1.9 - Alleine

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Rins Züge waren wieder die eines Kindes und sie befand sich im inneren des Schlosses, welches aus den jungen Augen viel größer und leerer wirkte, als es die letzten Jahre der Fall gewesen war. Die tief Schwärze hatte sich über die Gänge gelegt und eine frostige Kälte, griff nach ihr. Rin saß in ihrem seidenem Nachthemd auf dem Bett ihres Schlafgemaches. Ein roter Handabdruck entstellte ihre helle Haut und Tränen kullerten über ihre runden Kinderwangen. „Das würde sie nie sagen" hatte er gepresst hervorgebracht, nachdem die flache Hand mit einem brennenden Schmerz auf ihrer Wange aufgeschlagen war.

Wirr drehten sich ihre Gedanken um ihr letztes Gespräch. Sie hatte sich ihrem Vater entgegen gestellt und ihn unter Tränen gefleht, er sollte Lan zurückholen, doch der alte Mann, der auf einmal viel entschlossener wirkte, hatte keine Verständnis für ihre Bitte. „Er wird dich vernichten, mir wegnehmen" hatte er gesagt, bevor Rin auf die zarten Knie gefallen war und mit geballten Fäusten auf die Beine ihres Vaters einschlug. „Ich hasse dich" Hatte sie mehrfach gerufen und bei jedem Satz schien es, als wenn das Gesicht das Königs an Farbe verlieren würde. Plötzlich hatte er ausgeholt.

Das Brennen den dieser Schlag hinterlassen hatte war nichts im Vergleich zu dem Schmerz den Rin in ihrer Brust fühlte. Es war als hätte ihr jemand das schlagende Herz herausgerissen, als hätte man einen wichtigen Teil von ihr entfernt, ein Teil den sie unweigerlich zum existieren brauchen würde. Glasigen Blickes schaute sie zu der Stelle, wo Lens Bett vor kurzem noch gestanden hatte. In ihren Händen, die auf ihrem Schoß ruhten, hatte sie sein schwarzes Haarband, welches er immer getragen hatte um seine, für einem Jungen seines Alters, viel zu langen Haare unter Kontrolle zu bringen.

Sie hatten ihre ganze Kindheit zusammen verbracht und nun war er fort. Die Dunkelheit des Traumes kroch auf die zierliche Gestalt zu und verschluckte das Bild in einer absoluten Schwärze.

Rin erwachte keuchend und richtete sich schlagartig auf. Dabei glitt der Samt der Decke von ihren weiblichen Kurven hinab in ihren Schoß. Nur ein schmales Leibchen bewahrte sie vor der endgültigen Blöße. Schnell suchte sie mit ihren Blicken Len, um sich zu vergewissern, dass er kein Traum war, doch das Zimmer war leer. Die Morgenröte glitzerte flach durch das Fenster und der Staub schwebte regungslos umher, so als wenn für ihn die Zeit angehalten worden wäre. Das Gefühl der Einsamkeit und der Trauer zog sich um ihr Herz zusammen. War ihr innerer Wunsch nach Len so groß geworden, jetzt wo ihr Vater nicht mehr da war und sie niemandem mehr hatte, dass sie fantasierte? Sie vergrub, wie so viele male zuvor, eine Hand in ihrem hübschen Gesicht, als sich die schwere Zimmertür öffnete.

The Story of Evil (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt