Im Haus wartete Maya bereits, das kleine Mädchen trug ein schwarzes Jackett und einen schwarzen Rock. Es war die typische Kleidung, die sie bereits an Conny und an Norman gesehen hatte. Es brach Emma das Herz.
Isabella hielt Maya an der Hand und forderte sie auf, sich von ihren Freunden zu verabschieden.
"Ich werde immer an euch denken, und ich hoffe, dass ihr auch schnell Eltern finden werdet", sprach die Kleine fröhlich, dann drehte sie sich der Tür zu.
"Emma, bleib bitte hier im Haus", meinte Isabella. Schließlich verließen die beiden in der dunklen Nacht das Haus und begaben sich zu dem Tunnel.Etwas traurig starrte Emma zu Boden. Sie kannte Maya eigentlich überhaupt nicht, und doch war sie trauriger denn je.
"Und? Bist du einer von den Guten oder einer von den Bösen?"
Es war Riko, der lässig an der Wand lehnte. Sämtliche Kinder hatten sich auf ihre Zimmer verzogen, bis auf das Trio. Auch Paul und Carol näherten sich ihr und musterten sie skeptisch.
"Natürlich bin ich gut", antwortete Emma nach einigem Zögern.
"Ich glaube, sie hat das nicht ganz verstanden", zischte Paul dem Silberhaarigen zu.
Riko verdrehte sichtbar die Augen und stieß sich von der Wand ab.
"Nein, ich glaube eher, dass sie uns was verschweigen will."
Nun mischte sich auch Carol ein.
"Maya wandert jetzt gerade in den Tod, ist es nicht so?", fragte das Mädchen vorsichtig, dennoch ernst. Emma wich erschrocken zurück. Es war, als würde sie in einen Spiegel sehen, und Norman und Ray gleich dazu. Ihr stiegen Tränen auf, die sie nicht unterdrücken konnte.
"Jetzt flennt sie", grummelte Riko sichtlich genervt und wollte sich abwenden.
"Du bist ein Vollhonk", murmelte Carol an den Jungen gewandt.
Emma schüttelte ihren Kopf, um ihre Gedanken loszuwerden. Es war offensichtlich, dass diese drei Kinder, die drei ältesten hier das Geheimnis hinter dem Waisenhaus herausfanden. Nun lag es an ihr allein, ob sie diesen Kindern half und ihr eigenes Leben auf's Spiel setzte, oder sich selber schützte. Für sie gab es nur eine richtige Wahl.
Vorsichtig blickte sie sich um, mit Schock erkannte sie bereits das Flimmern der Laterne, die Isabella bei sich trug. Ihr verblieb nicht mehr viel Zeit.
"Morgen, auf der Lichtung. Da reden wir weiter", zischte Emma den Kindern zu. Carol sah zwischen Riko und Paul hin und her, sie schienen damit einverstanden zu sein."Ich wusste, dass du dich zuerst mit den dreien anfreunden wirst."
Isabella schmunzelte hinter Emma und beobachtete, wie das Trio unbeholfen die Treppen hinauf rannte. Erschrocken wirbelte Emma herum.
"Sie erinnern dich auch an früher, nicht wahr?"
Bedrückt nickte Emma. Wenn sie mit den dreien redete, fühlte sie sich so, als würde sie mit Ray und Norman reden. Isabella lief an ihr vorbei und deutete mit einem Kopfnicken, ihr zu folgen.
"Wir müssen jetzt Bericht erstatten", erklärte die Brünette, bevor sie die Tür zu ihrem Büro öffnete. Die Einrichtung hatte sich nach dem Wiederaufbau ein wenig verändert, vor allem die geheime Tür schien um einiges sicherer zu sein. Isabella schritt zu der Tür, mit einem großen, schweren Schlüssel öffnete sie diese. Ein großer Tisch stand am Rande des Zimmers, ein kleines Funkgerät in Form eines Radios ruhte darauf. Die Frau stellte einen zweiten Stuhl vor den Tisch, sodass sich Emma auch setzen konnte.
"Jetzt sieh genau hin", meinte Isabella und schaltete das Gerät ein. Ein Rauschen erklang, es dröhnte laut in Emmas Ohren. Als es allmählich verschwand, begann Isabella zu reden.
"Hier 73584, Plantage 3. Die Auslieferung war erfolgreich, 63194 ist auch erfolgreich angekommen."
"Ist Emma hier?"
Das war eindeutig Sanyas Stimme, die ganz leise durch das Funkgerät erklang. Ihr ging es also auch gut!
"Hier bin ich!", antwortete Emma fröhlich.
Nun war Annis Gelächter deutlich zu hören.
Sie war heilfroh, dass ihre Freundinnen wohlauf waren.Isabella schaltete das Gerät ab und sah Emma liebevoll an.
"Ich bin so froh, dass du deine kindliche Seite niemals verloren hast", meinte sie und strich ihr durch die orangefarbenen Locken.
"Ich bin mir sicher, du wirst später den Kindern ein glückliches Leben geben."
Da war auch Emma sich sicher, nur meinten sie beide unterschiedliche Dinge. Sie hatte vor, sich mit den drei Ältesten Kindern zusammenzuschließen und ihnen bei der Flucht zu helfen, so viel stand fest. Ihr einziges Problem war nur, dass sie ihr eigenes Leben auf's Spiel setzte.
Das war ihr allerdings egal. Wäre sie mit Ray und den anderen geflohen, hätte sie nun keine Chance, noch einmal so viele Kinder zu retten.•••
Schon seit Stunden wälzte Emma sich im Bett. Sie hatte -genau wie Schwester Krone damals- ein eigenes Zimmer bekommen, hier hatte sie Ruhe vor allem und jedem.
Nur brachte diese Ruhe nichts, wenn sie nicht einschlafen konnte. Zu viele Gedanken in ihren Kopf, zu viele Bilder, die sie nicht mehr vertreiben konnte. Sie dachte an Conny, an den Tag, an dem sie das Geheimnis herausfand, sie dachte an Schwester Krone, wie sie sich gefühlt haben muss, an Großmutter Sarah, und auch an die kleine Maya.Emma beschloss, für eine kurze Zeit frische Luft zu schnappen. Das Gelände war stockdunkel, kein Anzeichen von Leben. Sie setzte sich zu den großen Baum, der mitten auf dem freien Feld stand.
Hier hatte sie die schönsten Erinnerungen gesammelt. Sie ließ diese Revue passieren, und irgendwann fiel sie in einen tiefen Schlaf.•••
Ein kleiner Bildschirm flackerte in der Dunkelheit, ein leises Rauschen erfüllte den Raum.
Die Stimme, die über 'keine besonderen Vorkommnisse' berichtete, war schon lange verstummt.
"Du sitzt immer noch davor?"
Ein junger Mann betrat das Zimmer und stellte eine kleine Flasche Wasser auf den Boden.
Er bekam keine Antwort.
"Ist der Plan bereit?", fragte der Mann wieder.
Diesmal bekam er ein leises Gemurmel als Antwort.
"Wir müssen den so schnell wie möglich durchziehen", grummelte der Mann vor dem Bildschirm.
"Und wir dürfen kein Erbarmen zeigen. Zeigen wir dieser elendigen Welt, dass wir nicht hilflos sind."
"Na wenn das so ist", schmunzelte der erste Mann, "dann werde ich Mal allen Bescheid sagen."
Er verließ den Raum und ließ seinen Freund im Dunkeln zurück. Er begann, diabolisch zu grinsen.
"Das wird euer Niedergang sein, ihr Monster."
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Can you kill a Secret? | The Promised Neverland Fanfic
FanficEmma setzte alles daran, mit jedem zu fliehen. Doch was ist, wenn gerade sie es nicht schafft?