1.3 - Die Diebin

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Der Markt war überfüllt und nicht nur die Gerüche und Stände, drängten sich hier dicht an dicht. Es war kaum möglich durch die Gassen zu schreiten, alle Wege waren maßlos verstopft. Das purpurne Gewant verschwand unter den tausenden Farben in der Masse. Nicht nur das Bauernvolk, hatte sich die Mühe gemacht, auch Rang, Stand und Adel waren unterwegs, um diesen ereignisreichen Tag beizuwohnen.
In Anbetracht der Tatsache, dass es hier viel zu holen gab und noch mehr Möglichkeiten, ungesehen in der Masse zu verschwinden, lag es nahe seinen Geldbeutel in sicherer Umklammerung zu behalten. Letzteres war Sorsha nicht endlich dadurch bewusst, weil sie selber beschossen hatte ihre Überlebenskasse zu füllen. Ein gekonnter Griff ihrer langen, schlanken Finger in einen samt grünen Umhang, fühlte sich, dem Gewicht zu folge, vielversprechend an. Die Münzen verschwanden in ihrem langen Gewand. So schritt sie schnellen Ganges durch die Masse, nur um von einem unbeholfenem Bauernjungen angerempelt zu werden, so das ihre Kapuze herunter rutschte und ihr braunes lockiges Haar freigaben. In den rehbraunen Augen schimmerten Hass und Befriedigung um die Wette und sie wirkte entschlossen und voller Zuversicht.

Schnell hatte sie sich einen Weg aus dem Getümmel der bunten Stände und endlosen Stoffbahnen gesucht, um an der nächsten Ecke wieder auf einen Pulk, stehender Menschen zu treffen. Der Geruch der exotischen Gewürze, die erst seit ein paar Jahren wieder auf dem Markt zu finden waren, zog immer noch, hinter ihr in die beengte Gasse. Es dauerte eine ganze Weile, bis Sorsha es geschafft hatte, die endlosen Todesfallen zu umgehen und von dem kleinem Hügel vor den Stadttoren auf das geschehen blickte. Während Händler und Reisende weiter an ihr vorbei in Richtung der Massen drängten, beschloss sie die kleine Taverne am Rande das Waldes aufzusuchen. Die Beerdigung würde auf den Südhügeln zur Mittagssonne statt finden, bis dahin war noch eine menge Zeit und nun hatte sie auch das nötige Geld um sich für den Tag zu stärken.

Die Taverne war beengt und brachte nicht die erhoffte Freiheit. Das wabernde Licht der kleinen bleiverglasten Fenster, beleuchtete den Staub, der in der Luft zwischen den Männern tanzte. Frauen waren selten in den solchen Absteigen anzutreffen, besonders wenn die Männer zahlreich waren und ihnen der Alkohol schnell zu Kopf stieg. Sorsha war das gewöhnt, und hatte zu ihrem Schutz die Kapuze wieder über ihre Haare gezogen. Zu oft hatte sie in den miesen Spielunken übernachtet, oder war dort eingekehrt, um unterzutauchen. Das kurze Schwert, welches an ihrem Ledergut unter dem Mantel befestigt war, klimperte als sie sich auf die schäbige Holzbank nieder lies. Wenn es nötig war würde sie nicht zögern ihr Leben zu verteidigen.

Den heutigen Tag würde sie genießen. Auch wenn sie die Rache nicht selber hatte vollführen können, so war es eine Genugtuung zu wissen, das der Mörder ihrer Familie seine Strafe bekommen hatte. Ihr Ziel war es ihm in sein lebloses Gesicht zu sehen und diesen Triumph aus zu kosten, welche sein steifen Züge ihr bringen würden. Die Vorstellung alleine entlockte ihren Mundwinkeln ein grinsen und in ihrem inneren genoss sie das Gefühl des Sieges. So viele Jahre hatte sie darauf gewartet und heute sollte es so weit sein. Als die Fragen der Zukunft sich in ihre Gedanken drängten, verschwand das Lächeln schlagartig. Sie würde es nicht zulassen, das so etwas noch einmal passiert, dass sich dieses Drama vergangener Tage, das Erlebnis ihrer Kindheit, ein zweites mal in ihrem Land abspielen würde.

The Story of Evil (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt