1.4 - Mit geschlossen Augen

290 52 13
                                    

Sie schloss ihre Augen und spürte die hereinfallende Wärme auf ihren Wangen. Auch als Kind hatte sie schon lockige lange braune Haare gehabt. Der Hof ihrer Eltern, am Rande der Siedlung, war das Herzstück der Umgebung gewesen. Ihr Vater, ein in ihrer Erinnerung jünger wirkender, Mann mittleren Alters, mit harten Zügen und kurzen schwarzen Haar, war ein tüchtiger Mensch, der seine Familie über alles liebte. Ihre Mutter hatte graues Haar und dieselben rehfabenen Augen wie Sorsha. Welche Haarfarbe ihre Mutter in jungen Jahren wirklich gehabt hatte, wusste sie nicht mehr. In ihrer Erinnerung gab es nur Bilder mit dem silbergrauen Haar. Beide Eltern waren schlank und für ihre Verhältnisse groß gewesen, aber vielleicht war das auch ein Produkt ihrer kindlichen Erinnerungen. Was sie aber genau wusste, war dass ihre Eltern sich für keine Arbeit oder Hilfe zu schade gewesen waren.

Vor Beginn ihrer Erinnerungen, musste es eine menge Tiere auf dem riesigen Hof, mit seinen endlosen Ställen und Weiden gegeben haben, doch Sorshas Gedanken reichten nicht weit genug zurück, um sich an die Blütezeit der Familie Erinnern zu können. Statt­des­sen blieb das Bild, dass von Tag zu Tag weniger Tiere auf dem Anwesen lebten, bis der Viehbestand in den kleinen Stall neben dem Haupthaus passte. Die Tage wurden grau in ihren Gedanken und das Gesicht ihrer Eltern viel immer weiter ein. Sie hatte das als Kind kaum wahrgenommen, da ihre Eltern immer schon schlank waren und verstehen konnte das junge Mädchen von gerade einmal 5 Jahren es sowieso nicht, hatte sie doch bis zum bitteren Ende, immer genug zu Essen gehabt. Es kam der Tag, an dem nur ein paar Hühner und Melle, Sorshas liebstes Tier, eine kleine braune Ziege, ihr größter Spaß und Spielgefährte im Stall lebten. Der Hass in ihrem Herzen loderte auf wie einen Funken einer vergangenen Glut, die der Wind neu entfacht.Noch bevor die blutigen Bilder Ihrer Kindheit sich wie ein purpurner Teppich vor ihrem innerem Auge ausbreiten können, reist sie eine raue, süffige Männerstimme aus ihrer Vergangenheit.

„Ei kleines, na wie wärs!“ Zischte der rundliche Mann, der zweifels ohne zu viel von dem Gesöff hatte und sein unrasiertes Gesicht, war nur eine handbreit von ihrem entfernt. Es wirkt fast so, als wollte er sich vergewissern, dass unter der Kapuze wirklich eine Frau lauerte und es nicht nur der Alkohol war, der ihm vorgaukelte, ein weibliches Geschöpf vor sich zu haben. Sorsha war angewidert. Ohne auf die Provokation einzugehen, erhob sie sich schweigend von ihrem Platz, was zu Folge hatte, dass sie auf ihr gegenüber mit dem staubig weisen Hemd und der kaputten Hose herunter schauen konnte, da dieser eine weile brauchte, um zu erkennen dass ihr Gesicht sich von der Stelle gelöst hatte und verschwunden war. Noch bevor er sich ganz aufgerichtet hatte, war Sorsha an der schweren Holztür mit dem Eisenbeschlag, den abgenutzten Knauf in der Hand. Ein letzter Blick in den schattigen Raum verriet ihr, dass der Mann verwirrt nach ihr suchte. Ihr Züge lockerten sich und eine Hauch vom Mitleid machte sich auf ihrem Gesicht breit. Was ihn wohl an so einem Tag, in solch eine Absteige getrieben hatte und dann auch noch in so einem Zustand. In einer fließenden Bewegung öffnete sie die Tür und das Licht flutete ihren Körper.

The Story of Evil (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt