∆ Chapter 7: Promise ∆

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"Was hast du mit den anderen gemacht?", rief Emma nach vorne, sie selber war viel zu langsam, um mit Lilith mithalten zu können.
Sie ignorierte sie jedoch nur, stattdessen brüllte sie die Namen ihrer Begleiter.
"Barbara, Cislo, wo seid ihr?", röhrte sie durch den langen, dunklen Gang.
Sämtliche Türen standen offen, nur die zum Speisesaal nicht. Lilith holte mit dem Bein aus und trat gegen diese Tür.
Stühle polterten durch den Raum, der Anblick der Kinder war höchst amüsant.
Cislo lag am Boden und raufte sich mit Thoma, Lannion, Jemima und Alicia, während die Älteren Barbara bedroht hatten. Sie wurde jedoch, genau wie die Stühle, von der Tür gestoßen und lag nun ebenso auf dem Boden.

"Geht's euch gut?", fragte Emma besorgt. Gilda hastete vor und schloss sie in ihre Arme.
"Gott sei Dank seid ihr beide wohlauf", jubelte sie, eine kleine Träne rollte ihr Gesicht hinunter.
"Und der Alte ist auch da..."
Erst jetzt fiel ihr Blick auch auf die dritte fremde Person, die sich Zutritt zum Bunker verschafft hatte.
"Gilda? Bist du das?", fragte die Größere und kniete sich hin, Gilda wich blinzelnd zurück.
"Damals hast du noch keine Brille getragen."
"Emma, wer ist das?", fragte sie verwirrt.
"Das ist Lilith, sie ist mit uns aufgewachsen", antwortete Ray stattdessen und zeigte auf die anderen beiden Eindringlinge.
"Aber wer sind die da?"
Die Rothaarige rieb sich verlegen den Hinterkopf.
"Das sind Barbara und Cislo, die beiden sollten eigentlich nur die Kinder hier versammeln."
"Und du solltest mithelfen!", entgegnete Cislo patzig und hievte sich auf die Beine.
"Na warte, dich knöpfe ich mir vor!"
"Stopp!", rief Emma und stellte sich vor Lilith auf.
"Ihr dürft Minervas Stellvertreter doch nicht verletzen! Sie ist doch auch euer Boss!"
Barbara begann zu lachen.
"Sie hat euch wirklich erzählt, sie sei Minervas Stellvertreter?", sprach sie und verfiel in einen lauten Lachanfall.
"Die ist nie im Leben sein Stellvertreter. Vincent ist das doch schon", stieg Cislo ein, Lilith verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.
"Das ist echt nicht nett, wisst ihr?", protestierte sie.

Die Kinder ließen nun endlich von Barbara und Cislo ab und bildeten eine Traube um Lilith.
"Du bist Minervas Stellvertreter?", fragte Yvette begeistert, was allerdings Empörung im Hintergrund auslöste.
Emma schmunzelte und sah zu Ray.
"Ich hätte nicht gedacht, dass die Erwachsenen hier kindischer sind als die eigentlichen Kinder", meinte sie belustigt.
"Irgendwie müssen die ja ihre verlorene Kindheit aufholen", sprach der Schwarzhaarige nur und hob die Schultern.
"So, Kinder", meinte Lilith, nachdem sie sich von ihren Begleitern abgewandt hatte.
"Macht euch fertig, wir brechen auf."
"Wie jetzt?", fragte Emma stutzig. Sollten sie jetzt etwa alle zusammen den Bunker, ihren einzigen, sicheren Zufluchtsort, verlassen und durch die Einöde wandern? Sie hatte gesehen, was mit dem Mann geschah, kurz bevor sie die Koordinaten erreichten. Die Welt da draußen war gefährlicher als sich die meisten Kinder vorstellen konnten.
"Denkst du, wir wollen hier Wurzeln schlagen und auf ewig auf Nichts warten?", meinte Lilith und hob die Schultern.
Yugo stellte sich schützend vor Emma und Ray auf, er funkelte die Rothaarige an.
"Ich lasse keines der Kinder noch einmal in diese Welt raus, sie bleiben alle hier bei mir", sprach er unbeeindruckt.
Emma blickte überrascht zu ihm hinauf. Nur zu gut erinnerte sie sich an ihre erste Begegnung, als der Alte sie beinahe erschossen hatte, nun wirkte er jedoch vollkommen verändert. Als hätte das kleine Gespräch vor dem unheimlichen Opfer des Mannes kleinste Emotionen ausgelöst, die einen kompletten Persönlichkeitsumschwung verursachten.

"Wenn du hierbleiben willst, dann bleibe doch. Niemand wird dich zwingen, mitzukommen", meinte Lilith unbeeindruckt und hob den Arm an, um dem Größeren auf die Schulter zu klopfen.
"Aber ich werde diese Kinder zu Minerva bringen. Er kennt den Weg, wie wir in die Menschenwelt kommen. Mittlerweile sollte Goldy Pond auch wieder sicher sein."
"Wie jetzt?", entgegnete Yugo sofort.
"Die Monster dort sind nicht so leicht zu besiegen, das hast du doch selber gesehen!"
"Aber ich vertraue Minerva."
Die Rothaarige hockte sich vor Emma hin und sah ihr freundlich in die smaragdgrünen Augen.
"Bitte kümmere dich darum, dass die Kinder hier bis morgen früh belehrt und mit Waffen ausgerüstet sind", bat sie.
Emma hatte ein mulmiges Gefühl bei der Sache, fragend blickte sie zu Ray, doch auch er schien ratlos.
"Wir müssen ihnen einfach vertrauen, wenn wir zu Minerva wollen", flüsterte sie ihm zu.
"Aber was ist, wenn sie uns in eine Falle locken wollen?"
"Sie ist aus Grace Field, so wie wir auch. Sie wird uns sicherlich nicht verpfeifen."
Ray schnalzte mit der Zunge und drehte sich weg.
"Ray, bleib' hier", seufzte Emma und folgte dem Schwarzhaarigen, er lief bis zum Piano und öffnete den geheimen Waffenraum. Wortlos verschwand er in dem dunklen Raum und stapelte große und kleine Schusswaffen samt Munition auf seine Arme. Emma beobachtete ihn traurig schweigend und ließ den Kopf hängen. Ray drehte sich um und stakste zum Ausgang, blieb im Türrahmen neben Emma stehen, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
"Tue mir einen Gefallen", flüsterte er leise und atmete tief ein.
"Hör' auf, so gutgläubig zu sein. Nicht jeder Mensch hat immer Gutes im Sinn, es gibt auch Leute, die einen böswillig hintergehen."
"Aber was ist, wenn sie uns wirklich helfen wollen?", entgegnete Emma leise.
"Du hast doch bei dem Alten gesehen, was passiert ist. Er hätte dich fast umgebracht!"
Sie ließ den Kopf hängen.
"Er hat mich aber nicht getötet, er hat mit Absicht daneben geschossen."
Ray verlagerte das Gewicht der Waffen auf einen Arm, den anderen hob er an und krallte sich in Emmas Schulter, funkelte sie an.
"Und was wenn nicht? Was, wenn er dich wirklich töten wollte? Was, wenn der Mann vor Goldy Pond nicht gekommen wäre, hm? Dann wären wir jetzt alle tot."
Er ließ seine Hand wieder sinken und seufzte leise auf.
"Du kannst nicht mit jedem reden und erwarten, dass die Welt wieder gut wird. Mit dieser naiven, gutgläubigen Art läufst du nur direkt in den Tod. Da kannst du dich genauso gut einfach erhängen."

Ray verließ den Raum nun entgültig und ließ Emma allein zurück.
Niedergeschlagen knabberte sie an ihrer Unterlippe. Sie musste sich eingestehen, dass Ray nicht ganz Unrecht hatte, dennoch wollte sie ihr Herz nicht vor derer verschließen, die ihr helfen wollen. Sie fand, dass Ray ein wenig offener sein sollte, denn ohne Vertrauen würden sie auch nicht zu Minerva gelangen.
"Ich vertraue Lilith und den anderen", murmelte Emma für sich.
"Aber ich werde vorsichtig sein. Das verspreche ich dir, Ray."

One by One •|• The Promised Neverland FanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt