Es ist Montagmorgen und mein kleiner, achtjähriger Bruder Jonas hat wieder einmal das einzige Bad im Haus besetzt.
Ist ja nicht schlimm genug, dass es Montag ist und meine Motivation sowieso am Abgrund schlummert, nein. Der kleine Tyrann muss seinen bösartigen Plan, mir das Exestieren auf diesem Planeten zur Hölle zu machen, Tag für Tag in diesem Haus ungehemmt unter die Nase reiben.Und ich bekomme langsam, aber sicher ernsthafte Störungen wegen diesem Kerl.
Nur weil er der Jüngste aus der Familie ist, denkt der kleine Hosenscheißer, er könne sich absolut alles erlauben.
Das Schlimmste daran ist immernoch, dass Mama und Papa ihn das auch noch schamlos durchgehen lassen und die Ungleichberechtigung nicht mal ansatzweise vertuschen lassen.
Er baut Mist: eine Woche Fernsehverbot.
Ich baue Mist: drei Wochen Fernsehverbot, das gesamte Wochenende Hauserrest und mein Handy wird eingezogen.
Er muss nur einmal betteln, wenn er etwas will und schon hat er wieder eine neue Playstation, während ich mir tagelang eine Predigt anhören muss, dass ich doch erst letztes Jahr erst neue Turnschuhe bekommen habe und dazu kommt noch der altbekannte Als-ich-noch-jung-war-musste-ich-mir-alles-erarbeiten-Vortrag. TUT MIR LEID, DASS ICH IN DER NEUZEIT GEBOREN BIN UND ES JETZT E-MAILS UND KEINE BRIEFTAUBEN MEHR GIBT!
Mal ehrlich.Wenn es Gerechtigkeit geben würde im Leben, gäbe es kein Ozonloch, keine Armut und die Regenwälder würden auch nicht abgeholzt werden, Sommerferien wären mindestens doppelt so lang und ich, ich wöre nicht in diese Familie hineingeboren worden. Möchte wissen, wie ich das verdient habe. Manche Leute haben Hühneraugen oder Haarausfall, eine Allergie gegen Pferde oder X-Beine. Ich habe diese Familie.
Jonas ist inzwischen bestimmt schon um die fünfzehn Minuten da drin.
Und ich dachte Mädchen brauchen lange...
"MACH AUF!", brülle ich gegen die verschlossene Tür und werfe einen Blick auf die Uhr.
Wenn er noch länger braucht, verpasse ich den Bus. Und dann muss ich laufen oder noch schlimmer: Mit dem Fahrrad fahren.
Ich bin nicht so die Sportlichste, müsst ihr wissen. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit würde mir ein Laternenphal oder ein Schlagloch in der Straße einen Strich durch die Rechnung machen und es würde heißen: Hallo neue Beule! Hallo Einlauf fürs erneute Zuspätkommen des Unterrichts!Endlich wird die Tür geöffnet. Vor mir steht ein zufrieden grinsender kleiner Bruder-Lurch mit großen braunen Kulleraugen. "Das Bad ist frei, Schwesterherz."
Gut gelaunt, stolziert er an mir vorbei.Schwesterherz?
In Ordnung. Irgendetwas ist hier faul."Was ist..."
Plötzlich bemerke ich, woher der Wind weht oder besser gesagt: Der hochgiftige Gestank seines morgendlichen Geschäftes, dessen scharfe Fahne mir direkt in die Nase fährt.
Tränen steigen mit in die Augen."Bwwaaahh! JONAS, DU SCHWEIN! " Ich halte mir angeekelt meine Hand vors Gesicht und will gerade mutig das scharf vergaste Bad betreten, als meine große Schwester mit einer Nasenklammer an mir vorbeihuscht und die Tür hinter sich schließt.
Nein. DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN!
Shania, meine große Schwester ist die oberflächlichste und arroganteste Person, die ich kenne. Und das ist wirklich nicht untertrieben. Ja, sie hat nunmal das Schönheitsgen unserer Familie geerbt und dafür kann sie ja nunmal nichts, aber muss sie dann trotzdem noch ständig zehn Kilo Schminke in ihr Gesicht schmieren? Wenn es einer nicht nötig hat, dann Shania.
Doch bis Mrs. Barbiepuppe ihren vollständigen Schminkkoffer, die Textmarkersammlung und was sie sonst noch so gebraucht erfolgreich in ihr Gesicht geklatscht hat, ist der Berliner Flughafen ja fertig gebaut.Dann muss ich wohl oder übel ungeschminkt zur Schule kommen. So schlimm wird es schon nicht sein...
Doch -wer hätte es gedacht- liege ich damit gnadenlos falsch.
Als ich einen kurzen Blick in den Spiegel werfe, erschrecke ich mich fast zu Tode.
Auf meiner Stirn prangt ein gigantischer, ampelroter Pickel, so groß wie ein fetter Marienkäfer. Er ist nicht zu übersehen.
NIEMALS werde ich mich damit in die heiligen Hallen trauen! Eher lasse ich mich lebendig begraben.Wie wild hämmere ich jetzt gegen die Badezimmertür. "SHANIA, MACH BITTE DIE TÜR AUF! ICH BRAUCHE WENIGSTENS EINEN ABDECKSTIFT! ICH FLEHE DICH AN!"
Ich höre wie in der Dusche das Wasser prasselt. Es ist zu spät. Ich bin erledigt.
Entweder ich schneide mir jetzt spontan einen Pony oder reise nach Mexiko aus.Panisch sehe auf die Uhr an der Wand. Schon halb acht! So schnell ich kann, schnappe ich mir meine Schultasche und renne die Treppe herunter. Meine Schwester fährt natürlich mit ihrem Auto zur Schule.
Unten steht schon Mama startbereit mit meiner Brotdose und meinem Saft an der Tür. Wie ein Marathonläufer, renne ich an ihr vorbei und schnappe mir dabei, wie beim Staffellauf mein Frühstück. Ich höre noch, wie meine Mutter mir ein "Tschüß, Maus!" hinterherruft, ich antworte ein hastiges "Ich hasse diese Familie", doch da bin ich auch schon im Sprint auf dem Weg zu meinem Bus.Meine Mutter lacht herzlich, wenn ich sage, dass ich mich manchmal schrecllich einsam fühle, weil keiner versteht, wie sehr mich diese Familie nervt. Sie meint, dass das an der Pubertät liegt.
Ich meine, hallo? Ernsthaft? Wenn hier einer in der Pubertät ist, dann sind das definitiv die! Ich werde erwachsen, indem mein Körper sich verändert. Aber die seltsamen Phasen meiner Eltern brauchen die gar nicht erst auf mich schieben. Möchte wohl manchmal gerne wissen, wer von uns in der Pubertät ist.Ich erreiche den Bus gerade noch rechtzeitig, als der Busfahrer schon die Türen schließt und den Motor startet.
Keuchend drängele ich mich durch die Menschen in die letzte Reihe des Busses.
Dort sitzt schon meine beste Freundin Carlotta und begrüßt mich herzlich mit einem gut gelaunten Lächeln.
Caro und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten.Völlig erschöpft lasse ich mich auf den Platz neben ihr fallen, den sie mir extra freigehalten hat. Sie blickt mich interessiert mit ihren großen, blauen Augen an.
"Und, wie war dein Morgen?"
Ich überlege kurz.
"Och, so wie immer."

DU LIEST GERADE
Typisch mein Leben
HumorLisa hat zwei nervige Geschwister, eine tiefe Feindschaft mit der Schulhexe Jolina und diesen roten, gigantischen Megapickel mitten auf der Stirn. Wenn sie nicht gerade dabei ist, von einem Fettnäpfchen ins andere zu hüpfen, stolpert sie durch die G...