10. Kapitel

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Matt

Noch bevor ich richtig mit dem Training angefangen habe, steht Berat ein weiteres Mal neben mir.

„Wenn du vorhast lediglich einen weiteren Witz loszuwerden, kannst du gleich wieder umdrehen", warne ich ihn im einem Schmunzeln.

Berat lacht. „Nein, nein. Ich wollte mich lediglich erkundigen wie es dir geht. Außerdem bin ich fürchterlich neugierig, über was ihr beiden so vertieft wart, dass du die Zeit vergessen hast."

Diesmal bin ich derjenige der lacht. Denn, wie ich Marie vorhin schon erklärt habe, ich kenne Berat einfach schon seit Ewigkeiten. Er ist neugieriger als jedes Waschweib. Vor Berat etwas geheimzuhalten ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn sein Interesse erst einmal geweckt ist, bleibt er wie ein Spürhund an der Fährte bis er jedes noch so kleine Detail in Erfahrung gebracht hat. Dabei legt er einen unerklärlichen siebten Sinn an den Tag, der manchmal leicht gruselige Züge hat. Ich habe vor langer Zeit aufgegeben dem zu entkommen. Die Folge ist, das Berat schon von meiner Liebe zu Lina wusste bevor es mir selbst klar war, er wusste noch vor Charlie von meiner Verlobung und Linas Schwangerschaft hat er ihr weit vor den drei Monaten angesehen, die wir warten wollten, bevor wir es allen erzählen. Einzig und allein Yasemin ist immun gegen seine Neugier, was ihn regelmäßig in den Wahnsinn treibt. Man könnte sagen, Berat hat in Yasemin seine Meisterin gefunden. Ich vermute, das macht zum Teil ihren Reiz aus.

„Mir geht es gut, danke der Nachfrage", antworte ich trotzdem recht knapp.

Berat liebt es jede Kleinigkeit aufzuspüren, hasst es jedoch gleichzeitig mir jedes Detail aus der Nase ziehen zu müssen. Das ist meine kleine Rache für seinen Witz von vorhin. Entsprechend wundert es mich nicht, als er genervt die Augen rollt.

„Du weißt genau was ich meine! Ich erinnere dich nur daran, das letze Mal ist fast eines meiner Laufbänder durchgeschmort, dank dir. Ich sehe, dass es dir heute besser geht und das freut mich wirklich. Aber sei doch so lieb und gib mir ein kleines Update."

Dabei winkt er mit einer Hand durch das Fitnessstudio, in einer Geste die Marie eindeutig mit einbezieht. Er hat natürlich recht. Nach meinem Ausraster am Montag bin ich ihm wohl eine Erklärung schuldig. Ich erzähle ihm eine Kurzversion von der Begegnung mit Marie im Kindergarten, von Jonas und Bens Verbindung und von dem Nachmittag. Berat hört mir in Ruhe zu und das sind die Momente, in denen ich weiß, warum Berat mein bester Freund ist. So viel Spaß man auch mit ihm haben kann, ebenso ernsthaft kann man mit ihm reden.

„Gestern war Charlie da und wir haben uns die halbe Nacht unterhalten. Wir haben über Bens Geburtstag geredet, weißt du. Du kennst Charlie, sie hat kurzerhand die Planung übernommen. In dem Moment habe ich gemerkt wie gut es wirklich tut wieder hier zu sein. Durch die Zeit bei Ollie und Alan habe ich erst gemerkt, wie sehr ich all das hier vermisst habe. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann gab es eine Zeit, wo ich überlegt habe dort zu bleiben. Aber es wäre eine Flucht gewesen. Keine Entscheidung für ein Leben dort, sondern eine Entscheidung gegen mein Leben hier. Aber ich merke jetzt, wie wichtig es auch für Ben war, zurück zu kommen. Zum ersten Mal hat er richtige Freunde. Klar mir ist der Arsch auf Grundeis gegangen, als ich realisiert habe, dass Marie Jonas Mutter ist. Und ja, ich hätte am liebsten gleich den nächsten Flug zurück genommen. Aber soll ich dir was sagen: Der Nachmittag mit Marie hat mir gezeigt, sie ist eben nicht nur Davids Mutter und die Tatsache so mit Davids Tod konfrontiert zu werden, ist nicht so schlimm wie ich befürchtet habe."

Berat nickt und lässt sich das Gesagte durch den Kopf gehen, während ich zum nächsten Gerät wechsle.

„Wer hätte gedacht, dass die Welt so klein ist", sinniert er, „und du bist sicher, du kannst damit umgehen? Vorhin wirkte die Situation ein wenig angespannt zwischen euch."

Funkengelb auf TränenblauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt