Teil 1 - Der letzte Abend in Tokyo

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„Spiel zu miiiiiiiiiir....!" schrie der kleine Wirbelwind mit den orangenen Haaren. Er hat tatsächlich die bessere Position als unser Ass, bemerkte ich leicht genervt und erfüllte dem Zwerg deshalb seinen Wunsch. Präzise spielte ich den Ball in Hinatas Hand und mit einem lauten Knall landete er dann im gegnerischen Feld. „JAAAAAA!" kam es aus den Kehlen unserer Mannschaft. Satzball! Wir hatten das Trainingsspiel gegen Nekoma mit 25:23 gewonnen!

Danach gönnten wir uns mit den anderen Mannschaften draußen auf dem Vorplatz der Sporthallen ein üppiges Abendessen, welches uns die Trainer spendierten. Heute war der letzte Abend des Trainingscamps in Tokyo.

„Kageyaaamaaaa, wieso schaust du denn so finster drein? Wir haben doch gewonnen!" Gerade als ich mir eine Ladung gebratenes Gemüse in den Mund schieben wollte, starrten mich zwei braune Augen forschend unter ein paar orangenen Haarsträhnen hindurch an. Ja, es stimmte: wir hatten gewonnen. Dieses Spiel. Dieses eine Spiel. Die anderen Trainingsspiele hatten wir allerdings ausnahmslos verloren... Plötzlich schob sich Hinatas Gesicht direkt vor meines und er schaute mich sichtlich genervt an. Wahrscheinlich weil ich nicht auf seine Aussage reagierte. „Du bist echt mit nichts zufrieden, kann das sein...?!" Sein funkelnder Blick traf mich und dann nahm er ohne ein weiteres Wort seinen Teller, stand auf und setzte sich an den Tisch gegenüber zu Nishinoya, Tanaka und Asahi.

Was fällt diesem Idiot eigentlich ein...?! Wütend biss ich die Zähne zusammen und schluckte die Antwort, die mir förmlich auf der Zunge brannte, zusammen mit dem inzwischen kalten Gemüse herunter. In meiner Hosentasche ballte ich meine Hand zur Faust. Ich hasste es, wenn mich Jemand einfach so stehen ließ. Normalerweise war ich es nämlich, der sich mit einem gepfefferten Kommentar einer Diskussion entzog. Bei diesem Gedanken musste ich dann doch grinsen. Der kleine Trottel kannte mich inzwischen gut genug, um mir den Spiegel vorzuhalten und was ihn anging war mein Geduldsfaden auch deutlich länger als bei jedem anderen aus dem Team... Überhaupt hatte der Knirps eine besondere Wirkung auf mich: egal wie sehr ich mich auch über mich selbst oder andere Mitspieler ärgerte- er schaffte es mit einer erstaunlichen Regelmäßigkeit, dass meine Wut schnell verrauchte. Meistens durch einen (sicherlich meist ungewollt) lustigen Spruch, den er im richtigen Moment abließ. Auch wenn er sich manchmal benahm wie ein Flummi auf Koks- er war wirklich besonders.

Ich schüttelte den Kopf über diese Gedanken und machte mich auf den Weg in das Zimmer, das ich mir mit unserem kleinen Mittelblocker teilte. Dort angekommen fiel mein Blick auf sein Bett. Es spiegelte sehr genau den Charakter seines Besitzers wieder: chaotisch und wild! Die Bettdecke hing halb auf dem Fußboden, das Kissen lag zusammengeknubbelt am Fußende und das Laken war faltig und schief. Wieder musste ich grinsen, denn ich wusste auch, wieso das Bett so chaotisch aussah. Hinata vollführte im Schlaf ganze Trainingseinheiten und zwar ohne, dass er davon etwas mitbekam. Manchmal hörte ich ihn sogar dabei reden... Wieder verzog sich mein Mund beim Gedanken an diesen verpeilten kleinen Kerl zu einem Grinsen. Nachdem ich mir die Zähne geputzt und mich ins Bett gelegt hatte, schlief ich beinahe augenblicklich ein.

„Kageyama, du Vollpfosten.." nuschelte mein Bettnachbar träumend in die Dunkelheit unseres Zimmers, während er sich unter seiner Decke hin- und her bewegte. Ich war hellwach, denn ich hatte gehört, wie er ins Zimmer gekommen war und aus den Augenwinkeln gesehen, wie er sich nur mit Shorts ins Bett gelegt hatte. Ich hatte so getan als schlief ich, aber heimlich schaute ich immer wieder zu ihm herüber, bis er sich unter die Decke gelegt hatte. Wieso mache ich das? Irgendwann zollte auch mein Körper der Müdigkeit Tribut und ich schlief ein.

KageHina - Ich liebe dich, du Idiot (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt