der Ordensschwester verabschiedet, steht sie ihren drei Kollegen gegenüber.
Marion nimmt ihr einfach die Autoschlüssel ab und befördert sie zu Olivers Auto.
Der hat während der Fahrt geäußert, dass er Cara toll findet und er sie gern um sich hat.
Marion und Franco haben kurze Blicke getauscht und waren still einig, hier müssen sie wohl helfen.
Marion beschließt mit ihren Kollegen in die WG zu fahren und dort zu reden.
Sie hat den beiden Männern nur gesagt, dass Cara und ihre Schwester kein leichtes Leben hatten.
"Wieso seid ihr hier?" Fragt Cara leise, Marion nimmt sie in den Arm und sagt "Damit du das hier nicht allein durchstehen musst."
Franco nimmt sie in den Arm und flüstert "mein Beileid."
Oliver zieht sie vorsichtig an sich und sagt leise "tut mir leid. Du hättest auch heute zu Hause bleiben können."
Cara schaut alle drei an und sagt leise "arbeiten lenkt mich vom Nachdenken ab."
Oliver packt die zierliche Person auf den Beifahrersitz und Franco steigt bei Marion mit ein, Marion ruft "ab zur WG, ich hab noch Bier und Wein da."

In der WG hockt Cara im Sessel und hat ihre Beine halb unter sich gezogen.
Oliver sitzt im zweiten Sessel daneben und Franco hat sich auf dem Zweiersofa bequem hingepflanzt, Marion hat sich den Sitzhocker geschnappt und sitzt im Schneidersitz darauf.
Oliver fällt das erste Mal auf, dass Cara zwei Ketten trägt.
An einer trägt sie einen Engelsrufer der sich an zwei Stellen öffnen lässt.
Die erste Öffnung zeigt Bilder ihrer Eltern und ihrer Schwester, die zweite Öffnung enthält eine Klangkugel.
Die zweite Kette hat ein dreieckiges Triskel als Anhänger.
Er spricht sie auf beides an und Cara wird noch bleicher.
Marion schaut sie an und fragt "soll ich anfangen mit Erzählung?"
Cara schaut sie an und schüttelt den Kopf.
"Lass nur, ich pack das schon" und dann scheint sie einen Moment zu brauchen ehe sie langsam anfängt zu reden.
"Ich war 12 Jahre alt, meine Schwester war sieben, da starben unsere Eltern bei einem Autounfall auf dem Heimweg. Das Jugendamt hat lange nach Verwandten gesucht, ohne Erfolg, zwei Jahre später wurden Luna und ich in eine Pflegefamilie gesteckt........" Cara stockt nimmt ihr Weinglas in die Hand und scheint sich daran festzuhalten.
Dann erzählt sie etwas leiser weiter "Martin der Pflegevater war ständig in der Kneipen, ständig besoffen und hat sich mehrfach an den jüngeren Kindern vergriffen. Auch bei Luna hat er es probiert, da war sie zehn und ich hab mich dazwischen gestellt. Irgendwann hat Martin angefangen auf alles und jeden einzuschlagen, dabei ist Luna rückwärts die Treppe runter gestürzt und mit dem Kopf auf dem Marmor aufgeschlagen......." Cara schluckt, schaut einige Sekunden in ihr Glas und erzählt langsam weiter "Ich hab es irgendwann geschafft mit meinem Handy zu den Nachbarn zu laufen und hab die Polizei gerufen. Luna ist nach dem Sturz nochmal aufgewacht, aber vor einem Jahr ist ein Anoyrisma in ihrem Kopf geplatzt, sie wurde ins Koma gelegt und letzte Nacht....."
Weiter kommt Cara nicht mehr, sie schaut still in ihr Weinglas und wirkt plötzlich sehr zerbrechlich, Oliver denkt gerade darüber nach ob er sie in seine Arme nehmen kann und würde sie vermutlich nicht mehr los lassen.
Aber er nimmt nur ihre Hand vorsichtig in seine, Franco reicht ihr ein Paket Taschentücher und Marion legt ihr vorsichtig einen Arm um die Schultern.
Nachdem Cara sich wieder im Griff hat erzählt sie noch leise "dadurch, dass ich mich im letzten Jahr, neben dem Job, nur um Luna gekümmert habe ist mir aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis nur noch Marion geblieben und dafür bin ich echt froh. Die zwei Kettenanhänger haben Bedeutung für mich. Der Engelsrufer enthält Fotos von meinen Eltern und Luna, das Triskel ist ein Schutzsymbol."
Oliver fragt vorsichtig nach "hat dieser Martin dich mal angefasst?"
Cara schaut ein paar Sekunden in ihr Glas, dann flüstert sie sehr leise "er hat jedes Mädchen angefasst und nicht nur einmal."
Oliver und Franco sehen betroffen zu ihr hin und dann murmelt Oliver leise "ich würde den gern erwürgen."
Cara sieht ihm in die Augen und sagt leise "lohnt nicht, der saß hinter schwedischen Gardinen und freute sich bei jedem Gruppenduschen über bevorzugte Behandlung."

Etwas später wandert Cara in Richtung ihres Zimmers und geht schlafen.

Liebe auf Umwegen *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt