Epilog - I know you will be there

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Ist es ein Fairytale gone bad?

Ein Schock für Samu Haber und Yvonne Catterfeld! Wie geht es jetzt bloß weiter?

DAS hat keiner kommen sehn!

Das The Voice Baby ist blind!

Mit einem dumpfen Ausschnauben, rieb sich Yvonne die Hände durch das Gesicht und versuchte die Vielzahl an Emotionen, die in ihr aufkamen zu unterdrücken, während ihre Hand nur zitternd ihre Haut entlangglitt. Womit hatten sie das nur verdient?
Social Media und die Klatschpressen waren voll mit solchen Schlagzeilen und diese vier sollten noch wenige der harmlosen gewesen sein, die in schwarzer Schrift auf weißes Papier gefunden hatten.
Seit Yvonne und Samu erfahren hatten, dass ihre Tochter wirklich blind war und die Presse durch einen unaufhaltsamen Assistenzarzt davon mitbekommen hatte, gab es keine freie Minute mehr, die sie nicht damit verbracht hatten Interviewanfragen, oder lästige Anrufe entgegenzunehmen, die sie nicht beantworteten. Wie könnten sie auch? Alles hätten sie dafür gegeben, dass die Medien ihre unschuldige Tochter in Ruhe ließen, doch sie waren Aßgeier, die nur auf den nächsten Schatten warteten, um sich unauffällig aus den Lüften auf ihre Beute stürzen zu können. Nicht einmal die leiseste Chance eines Entkommens...
Entrüstet, ließ Yvonne sich in die Sofakissen fallen und fuhr sich verzweifelt durch ihre braunen Haare, die mittlerweile zu allen Seiten abstanden. Stress, purer Stress, waren die letzten Tage gewesen und das nicht nur physisch, sondern besonders mental. Würde es wohl ewig so weitergehen? Wie viele uninformierten und haltlosen Behauptungen konnte die Presse denn noch produzieren? Wussten sie denn nicht, was sie der kleinen Familie damit antaten? Was sie Yvonne damit antaten, indem sie immer und immer wieder ihre Entzündung in dem 4. Schwangerschaftsmonat hervorriefen, die dazu geführt hatte, dass Juna ihr Augenlicht überhaupt verloren hatte?
Es war nicht die Einschränkung ihrer Tochter, welche sie an den Rande der Verzweiflung treiben würde, sondern es war die Gesellschaft und ihr Umgang mit ihrer Situation.
Als die erste Schlagzeile vor gut zwei Wochen, kurz nach Junas Diagnose, erschienen war, war Samu vollkommen ausgerastet. Wutentbrannt, verzweifelt. So sehr, dass Yvonne ihr schreiendes Baby, welches sich vor der lauten Stimme ihres Vaters erschrocken hatte, in den Arm nehmen musste, als er seine Hand kraftvoll gegen die Tischplatte geschlagen hatte, als wisse er nicht, was er sonst tun könnte.

Das The Voice Baby – Blind Audition fürs Leben!

, hatte die Schlagzeile gelautet und sie hatte nicht nur das Blut von Yvonne gefrieren lassen, sondern insbesondere das des großgebauten Finnen, dessen Miene sich zu einer Dunkelkammer verfinstert hatte.
Sein Blick war kalt gewesen. Eiskalt, dass es Yvonne glatt eine Gänsehaut über ihren Rücken gejagt hatte, denn so außer sich und in Rage hatte sie ihren Freund in 4 Jahren Beziehung noch nie gesehen und die Wut, die er gegen die Welt da draußen gehegt hatte, hatte ihr für den Bruchteil einer Minute gar Angst in die Adern getrieben.
Doch alles was Samu gewollt hatte, war seine Familie zu schützen und diese Münder der Lästerei zu verbieten, die verurteilt gehörten. Und dass er nichts der Gleichen tun konnte, hatte ihn energisch seine Hilflosigkeit zum Ausdruck bringen lassen, ohne dabei darüber nachzudenken, was es auslösen könnte. Es war die eine Sache, dass sie sich mit ihrer Situation arrangierten und die best möglichen Behandlungen und Kurse annahmen, um ihrer Tochter zu helfen und sie in ihrer Zukunft noch unterstützen zu können, aber es war eine andere zu lesen, was die Presse glaubte zu wissen, wie schlimm es war und es schlecht redete, als wäre es eine Tod-vorhersehende Krankheit, oder als hätte das Leben als Blinde kaum noch einen Wert. Sie hatten doch alle einfach keine Ahnung.
Es brach Yvonnes Herz noch immer, wenn sie daran dachte, oder wenn sie diese Worte in der Zeitung las. Wie konnten Menschen nur so am Profit orientiert sein, dass sie die Wunden der Beteiligten ignorierten, die sie mit ihren Worten aufrissen?
"Please, honey. Don't read that. ", unterbrach auf einmal eine ihr vertraute, mitfühlende Stimme ihre Gedanken, die sie gleich so anfühlte, als könnte sie ein Pflaster über jene Wunden spannen.
Samu war gerade um die Ecke ins Wohnzimmer gebogen, wo er Yvonne mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck auf der schwarzen Garnitur vorgefunden hatte. Ihre Augen die selbst aus der Ferne verräterisch glänzten, als sie von der Decke weg und in Richtung seiner besorgt-liebevollen Stimme sah, hatte er sofort bemerkt und es brach ihm sein Herz. Er hatte zwar nicht gesehen, dass sie die Zeilen der Zeitschriften überflogen hatte, aber selbst von Weitem erkannte er das Bild von ihnen beiden, welches das Cover der Zeitung zierte, die auf Yvonnes Schoß ausgebreitet in vier kleinen Abschnitten lag. Schön groß und auffällig, damit auch ja jeder das Trend-Thema der Woche mitbekam und sie sich an einer Neuigkeit ergötzen konnten, die sie einfach nichts anging.
Nicht, dass Samu und Yvonne ein Geheimnis aus der Blindheit ihrer Tochter machten, oder gar versuchten es zu verstecken, denn das würden sie niemals wagen. Sie war ein Teil von Juna und von ihrem gemeinsamen Leben als Familie. Aber eben dieses gemeinsame Leben als Familie war es, welches nicht an die Ohren der breiten Öffentlichkeit gehörte. Besonders, wenn die Öffentlichkeit nicht reflektierte, was sie von sich gab und nicht so unhinterfragt voreingenommen reagieren. Würde sie doch nur wenigstens genauer nachdenken, was sie über Juna schrieb, die nicht ewig so klein bleiben würde, dass sie von alle dem nichts mitbekam...
Die Tränen in Yvonnes Augen, die fast von ihren dunklen Augenringen aufgefangen wurden, erweckten Samus Aufmerksamkeit, doch er wusste, dass er wohl kaum besser aussehen musste. Sie beide waren einfach völlig neben der Spur und es schmerzte Samu zu sehen, was diese Worte bei seiner Freundin auslösten, ohne, dass er etwas dagegen tun konnte.
„They are not worth a thought.", versuchte er Yvonnes Laune deshalb bloß sanft mit Worten zu beschwichtigen und sprach dabei nichts als die Wahrheit.
Doch anstatt ihm wirklich zu antworten, nickte Yvonne nur und schluckte den Kloß in ihrem Hals erneut herunter, bevor sie das Bündel in Samus Armen erkannte, welches zur selben Zeit ein feines Lächeln bei der Sängerin durchscheinen ließ. Aber wie konnte es das auch nicht?
„Wolltest du sie nicht ins Bett bringen?", fragte sie daraufhin leicht stichelnd, wobei man ihrer Stimme dennoch die Mitgenommenheit und Traurigkeit anhörte, die sie versuchte zu überspielen. Sie konnte sie nicht verstecken.
Bloß der Anblick ihrer Tochter ließ all das Negative und den Druck um sie herum in Vergessenheit geraten, und wenn es nur für wenige Augenblicke war.
Automatisch rutschte ein verlegenes Lachen über Samus Lippen, als er auf Yvonnes Reaktion hin wieder zu Juna schaute, die seelenruhig an seinem Finger nuckelte, während ihre Augen schon halb zugefallen auf seinen Körper gerichtet waren. Ihr Herzschlag, der ganz sanft, kaum spürbar neben seinem schlug und ein Gluchsen, welches ihre Zufriedenheit zum Ausdruck brachte. Mit ihr war alles gleich so viel besser und er wusste, dass diese Magie der Nähe des eigenen Kindes wohl niemals verfliegen würde.
„Ich wollte warten auf dich, damit wir sie gemeinsam ins Bett bringen können.", gestand er ihr, weil er wusste, dass Yvonne es liebte ihre Tochter gemeinsam mit ihm in den Schlaf zu singen, schien dies das kleine Mädchen doch am ehesten zu beruhigen. Schon seit dem ersten Tag an, hatten die Stimmen ihrer Eltern eine beruhigende Wirkung auf das kleine Mädchen gehabt, als könne sie sie bereits jetzt genau zuordnen. Besonders, wenn es sich dabei um das Lied handelte, welches Yvonne selbst erst vor einigen Wochen für Samu geschrieben hatte. Dessen Zeilen in ihrer Schwangerschaft entstanden und mit größter Liebe an Samu gerichtet waren, doch von denen Yvonne immer mehr realisiert hatte, wie gut sie auf ihre jetzige Situation und ihre Familie passten.
Keine zwei Sekunden hatte Yvonne gezögert um aufzustehen und neben ihren Freund zu schreiten, der ihre müde Tochter im Arm wiegte, die kurz zufrieden lächelte, als würde sie ihre Mutter durch irgendwelche Sinne neben sich wahrnehmen können. War dies überhaupt möglich? In dem Alter?
Mit einem verträumten Blick und einer zarten Berührung, zeichnete Yvonne die Wangenknochen und die Nase ihrer Tochter nach, genauso, wie sie es vor 3 Wochen im Krankenhaus getan hatte, als sie Juna zum ersten Mal halten durften. Noch immer waren beide Elternteile sich sicher, dass nichts dieses kleine Geschöpf überstrahlen könnte und dass, obwohl sie ihnen regelmäßig den Schlaf raubte, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber das gehörte wohl nun mal dazu.
„Ich bringe sie sehr gerne mit ins Bett!"; bestätigte Yvonne sanft und schenkte Samu dann einen gefühlvollen Kuss auf seine strahlenden Lippen, die sie daraufhin in einen weiteren etwas längeren Kuss verstrickten, von dem sie sich am liebsten nie wieder gelöst hätte. Aber das kleine Schluchzen aus den Armen des Finnen machte sie darauf aufmerksam, dass jemand ganz dringend ins Bett wollte, schließlich war es ja auch schon fast 2 Stunden über ihrer eigentlichen Zeit und die Sonne war bereits in einem tiefen rot hinter den angrenzenden Häusern verschwunden. Höchste Zeit also für ein 3 Wochen altes Baby ihren Schlaf zu bekommen.
„And Afterwards I want to cuddle a little bit.", ergänzte Samu dann jedoch noch schelmisch in der Hoffnung Yvonnes Gedanken dadurch noch etwas länger von den plagenden Schlagzeilen fernzuhalten, denn mit dieser Torheit und Narrheit, sollte sich nun wirklich keiner herumplagen und erst recht nicht seine wunderbare Freundin.
„Of course you did.", stibitzte sich die Sängerin noch flink einen weiteren kurzen Kuss, bevor Samu ihr galant die Treppe in das Kinderzimmer ihrer gemeinsamen Tochter folgte, wo er Juna vorsichtig ins Schaukelbettchen legte und sanft die Decke um ihren Körper glatt strich, damit sie auch ja nicht in der Nacht fror. Als würde sie das jemals tun, schließlich trug sie finnisches Blut in sich.
Worte, oder ein Zeichen brauchte es nicht, denn trotz der wenigen Wochen hatte sich bereits die Routine bei Yvonne und Samu eingebürgert, die Yvonne dazu brachte ihrer Tochter einen zarten Kuss auf die Stirn zu hauchen, bevor sie sich an Samu kuschelte und die beiden gemeinsam anfingen ihr persönliches Lied zu singen, welches niemals das Licht der Öffentlichkeit erreichen würde, denn es war einzig und allein für ihre kleine Familie bestimmt und so würde es auch immer bleiben. Was sonst schien ihnen in diesen Zeiten denn noch privat zu bleiben?

Here with You on broken glassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt