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Tamina

"... Ich war auf dem Heimweg von der Uni, es war ein lauer Sommerabend. Die Uni ging länger als sonst, deshalb hab ich mich dazu entschieden, die Abkürzung durch den Park zu nehmen. Mir war im Vorhinein bewusst, dass das keine gute Entscheidung sein würde aber ich hatte noch so viel für die Prüfungen zu lernen."

"Was studiertest du?", unterbricht mich Lewis.

"Kommunikationswissenschaften, ich war gerade im siebten Semester und strebte die Zwischenprüfungen für den Master an. Du musst wissen, der Park ist berühmt berüchtigt für die illegalen Machtkämpfe und Drogendealer bei Nacht. Am Tag ist es der schönste Fleck Natur in der Stadt. Doch in der Dunkelheit möchte man diesen Ort nicht freiwillig betreten. Ich weiß es ist mehr als nur dumm von mir gewesen aber in dem Moment war der Drang nach guten Noten höher als die sichere Option durch beleuchtete Straßen."

"Das kennen wir doch alle, die Zeit drängt und das eine mal wird schon nichts passieren."

"Genau das dachte ich mir auch. Ich ging durch den Park und bekam Angst, hatte ein schlechtes Bauchgefühl. Ich zückte mein Handy und wollte dich anrufen, du konntest mich früher so gut beruhigen auch wenn du ewig weit weg warst."

Flashback

Nachdem ich vom joggen auf der Klippe wieder am Platz angekommen bin, gehe ich schnell duschen und lege mich mit meiner Kamera bewaffnet an den Strand. Auch diesen Untergang will ich in Zeitraffer aufnehmen. Langsam fallen mir die Augen zu.

Als ich wieder aufwache ist es dunkel, ziemlich dunkel und einzelne Tropfen fallen auf mich nieder. Panisch blicke ich in den Himmel und höre auch schon den ersten Donnerschlag. So schnell wie möglich sind meine Sachen gepackt und ich renne über den nassen Sand zum Tor, welches zum Campingplatz führt.

Doch nach mehrmaligem Rütteln muss ich entsetzt feststellen, dass es abgeschlossen ist. Voller Panik lasse ich mich am Tor runterrutschen und weine Tränen der Angst. Ich hatte noch nie gute Erfahrungen mit Gewittern gemacht und die Dunkelheit war jetzt auch nicht mein größter Fan, wodurch meine Atmung immer hektischer wurde. Dazu kam die plötzlich eintretende eiserne Kälte, welche sich durch meine mittlerweile durchnässten Klamotten frisst.

"Tamina, bist du es?", höre ich leise eine Stimme und zuckte zusammen. Die Stimme kommt vom Inneren des Campingplatzes und ich drehe mich um.

"Lewis?", bringe ich kratzig hervor.

"Gott Mädchen was machst du bei Gewitter hier draußen? Du erklärst dich ja noch."

"Ich...ich kann nicht rein. Das Tor ist zu", bringe ich unter Schluchzen hervor.

"Warte, nimm meine Jacke."

Meine Atmung würde mittlerweile immer hektischer und ich sehe erste schwarze Punkte, welche sich in mein Sichtfeld bewegen.

"Hey Tami hörst du mich? Bitte du musst jetzt ganz ruhig atmen. Es kommt gleich jemand und schließt das Tor auf. Ich habe bei der Rezeption angerufen. Komm wir atmen zusammen. Gib mir deine Hand."

Zitternd nehme ich seine Hand, welche durch die Metallstäbe ragt.

"Gott Mädchen du bist ja eiskalt."

Als nächstes zieht er seinen Pullover aus und gibt mir auch diesen.

"Hier, zieh dein nasses Oberteil aus und Pulli und Jacke an."

"Aber du frierst doch, du stehst hier nur im Shirt", klappern meine Zähne."

Er winkt ab und ich versuche ich umzuziehen.

"So und jetzt schau mir in die Augen Tami. Das ist nur ein Gewitter und dir kann nichts passieren. Ich bin bei dir und pass auf dich auf, okay?"

Ich schaue in seine blauen Augen, welche mit Hoffnung geben.

"Okay", bringe ich leise hervor.

Flashback Ende

"Den Anruf habe ich nie erhalten."

"Ich wählte gerade deine Nummer, als es plötzlich knackte und jemand mir hinterherpfiff. Ich hatte nicht mal mehr die Möglichkeit mich umzudrehen, da bekam ich schon einen Schlag auf den Hinterkopf. Die Schwärze holte mich ziemlich schnell ein und ich sackte auf den Boden."

Mitlerweile liefen mir einzelne Tränen über mein Gesicht und ich musste aufpassen, nicht in ein Flashback zu geraten.

"Als ich wieder aufwachte, spürte ich eine Hand auf meiner Kehle und Stöße durchfuhren meinen Körper. Und dann war plötzlich alles weg. Ich hörte noch Sirenen und Stimmen, die mit mit sprachen, doch dann war ich wieder zurück im schwarzen Loch."

"Komm her", sagt Lewis und öffnet seine Arme. Seine Umarmungen haben mir immer schon Kraft gespendet.

Flashback

Endlich wurde das Tor aufgemacht und sofort nahm mich Lewis in den Arm.

"Du zitterst ja wie Espenlaub. Komm schnell mit, ab ins warme mit Dir."

Mit wackeligen Beinen laufe ich gestützt Richtung Sanitäranlagen. Dort angekommen setze ich mich hin und realisiere erst richtig, was passiert ist. Meine Tränen beginnen wieder zu laufen und auch diesmal gibt mit Lewis die Kraft, welche ich brauche und umarmt mich.

Flashback  Ende

"Ich wachte im Krankenhaus wieder auf und entließ mich selbst. Ich konnte diesen Tag nie vergessen, wollte nicht wissen, was mit mir passiert ist und blockte jeglichen Kontakt ab. Bis ich dann nach 6 Wochen immer noch nicht meine Tage bekommen habe."

Lewis zieht scharf die Luft ein und verfestigt seine Umarmung. Seine Hand streichelt unaufhörlich über meine Haare, so wie es meine Mutter immer bei mir gemacht hatte, wenn ich nicht mehr konnte.

"Lewis, ich... Ich wurde..."

Ein lauter Schluchzer unterbricht mich. Mit fast niemandem habe ich über Passiertes geredet und so schwer es mir auch fällt: Ich möchte, dass er es weiß.

"Ich wurde vergewaltigt", bringe ich letztendes über meine bebenden Lippen.

"Key... Ich wollte ihn nicht abtreiben. Wollte kein Monster sein und mein eigenes Fleisch und Blut umbringen."

Mittlerweile liege ich wie ein Frack in seine Arme und heule was das Zeug hält. Doch ihm macht es nichts aus. Er ist für mich da, das weiß ich. Egal wie lange ich ihn brauche, egal wie lange wir uns nicht gesehen haben: Ich weiß, dass ich auf meinen Kanarienvogel zählen kann.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 03, 2021 ⏰

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