Nach einigen Minuten beginnt der Wettbewerb auch. Adrien ist erst nach einigen Runden dran. Er besiegt seinen Gegner locker und steigt immer weiter auf, bis er im Finale ist. Er kämpft gegen einen anderen Schüler, den ich noch nie gesehen habe. Auch als er die Maske abnimmt, kann ich zu dem Gesicht keinen Namen hinzufügen.
Adrien besiegt diesen auch, wobei er es nur sehr knapp schafft. Es war wirklich ein sehr heftiges Spiel. Das Publikum war sehr unterstützend. Es gab keine besonderen Unauffälligkeiten. Die Gegner waren natürlich gut, aber Adrien war besser. Sein Leben besteht aus dem Motto: Sei der Beste. Schon irgendwie traurig. Er kennt wahrscheinlich keine Kindheit. Ich kenne zwar auch keine wirkliche, aber immer noch mehr als er. Er muss es unbedingt nachholen. Er würde so viel an Persönlichkeit gewinnen. Er würde Hobbies finden, die ihm wirklich Spaß machen. Nicht so wie Fechten, Klavier spielen oder Sprachen lernen die er höchstwahrscheinlich nie wieder brauchen wird.
Ich bringe ihn danach, wie besprochen zu seinem Fotografentermin im Park. Wie kann er das nur aushalten wie eine Puppe von hier nach da geschoben zu werden? Ich schaue dabei nur zu. Sobald Adrien aber vorbereitet ist, hole ich das Tablet aus dem Wagen und rufe wie befohlen Madame Sancoeur an. Sie nimmt den Anruf direkt an. Ihr Gesicht zeigt keine Emotionen. Wieder diese Maske.
„Guten Tag. Das Shooting hat angefangen", erkläre ich und richte den Bildschirm auf Adrien, welcher auf dem Rand von einem Springbrunnen sitzt und grade mit dem Fotografen seine Posen bespricht. Er winkt in die Kamera und erst da erkenne ich, dass Monsieur Agreste neben Madame Sancoeur steht. Er gibt dem Fotografen Anweisungen für die Fotos und auch, wie genau er diese schießen und bearbeiten soll. Dann fängt Adrien an sich in verschiedene Posen zu setzen. Ma ich seine Hand über seinem Kopf, mal über seinen Augen, oder er stützt sich mit beiden Armen auf den Rand des Brunnen ab.
So verläuft die nächste Dreiviertelstunde. Mitten im Shooting fängt mein Magen an zu knurren. „Ich habe heute ganz vergessen etwas zu essen. Und zu trinken. Mist. Ich muss es gleich mal nachholen." Denke ich mir nur.
„Madame Trombel, das Shooting ist fertig. Bringen Sie Adrien direkt ins Anwesen. Ich warte hier auf Sie", höre ich die Stimme von Nathalie Sancoeur durch die Lautsprecher des Tablets. Ich nicke und eine Sekunde später hat sie auch schon aufgelegt.
Sobald Adrien seine Sachen zusammengepackt hat und wir uns vom Fotografen verabschiedet haben, setzten wir uns wieder ins Auto und fahren zurück zum großen, weißen Haus. Als wir ankommen, übernimmt Antoine die Aufsicht von Adrien und ich folge Madame Sancoeur in ihr, ich meine: in unser Büro. Sie erklärt mir wie man verschiedene Bestellungen tätigt, was man bestellen soll und wo man es bestellen soll. Ich steige direkt in die neue Arbeit ein.
Nach ungefähr anderthalb Stunden bin ich dann auch fertig mit den Bestellungen verschiedener Obstsorten, Modemagazinen und anderen Dingen. Man könnte das ganze auch in den Läden in der Stadt besorgen, aber offenbar ist das alles zu aufwendig. Als Madame Sancoeur dann sieht, dass ich fertig bin, ist sie relativ erstaunt, denn sie hatte offenbar erwartet, dass ich hier bis 20 Uhr rumsitze und Bestellungen tätige.
„Wenn Sie schon fertig sind, können Sie ja schon einmal ihre Sachen packen. Sie hatten heute keine Mittagspause. Das tut mir leid. Es war heute für alle sehr stressig. Sie dürfen dann jetzt auch schon gehen. Ich werde Sie heute nicht weiter brauchen. Seien Sie morgen um 6:15 Uhr da. Sie werden mich morgen zu einem Event begleiten. Antoine wird hier bleiben. Ich wünsche ihnen eine gute Nacht.", erklärt mir die Frau neben mir mit sanfter, aber dennoch direkter Stimme.
„Dankeschön. Ich wünsche ihnen auch noch eine gute Nacht.", erwidere ich nur und lächle sie leicht an. Sie schmunzelt nur, was äußert ungewohnt aussieht. Ich verstehe auch nicht warum sie schmunzelt, was sie offenbar an meinem Gesichtsausdruck merkt, denn kurz nachdem sie meinen Blick sieht, fängt sie an mir etwas zu erläutern:
„Wissen Sie, hier ist der Feierabend sehr spät. Ich gehe schlafen, wenn Monsieur Agreste es mir sagt oder er selber schlafen geht. Ich bin ihr Boss. Wenn ich ihnen sage, Sie sollen schlafen gehen, dann nutzen Sie diese Gelegenheit. In einigen Tagen werden Sie hier viel länger sitzen müssen. So wie ich. Also genießen Sie ihre freien Abende."
„Ich verstehe. Wenn Sie wollen können Sie mich aber auch gerne mal begleiten. Ich denke es würde ihnen auch sehr gut tun mal außerhalb dieses Anwesens und unabhängig von ihrer Arbeit etwas zu unternehmen.", schlage ich ihr etwas fröhlicher als gewollt vor, „Aber natürlich nur wenn Sie wollen"
Ihre Miene erhellt sich wieder etwas mehr. Anscheinend hat seit langen niemand so etwas zu ihr gesagt.
„Das wäre mir wirklich eine Ehre. Aber wie gesagt, ich regle meine Arbeitszeiten nicht. Deswegen kann ich ihnen das auch nicht sagen." Entgegnet mir die Frau mit der roten Haarsträhne nur.
Ich nicke nur verständnisvoll und ordne meinen Schreibtisch zu Ende ein. Aus dem Telefon von Madame Sancoeur höre ich Monsieur Agrestes Stimme: „Nathalie. Kommen Sie bitte kurz zu mir."
Madame Sancoeur ergreift ihr Tablet, lächelt mir nur kurz zu und verlässt dann das Büro. Die arme Frau. Was hält sie denn hier? Laut ihrer Erzählung ist die Arbeit für sie noch anstrengender als für mich. Und sie soll auch noch Gesundheitliche Probleme haben.
„Monsieur Agreste, Sie haben mich gerufen?" höre ich Madame Sancoeur leise durch das Telefon von ihr.
„Genau. Es tut mir leid, aber ich habe das Gespräch zwischen dir und Madame Trombel gehört. Ich möchte dir den restlichen Abend freigeben. Du hast es verdient. Unternimm etwas mit Madame Trombel oder mit Freunden von dir. Wenn etwas ist, Antoine ist ja hier." , erkenne ich die Stimme von Monsieur Agreste etwas deutlicher.
Shit. Ich sollte das nicht mit anhören. Das darf ich doch gar nicht. Das ist Eingriff in die Privatsphäre. Gibt es hier Kameras? Ich weiß es nicht. Einfach weiter ordnen. Dann fällt niemandem etwas auf.
„Das ist sehr Großzügig von Ihnen, aber das ist wirklich nicht nötig. Ich weiß nicht einmal, was ich tun soll und ich würde spät wieder zurückkommen und ich will Sie nur ungern wecken.", höre ich die Stimme von Madame Sancoeur leise entgegnen.
„Madame Trombel. Kommen Sie bitte in mein Büro", höre ich die Stimme durch den Lautsprecher am Telefon von Madame Sancoeur. Shit. Ich hänge mir meine Tasche um die Schulter und beeile mich um in das Büro meines Chefs zu kommen. Ich klopfe an, straffe meine Schultern und trete ein. Ich stelle mich neben Madame Sancoeur und sage mir sehr höflicher Stimme: „ Sie haben nach mir gerufen?"
Monsieur Agreste nickt und ich erkenne nur, wie sich die Augen von Madame Sancoeur schließen und wieder öffnen.
„Richtig. Haben Sie heute Abend noch etwas vor? Ich glaube nicht, denn in ihrem Gespräch hat es sich nicht so angehört. Liege ich richtig?" äußert Monsieur Agreste von sich.
„Sie haben recht" erwidere ich nur. Ich habe wirklich nichts vor. Außer mich in mein Bett zu legen und diesen ganzen Tag zu überdenken und Eis zu essen. Also nein, ich habe nichts vor.
„Perfekt. Ich denke Sie haben nichts dagegen Nathalie auf einen schönen Abend auszuführen, oder?" entgegnet er wieder.
Ich sehe, wie Madame Sancoeur tief einatmet. Ich kann nicht nein sagen. Das wäre nicht richtig.
„Natürlich nicht", antworte ich also.
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Auch wenn sie niemand ließt, update ich die Story. Wer weiß, vielleicht interessiert es ja doch jemanden in ein paar Wochen. By the way: Ich überarbeite die Kapitel erst am Ende der Geschichte, weil ich einfach zu Faul bin.
~lostgreenfrog
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Je te laisserai des mots
Fanfiction„Dankeschön, Madame Sancoeur", ergänze ich mein Lächeln. „Gerne. Wir hätten hier sonst noch bis morgen früh gesessen. Und Sie können mich ruhig Nathalie nennen. So nennen mich hier alle.", erwidert sie nur. „Dankeschön Nathalie. Sie können mich auch...