Extrakapitel

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Aus der Sicht von Schotiji

Was war seit einiger Zeit nur mit diesem Mädchen los? ,,Tialda. So geht das doch nicht." Sie zuckte zusammen und wich etwas zurück, als ich mich neben sie stellte und ihr den Brotteig abnahm. ,,Einen Teig muss man behandeln wie man ein Kind behandeln würde. Mit fester Hand, aber liebevoll!"

Ich machte es ihr vor und sah ihr über die Schulter, wie sie es erneut versuchte. Ihre Finger zitterten. So wurde das nichts!

,,Geh du das Hähnchen im Ofen bewachen. Ich mach das." Wies ich sie an. Tialda nickte, eingeschüchtert und erleichtert und ging schnellen Schrittes hinüber zum Ofen. Vorsichtig widmete ich mich dem Teig, wenn man ihn zu lange knetete wurde er klebrig und die Brote wurden nach dem Backen nicht fluffig. Tialda hatte ihn schon viel zu lange bearbeitet.

Villeicht hätte ich den Teig von Anfang an selber machen sollen, dachte ich, während ich versuchte zu retten was zu retten war. Dann rollte ich daraus Fladen, alle möglichst rund und möglichst gleich groß. Wie bei jedem Essen wollte ich, dass es auch dieses Mal perfekt wurde. Niemals würde ich den Herrn enttäuschen!
,,Tialda. Tu diese ebenfalls in den Ofen."

Warum war sie so schweigsam? Ob sie mir immer noch die falschen Anschuldigungen vorwarf, die ich ihr unterstellt hatte?

Sie müsste es auch einmal aus meinem Blickwinkel betrachten, ich hatte einen logischen Schluss gezogen. Tialda war ein ungewöhnlich schönes Mädchen und jeder wusste das man schönen Mädchen nicht trauen kann!
Denn ihre Herzen sind nicht schön, ihre Intentionen sind giftig. Sie nutzen die Geschenke aus, die die Natur ihnen nur gab, um die Hässlichkeit ihres Inneren auszugleichen. Sie benutzen es um das zu bekommen was sie wollen und Macht über Männer auszuüben. Zwei Frauen von dieser Sorte hatten schon all zu lange unter diesem Dach verweilt. Die Gunst des lieben, treuseligen Herren ausgenutzt. Warum sah er es denn nicht? Warum sah er nicht wie falsch sie gewesen war? Und warum sah er mich nicht?

In Gedanken versunken begann ich den Nachtisch vorzubereiten, süßen Pudding aus Grieß mit kleingeschnittenem Obst. Der Herr mochte am liebsten Weintrauben, zu kleinen Seerosen geschnitten. Das wusste ich durch die Art, wie sich seine wunderschönen, traurigen Augen aufhellten, sobald er den Teller mit ihnen sah. Die Art, wie er jedes Mal zuerst zu ihnen griff, bevor er den Rest auf dem Tisch überhaupt wahrgenommen hatte und die Art wie er sie langsam kaute und den Geschmack genoß.

Meine Mutter hatte immer gesagt: ,,Das Herz eines Mannes liegt in seinem Magen, wenn du nur gut genug für ihn kochst, kannst du es auf seine Zunge locken und er wird dir seine Liebe gestehen."

Als kleines Kind hatte ich mich immer gefragt, ob sie für Vater nicht gut genug gekocht hatte, ob er sie deshalb schlug und anschrie. Das hatte ich mir damals nicht vorstellen können, denn Mutter war doch die beste Köchin der Welt.

,,Das Hähnchen müsste fertig sein. Hole es heraus!" Wies ich Tialda an.

Das Brot würde noch ein wenig brauchen, es waren recht dicke Fladen, so wie der Herr sie mochte.

Sie stellte die Platte auf die Anrichte und ich warf einen prüfenden Blick auf das dampfende Hähnchen. Ja, es war durch!

,,Soll ich es auf eine andere Platte füllen?" Fragte Tialda. Ihre Stimme klang abwesend, wie so oft.

,,Nein ich mache das schon. Du kannst anfangen die Messer und Bretter abzuwaschen."

Sie hatte keinerlei Talent fürs Kochen oder für das kunstvolle drapieren und verzieren von Essen, so das auch das Auge gesättigt wurde, es war besser wenn ich das übernahm.

Ich richtete das Hühnchen mit dem Ofengemüse auf einem Porzellanteller an und legte eine Scheibe Zitrone davor und einen Zweig Rosmarin oben auf. Er hatte dieselbe Farbe wie Tialda's Augen. Ein sehr ungewöhnliches, dunkles Grün.

Mochte der Herr es wenn Frauen ungewöhnliche Augenfarben hatten?

Seine beiden Frauen hatten beide dieses Merkmal besessen. Niisa, die Mutter des jungen Herrn, mit ihren beinahe schwarzen Augen und Rondra, die Mutter der Herrin, mit ihrem bernsteingelb. Augen, schwarz wie eine sternenlose Nacht, gelb, wie die einer Schlange oder einer Echse.

Doch wie gut, dass beide dieser Augenpaare nun für immer geschlossen blieben, so erkannte der Herr villeicht doch, dass ich die Richtige für ihn war. Trotz meiner recht gewöhnlichen, braunen Augen.

Aufregung machte sich in mir breit, als ich bemerkte, dass das Essen fertig war. Gleich würde ich den Herr wiedersehen. Ich hatte ihn zwar erst heute Morgen zum Frühstück gesehen, doch ich hatte ihn so vermisst! Sicher hatte er den Tag über fleißig gearbeitet, ob er villeicht auch an mich gedacht hatte?

Wir hatten den Tisch gerade erst fertig gedeckt, als der Herr schon eintrat. Das war früher als gewöhnlich. Hatte er heute weniger zu arbeiten gehabt? Oder war er sehr hungrig? Ich verschlang seinen Anblick mit den Augen, achtete aber darauf mein Gesicht starr zu halten. Das war etwas was ich konnte, mir nichts anmerken lassen.

Sicher, irgendwie wollte ich das er von meiner Liebe wusste, aber er sollte es selbst erkennen, ich würde es ihm nicht sagen. Bis dahin reichte es mir schon in seiner Nähe zu sein. Ihn jeden Tag zu sehen. Mit ihm zusammen älter zu werden.

Ich bedeutete Tialda mit einer Kopfbewegung die Herrin und den Herrn zu holen. Sie ging eilig los, ihre neuen Haarspangen blitzten.

Es war so ein Glück, dass seine Frau nicht mehr da war. Bei Jeder Mahlzeit erfüllte mich das Gefühl, sie nicht auch zum Essen rufen zu müssen, mit Freude. Als ich die Nachricht damals erhalten hatte, hatte ich alles getan um mir meine wahren Empfindungen nicht anmerken zu lassen. Ich war mitleidig und trauernd aufgetreten, hatte wochenlang schwarz getragen und dem Herrn sein Lieblingsessen gekocht. Das Alles mit dem Gefühl von wahnsinnigem Glück tief in meinem Innern.

Ich würde dem Herrn über die schwere Zeit hinweg helfen, sein gebrochenes Herz trösten, bis er erkannte das es so am besten für alle gewesen war. Dann würde er sicher auch endlich seine Liebe für mich erkennen. Lange konnte es nicht mehr dauern.

TialdaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt