Tamina
"Aufwachen kleiner Mann, wir sind gleich da", versuche ich meinen Sohn aus seiner Traumwelt zu holen. Doch das leichte Streicheln an der Schulter sowie die Wellen des Wassers, welche das kleine Schiff hin und her schwanken lassen, veranlassen ihn dazu, sich noch weiter an mich zu kuscheln und entspannt aufzusäuftzen.
"Lass ihn ruhig noch ein bisschen schlafen, bis wir angelegt haben", sagt Roberto zu mir und umarmt mich von hinten. An seinen Oberkörper gelehnt schauen wir beide auf das so unendlich wirkende Blau. Mit geschlossenen Augen atme ich die salzige Meerluft ein und genieße das Kreischen der Möwen.
*Flashback*
Das Kreischen der Möwen reißt mich aus meinem Schlaf und ich setzte mich auf. Ganz aufgeregt springe ich zu meiner Mutter an die Reling und beobachte mit einem Funkeln in den Augen die Möwen, welche sich über die Fischreste eines Fischers hermachen. Auch mit meinen 17 Jahren bin ich noch so aufgeregt wie beim ersten Mal.
"Mama , wann kommen wir endlich an?". Sie nimmt mich in den Arm und zeigt mir den Steg, welcher nicht mehr weit entfernt ist.
"Komm mit Tamina, wir packen schon mal unsere Sachen ein damit wir nachher im Getümmel nichts vergessen."
Mein Zeichenblock landet schnell in meinem Rucksack, wo sich schon mein Handy und meine Flasche Wasser befinden. Danach begebe ich mich wieder an das Geländer und schaue auf den immer näher kommenden Steg.
"Tamina, kommst du?", ruft mich meine Mutter und zusammen begeben wir uns ins Unterdeck darauf wartend, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
*Flashback Ende*
"Mama, sind wir schon da?", meldet sich ein verschlafen aussehender Keyden und blinzelt mir vom hellen Licht geblendet entgegen.
"Wir sind gleich da Key, willst du mit Papa schon einmal vorgehen? Mama kommt dann gleich nach, okay?"
Fragend schaue ich meinen Verlobten an, welcher mir mit einem Kuss auf die Stirn sein Einverständnis erklärt und kurz darauf von Key an der Hand ins Unterdeck gezogen wird. Schmunzelnd blicke ich den beiden hinterher. Dann nehme ich mein Handy raus und rufe meine Mutter an.
'Hallo Mama, wie geht es dir und Papa?'
'Hallo Tamina, mir geht es gut, Papa ist gerade im Garten. Sag mal, seid ihr denn schon angekommen? Ich wäre ja liebend gerne mitgekommen aber du weißt ja, die Seeluft und ich sind keine guten Freunde.'
'Oh ja, da kann ich dir nur zustimmen. Aber ja, wir sind gleich da. Man kann schon den Steg sehen.'
'Das freut mich. Wie geht es den deinem Kleinen? Hat er die Fahrt gut überstanden oder hat er die Seekrankheit seiner Oma geerbt?'
'Key geht es blendent, er hat die ganze Fahrt über geschlafen. Er ist mir Roberto schon mal zum Unterdeck gegangen und da hab ich die Chance genutzt, dich anzurufen.'
'Das freut mich, richte den beiden doch bitte liebe Grüße aus. Und mach ja nicht zu viel. Du sollst dich auch mal entspannen, okay?'
'Ja Mama, mach ich. Ich muss jetzt aber auch auflegen, wir legen gleich an. Hab dich lieb.'
'Ich dich auch meine Schöne, pass auf dich auf.'
Damit endet unser Gespräch und ich stecke mein Handy wieder in die Tasche. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich meine beiden Eltern noch habe und wir uns so gut verstehen. Und natürlich freut es mich auch für Keyden, dass er seinem Opa noch im Garten helfen kann. Apropos Key, ich sollte langsam mal runter, damit die beiden das Schiff nicht ohne mich verlassen.
Ein letzter Blick auf das Meer und schon begebe ich mich zu den Treppen, welche nach unten führen. Unten angekommen halte ich Ausschau nach meinen beiden Männern und finde sie auch relativ schnell vor der Glaskabine des Kaptains, in welche Key gespannt reinschaut.
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen gehe ich zu den beiden hin.
"Komm ihr, das Schiff hat angelegt."
Key greift meine Hand und auch Roberto nimmt meine andere in Beschlag. Mit einem Kuss auf die Lippen, welcher mich seine salzigen Lippen schmecken lässt, begeben wir uns in Richtung Festland. Roberto mit unserem Koffer und Key mit seinem kleinen, welchen er unbedingt mitnehmen wollte und nun stolz der ganzen Welt präsentiert.
"Mama schau mal dort, der Mann", ruft Key und zieht an meinem Arm. Mit der Hand zeigt er auf einen Mann im Rollstuhl, welcher gerade an einer Schwelle zu hängen scheint. Ohne große Umschweife gehe ich zu ihm rüber und helfe ihm, Key schaut gespannt zu.
"Mama, wieso sitzt er im Rollstuhl?"
"Willst du ihn das nicht selber fragen Key? Ich glaube nicht, dass er dir was tut und sonst bin ich ja noch da und beschütze dich, okay?"
"Entschuldigung, wieso sitzt du da drin?", fragt er schüchtern.
"Weißt du Kleiner, ich hatte einen Unfall und kann meine Beine nicht mehr bewegen. Aber das ist nicht so schlimm, denn es gibt hier ja ganz viele nette Leute, welche mir helfen. Wie deine Mutter zum Beispiel", antwortet der Mann mit einem Lächeln zu Key gewandt. Irgendwie kommt mir der Mann seltsam bekannt vor.
Doch lange Gedanken darüber machen kann ich mir nicht.
"Liebes, kommst du?", ruft mir Roberto über das jetzt fast leere Schiff zu.
"Vielen Dank für Ihre Hilfe, einen schönen Tag noch", verabschiedet er sich von mir und fährt davon.
Nachdenklich schaue ich ihm hinterher.
"Alles gut Schatz?", kommt es nun von Roberto, welcher sich hinter mich gestellt hat.
"Ja, alles gut. Lass und gehen."
Damit verlassen wir das Schiff und gehen Key hinterher, welcher schon ganz aufgeregt ist.
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The new beginning
RomanceUnd dann bemerkst du plötzlich, dass dein größter Feind zu deinem engsten Vertrauten geworden ist. Unbewusst, unbemerkt, angelogen. Dieses Schicksal wiederfährt der jungen Studentin Tamina. Nach einer schweren Vergangenheit trifft sie plötzlich auf...