• kapitel 15 •

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"Oh mein Gott!"
Nat hatte ein Piano entdeckt. Er strich einmal über die schwarz-weißen Tasten, dann setzte er sich und begann zu spielen. Ein fröhlicher Walzer erklang im Haus. Yugo und Lucas begannen, die großen Tische an den Rand des Raumes zu schieben, die Stühle ebenso, sodass sich eine große Tanzfläche bildete. Die Speisen, die Ray zubereitete, stellten ein kleines Buffett.
Es bildeten sich kleine, verschiedene Gruppen von Menschen, während die kleineren Kinder lachend herumtollten.

Emma beobachtete amüsiert, wie Sanya anfing, für jeden hier zu schwärmen.
"Gott, man sollte an ihrem Herzen einen Peilsender befestigen, so oft wie die ihr Herz verliert", scherzte Anni, während sie Sanya beobachtete. Sie versuchte gerade, ein Gespräch mit Don anzufangen, dieser wiederum wollte gerade Gilda zum Tanz auffordern. Mit hängendem Kopf trottete sie zu den anderen zurück.
"Zu blöd, dass ich gerade erst den Chip deaktiviert habe", lachte Emma auf.
"Lucy, wen findest du so attraktiv hier?", fragte Anni und stieß sie mit ihrem Ellenbogen an.
Lucy jedoch zuckte mit den Schultern.
"Es gibt zwar echt gutaussehende Kerle hier, aber ich bin mir ja nicht sicher, ob der Charakter auch passt", seufzte sie und trank einen Schluck aus einem kleinen Becher aus Plastik.
"Da hast du Recht", antwortete Anni, "aber ich muss sagen, der mit den blauen Haaren da sieht echt gut aus." Sie sprach von Thoma, der sich mit Lannion ein Dance-Battle lieferte.
"Und wie sieht's bei dir aus, Emma?"
Emma war von der Unterhaltung abgedriftet, sie starrte gedankenlos in der Gegend umher. Oder eher gesagt suchte ihr Blick Norman, der sich ruhig mit Ray und Barbara unterhielt.
Anni tippte Emma an und holte sie zurück in die Gegenwart.
"Oh oh... Du bist ja echt hübsch, und ich hab' dich auch echt lieb, aber der Typ da mit den weißen Haaren, der spielt 'ne Liga über dir", meinte sie und strich ihr tröstend über die Schulter.

Emma nickte und seufzte. Ihr war das bereits klar, seitdem sie Norman so kalt gesehen hatte. Er spielte schon lange nicht mehr in der selben Liga mit ihr, während sie sich nicht ein bisschen verändert hatte, hat er bereits Welten der Veränderung hinter sich gelassen.
Nun aber trat Sanya in ihr Blickfeld, sie näherte sich aufgeregt Norman.
"Und Sanya spielt gleich zehn Klassen unter ihm", lachte Anni laut auf.
"Und da kommt sie wieder."
Erneut geknickt, trottete Sanya zurück und schmollte.
"Das ist doch gemein, niemand von den hübschen Typen will mich", jammerte sie und wurde prompt von Lucy und Anni ausgelacht, während sie sie trösteten.

•••

"Norman, das kannst du vergessen", meinte Ray und sah den Weißhaarigen eindringlich an.
Nachdem Sanya erfolglos bei ihm war, hatte er zu Emma gestarrt.
"Tut mir leid, aber die ist wirklich hübsch", fügte Barbara hinzu und kicherte.
"Du kannst ihr nicht das Wasser reichen."
"Emma ist leider nicht mehr auf deiner Höhe." Norman nickte traurig und ließ seinen Blick durch den Raum streifen, er bemerkte dabei Don und Gilda.
"Aber die beiden haben sich auch gefunden!", protestierte er und deutete auf die beiden, die bei dem langsamen Lied fast Arm in Arm miteinander tanzten.
"Gut, wir schließen eine Wette ab", meinte Barbara und funkelte ihn herausfordernd an.
"Kriegst du sie rum..."
"Dann schulde ich dir in der Menschenwelt eine Spielkonsole", meinte Ray schnell und verschränkte die Arme.
"Die Wette gilt", meinte Norman und machte sich sofort auf den Weg.

•••

Anni zeigte mit dem Finger auf Yugo.
"Sanya, versuche es doch bei dem", schlug sie ihr vor, doch Sanya schüttelte nur angeekelt den Kopf.
"Emma?"
Überrascht drehte sie sich um und sah Norman vor sich stehen. Etwas unbeholfen hielt er ihr die Hand hin, zudem errötete er ein wenig.
"Magst du vielleicht... mit mir tanzen?", fragte er. Lächelnd legte sie ihre Hand auf seine und sah ihn direkt in die blauen Augen.
"Wie zur Hölle...", murmelte Anni, in ihrem Gesicht schienen Fragezeichen zu stehen.
"Tja, Emma ist wohl 'ne Liga aufgestiegen", meinte Lucy belustigt und klopfte Sanya und Anni auf die Schulter.

Auch Ray am anderen Ende des Raumes schien seinen Augen nicht zu trauen, als Emma tatsächlich Normans Hand ergriff.
"Wettschulden sind Ehrenschulden", schmunzelte Barbara und riss sich ein Stück vom Brathähnchen ab.
"Die Idee mit der Wette war doch deine", grummelte Ray und schüttelte den Kopf.
"Ich leg' was dazu, klar?", meinte Barbara und beobachtete die beiden.

Nat spielte einen flotten Walzer, der Norman ziemlich herausforderte. Emma hatte schnell die entsprechenden Schritte erlernt, während der Weißhaarige ein paar mal über seine eigenen Füße stolperte.
"Tut mir leid", murmelte er verlegen, doch Emma schüttelte den Kopf.
"Du machst das gut, nichts da mit tut dir leid."
Norman tanzte immer weiter, und immer wieder blieb er mit dem Fuß irgendwo hängen. Schließlich gab er kurz einen zischenden Laut von sich, Emma sah zu seiner noch immer verletzten Schulter.
"Geht's mit deinem Arm?", fragte sie nach, das kleine schlechte Gewissen schlich sich ihr ein.
"Geht schon", meinte Norman leise.
Die Musik wurde immer langsamer, und so auch ihre Schritte.

Emma wagte einen riskanten Schritt und streckte ihren Kopf nach vorne, legte ihn auf Normans Brust ab. Ein wohliges, sicheres Gefühl breitete sich in ihr aus, sie genoss diesen Moment in vollen Zügen. Sie schloss ihre Augen und lauschte seinem Herzschlag, vergaß die gesamte Umgebung.
Emma realisierte eines zum ersten Mal mit vollem Bewusstsein:
Die Bindung, die sie zwischen ihr und Norman pflegte, war um einiges tiefer als die zu Ray. Sie sah beide als beste Freunde, ja sogar schon als Geschwister, aber nach so einer langen Zeit brach sie aus dieser Denkweise heraus, und nun bemerkte sie, wie sie wirklich empfand.
Am liebsten würde sie diesen Moment nie enden lassen wollen, doch das Schicksal hatte anderes geplant.

Nat hörte abrupt auf, die Musik zu spielen, jeder verharrte in seiner Bewegung.
Stiefel trafen auf Holzdiele, unmenschliche, furchterregende Geräusche erklangen von der Eingangstür.
"So so, dann war das wohl doch kein falscher Alarm."
Peter Ratri trat in den Raum, dicht gefolgt von Isabella, und draußen lungerten ein paar Monster herum.
Emmas Blick war gefüllt von Enttäuschung.
"Mama... wieso?"

Can you kill a Secret? | The Promised Neverland FanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt