Verwundert darüber, dass der Geist des Schlosses sich noch nicht eingemischt hatte, führte Darien die anderen wieder nach draußen. Sie hatten vermutlich das Glück, dass er sich nicht für sie interessierte und in ihnen keine Gefahr sah. Wer würde eine Gruppe mit einem gespaltenen Dämonen, einem wimmernden Mann, einem Ritter in Ausbildung, einer Frau aus dem Schattenvolk - Die vermutlich die einzige war, die sich wirklich auskannte - und einer jungen Hylianerin, die kaum ihre Schwerter richtig führen konnte.
Nun hieß es erst einmal auf nach Kakariko, denn durch das Dorf mussten sie, um zum Feuerberg zu gelangen. Ihre Füße trugen die Gruppe weiter als gedacht, doch während der Neuling, Darien, kaum ein Anzeichen von Müdigkeit vermuten ließ, zeigten es Seyren und Mina umso mehr. Die anderen beiden kannten sich bereits mit diesen Reisen aus und hatten gelernt, Müdigkeit zu unterdrücken, wenn sie schnell vorankommen wollten. Ob dies alles hier ein Rennen um die Zeit war, lag zwar im Dunkeln, aber niemand von ihnen wollte etwas riskieren.
"Ich kann nicht mehr.", meinte Mina und setzte sich einfach hin. "Ich hab diese Ausdauer nicht."
"Verwöhntes Kind.", sagte Midna mit einem Grinsen. "Aber ich wäre auch für eine Rast. Es wird bereits Nacht und diverse Kreaturen könnten auf uns Lauern, mit denen ich mich nun weiß Gott nicht auseinander setzen will."
Darien gab nur widerwillig nach und setzte sich zu den anderen, nachdem er etwas Holz für ein Feuer gesammelt hatte, das Vaati letztendlich entzündete. Da noch nicht alle schlafen konnten, erzählten sie sich Geschichten. Die erste, die wegnickte, war natürlich die junge Prinzessin. Ihr folgte sogleich auch schon der Ritter. Die anderen schüttelten nur den Kopf, die beiden waren zwar noch Kinder, aber dennoch mussten sie lernen, eine solche Last auf sich zu nehmen und sie zu ertragen, wenn sie weiter kommen wollten.
"Wir sollten eine Wache einteilen.", schlug Vaati vor, als auch er langsam müde wurde. "Wir sind hier nicht vollkommen geschützt, jederzeit könnte uns etwas angreifen. Und gegen dies sollten wir gewappnet sein."
"Ich erledige das schon.", sagte Darien. "Ich brauch nicht sonderlich viel Schlaf und halte das vermutlich eher aus als ihr. Außerdem seht ihr zwei ziemlich müde aus."
Beide sprachen ihren Dank aus, auch wenn Vaati es nur schwer über die Lippen brachte. Schließlich musste er hier demjenigen vertrauen, der vorher noch versuchte, ihn umzubringen. Und nun sollte er das Lager bewachen. Töricht in seinen Augen, aber die Gedanken darum schwanden schnell, als die Müdigkeit ihn einholte und ins Reich der Träume schickte.Der Dämon entfernte sich etwas von dem Lager, um Ausschau nach Gegnern zu halten. Seine Augen waren zwar nicht sonderlich gut in der Nacht, dafür aber sein Gehör so fein, dass er selbst aus einer ziemlich großen Entfernung noch das Knistern des Feuers hören konnte. Er drehte Kreise um den Schlafplatz der anderen herum um sicher zu gehen, dass sich von keiner Seite etwas anschlich. Ab und zu erlegte er einen Bokblin, der durch die Gegend raste und im Begriff war, das Lager zu finden. Mehr schien sich aber nicht anzubahnen. Die Nacht verlief ruhig, doch mit der Dämmerung schien sich etwas anzubahnen. Die Sonne ging langsam auf und die Erde unter ihm begann, sich zu bewegen, etwas schien heraus zu wollen.
"Was zur ..?", fragte sich Darien und betrachtete den kleinen Hügel. Kaum hatte er sich etwas nach unten gebeugt, kam eine knochige Hand heraus und griff nach dem Hals des Dämonen. Dieser reagierte schnell, verwandelte seinen Arm in eine Klinge und durchtrennte die Knochen des Angreifers. Verwirrt musterte er die Hälfte des Armes, die er in der Hand hatte. Als ihm auffiel, dass das nicht das einzige Loch war, das entstand, eilte er zum Lager zurück.
"AUFSTEHEN!", brüllte er. "KNOCHENGÄNGER!" Mit Ächzen erhoben sich die anderen langsam, wurden von Darien dann aber so aufgescheucht, dass sie schnellstmöglich ihre Sachen packten.
"Knochengänger am Tag? Und einfach so hier?", fragte Seyren verwirrt und nahm das Gepäck auf den Rücken.
"Die ganze Nacht über war nichts los. Und auf einmal sprießt da eine Knochenhand aus dem Boden raus.", berichtete der Dämon und half den anderen, auf die Beine zu kommen. Mina griff noch schnell nach ihrem Amulett, bevor sie auch schon von ihrem Schlafplatz weggezogen wurde. Die Gruppe eilte Richtung Kakariko, doch je weiter sie vordrangen, desto mehr Gegner stellten sich ihnen in den Weg. Und es waren nicht nur Knochengänger, die sich aus dem Boden ausgruben, um ihnen den Weg zu versperren, sondern auch Bulbins und Bokblin. Sie wurden gezwungen, stehen zu bleiben und gleichzeitig umzingelt. Es blieb ihnen keine andere Wahl, wenn sie lebend heraus kommen wollten: Sie mussten kämpfen. Das war allen, bis auf einer, von Anfang an klar. Mina stand eher hilflos und ängstlich bei ihnen. Zwar hatte sie in ihrem Training schon einige Szenarien durchlebt, die mit einem Überraschungsangriff zu tun hatten, aber diesen Wesen nun gegenüber zu stehen war eine ganz andere Sache.
"Mina, mach jetzt keinen Mist.", drohte Midna ihr. "Hier geht's um unser Überleben. Du schaffst das schon" Die Königin zog das Schwert, das sie seit einiger Zeit schon immer mit sich herum trug, und machte sich bereit zum Angriff. Darien transformierte beide Arme zu scharfen Klingen und ließ diese zu Boden hängen, nahm damit eine eher lockere und gelangweilte Stellung ein. Seyren hielt sich vollkommen an die Vorsätze des Trainings: Fußposition, Schwerthaltung, Blickrichtung. Nie den Gegner aus dem Auge lassen. Keine Möglichkeit zum Angriff geben. Keine Schwäche zeigen. Vaati verließ sich auf seine Magie und entfachte ein Feuer in seiner Hand, das den Knochengängern schnell den Garaus machen sollte. Doch Mina war nur hilflos unter ihnen, sie wusste nicht, was sie tun sollte. Doch konnte die das Vertrauen zu den anderen nicht brechen. Sie würden ihr Leben geben, um Hyrule zu dienen und zu retten, sogar eine Person, die dieses Land eigentlich nicht interessieren müsste, stand bei ihnen Seite an Seite und diesen Monstern gegenüber. Sie nahm ihren Mut zusammen und wollte gerade ihr Schwert ziehen, als ihr Amulett ein leichtes Glühen entsandte und sich Schwerter in den Händen der Hylianerin bildeten - Zwillingsschwerter. 'Wenn du nur eine Hälfte benutzt, ist es schwach. Wenn du jedoch lernst, beide gleichermaßen einzusetzen, besitzt du eine sehr mächtige Waffe.' Das hatte die Vorfahrin ihrer Mutter gesagt. Und damit meinte sie womöglich diese Schwerter. Lang blieb ihr aber nicht darüber nach zu denken, was es bedeuten sollte, dass sie beide gleichermaßen einsetzen sollte. Es war doch klar, dass man bei diesen Schwertern nicht nur eines verwenden konnte.
Die Schützen-Bulbins spannten ihre Bögen, doch gegen die Magie der Gruppe hatten sie keine Chance. Sowohl Vaati als auch Midna beendeten schnell das Leben dieser Wesen, zogen damit aber den Zorn der anderen so auf sich, dass sie nun auf die Gruppe zu stürmten. Schon bald entfachte ein großes Feuer unter ihnen, einige steckten in Brand und rannten panisch gegen die anderen. Anders sah es an Dariens Front aus. Er drehte sich durch die Masse hindurch, seine Arme benutze er wie rotierende Klingen, die sich leicht durch die Knochen seiner Gegner schnitten. Seyren schlug sich nicht schlecht. Für das Training, das bisher überwiegend mit einer Puppe stattgefunden hatte, schlug er sich wacker gegen diese Biester und erlegte auch einige von ihnen. Ihm zu Hilfe kam Mina, sie kämpften Seite an Seite, damit sich niemand von den beiden verletzte und sie auch nicht hinterrücks angegriffen werden konnten. Midna hatte ebenso wenig Probleme wie Vaati oder Darien, diese Bulbins und Bokblins waren einfache Gegner, auch wenn sie in Masse auftraten. Doch die Knochengänger erwiesen sich schon als schwieriger. Die verbrannten zerfielen zwar zu Asche, aber alle, die mit Schwertern erschlugen wurden, setzten sich wieder zusammen, manchmal wurde aus mehreren Einzelteilen auch ein einziger, größerer Krieger. Und je mehr sie zerschlugen, desto mehr fügten sich zu einem zusammen und desto größer wurde dieser. Irgendwann konnte Feuer diesem Ding nichts mehr ausmachen und auch ihre Klingen schädigten die gehärteten Knochen nur noch leicht. Die kleineren Gegner waren erledigt, aber die Masse an Skelettkriegern, die sich herausgebildet hatte, konnte die Fünf leicht überrennen. Die noch kleineren konnte man wenigstens noch zerstören, doch setzten sie sich leicht wieder zusammen und starteten einen neuen Angriff. Vaati verbrannte alle möglichen, während sich die anderen um die Bulbins und Bokblins kümmerten, die noch übrig waren. Doch immer mehr Skelettkrieger umkreisten sie und zingelten sie ein.
"Nun .. das hat eine überraschende Wendung gegeben.", gab Darien zu und seine Arme nahmen ihre normale Form wieder an. "War nett mit euch, wollte ich nur so sagen."
"Du willst aufgeben?!", rief Mina zu ihm herüber. Das Adrenalin in ihren Adern, das durch diesen Kampf drastisch gestiegen war, verlieh ihr einen unglaublichen Mut. Sie würde nun sicher nicht einfach so kampflos aufgeben, auch wenn es aussichtslos schien.
"So sehr mich dein Enthusiasmus freut, Mina. Aber wir sind verdammt nochmal tot!", beschwerte sich Midna und zerschlug ein weiteres Skelett, das kurz darauf von Vaati angezündet wurde. Bald standen die Fünf Rücken an Rücken, erneut umgeben von Gegnern, diesmal aber nur von einer Art. Sie hatten den kleinen zu viel Aufmerksamkeit geschenkt und nicht nachgedacht. Und nun? Sie saßen in der Falle.Niemand von ihnen wollte sich wirklich geschlagen geben, aber sie sahen keinen Weg nach draußen. Vaati versuchte es mit seiner Windmagie, doch hatte sie keine Auswirkung auf die Skelette. Der Wind rauschte durch ihr Gerippe und so einfach durch sie hindurch, ohne dass sie selber etwas davon mitbekamen. Seyren und Mina blickten sich an, sie starteten doch noch einen Angriff.
"Was! Verdammter Mist!", fluchte Midna und befahl Vaati sofort, die beiden zu unterstützen, während sie mit Darien das riesige Ding von den Kindern fern hielt. Dies schien zu funktionieren, eine halsbrecherische Aktion, aber weitere Skelette fanden ihr Ende. Der große Krieger unter ihnen bemerkte ihr Vorhaben und warf sein Schwert zu den drei, die seine Armee zerstörten. Es striff Vaati zwar nur, hinterließ aber dennoch eine tiefe und stark blutende Wunde an seiner Hüfte. Schnaufend hockte er sich hin und hielt sich die Wunde zu. Das Blut färbte seine Kleidung nach und nach rot, während Seyren versuchte, ihm irgendwie zu helfen. Mina hielt die Skelette auf Abstand, sah dann aber das riesige Vieh auf sie zu stampfen.
"Jetzt ist hier aber mal Schluss ..", meldete sich eine tiefe und raue Stimme zu Wort. Eine riesige Hand aus Feuer packte das Skelett und hob es nach oben. "Wirst du wohl so freundlich sein und verrecken ..?" Langsam zerbröselte das Monster, Asche fiel zu Boden und verursachte eine Staubwolke, die die Sicht verklärte. Ein immer wieder ertönendes Zischen deutete auf sterbende Krieger hin, die wohl allesamt von dieser Feuerhand gegriffen wurden und ihr Ende darin fanden. Stille kehrte ein und die Asche legte sich, das Feld wurde Grau. Hervor trat ein eher dünner Mann, dem man nicht absah, was alles hinter dieser menschlichen Fassade steckte. Seine Kleidung war in einem schlichten Grau Ton gehalten und weniger spannend, lässig und mit ordentlich Bewegungsfreiheit. Seine Haare und Augen stachen umso mehr aus dem blassen Gesicht hervor mit ihrer feurig roten Farbe.
"Seiycho?", stieß Darien überrascht aus. "Ich dachte, du wärst noch in der Zwischenwelt."
Der fremde Helfer, der sich als erster Dämon entpuppte, den die Gefährten früher erledigt hatten, zuckte mit den Schultern und steckte die Hände in seine Hosentaschen.
"War ich auch. Tut höllisch weh. Mehr, als wenn du in Lava badest."
"Das hast du doch nicht wirklich schon mal versucht, oder?"
Der Mann gab keine Antwort. Seufzend klopfte Darien ihm auf die Schulter. "Danke, mein Freund. Aber im Ernst mal, wie kann es sein, dass du wieder lebst?"
"Jemand hat mit einen neuen Körper gegeben. Ich erinnere mich aber nicht, wer das war .. Mir sagte nur jemand, ich sollte hier her und einer Gruppe Abenteurern gegen eine Skellethorde helfen. Dass du Sturkopf mal Hilfe brauchst."
"Hättest du auch gebraucht, wärst du noch tot"
"Mir war das relativ egal."
Die anderen verfolgten das Gespräch der beiden Dämonen mit einem leichten Schmunzeln, auch wenn sich nicht jeder lange daran beteiligen konnte. Midna eilte schnell zu Vaati herüber und half mit, die Wunde von ihm zu verarzten.
"Hätten wir wenigstens Heilmagie.", sagte sie leise, zuckte kurz mit einem Ohr und blickte zu Mina. "Versuch es."
"Was?", stieß diese erschrocken aus und hob abwehrend die Hände. "Ich kann nicht zaubern!"
"Komm schon. Für ihn." Midna piekte Vaati leicht, der zischend zusammen zuckte und die Königin tödlich anblickte. Mina legte die Ohren an, schob dann aber ihre, von ihr ernannte, Tante beiseite und hockte sich zu Vaati. Vorsichtig legte sie die Hände über die Wunde und konzentrierte sich.
"Mach dir keinen .. Kopf, sollte es nicht gehen.", meinte dieser leise und wollte die Hylianerin jetzt schon aufmuntern. Entgegen der Erwartungen von ihm und ihr, stoppte die Blutung nach und nach und ein sachtes Leuchten umgab die Wunde, die sogleich begann, sich zu schließen. Der erste Schritt in die Richtung neuer Kräfte war für sie getan.
"Ich wusste doch, dass das klappt.", grinste Midna und klopfte dem Mädchen auf die Schulter.
"Danke ..", sagte Vaati verblüfft und musterte den Riss in seiner Kleidung, an dessen entblößte Stelle nur noch eine Narbe zu sehen war.
"Schön und gut.", meinte Darien, nachdem er sein Gespräch mit Seiycho beendet hatte. "Uns scheint jemand zu helfen."
"Wer?", fragte Seyren.
"Ich weiß es nicht, Seiycho auch nicht. Wenn wir Glück haben, müssen wir die Kristalle nicht suchen und damit auch keine Körper. Wir sollten dennoch an unserem Plan festhalten und die anderen suchen gehen. Nur .. wo sollen wir sie versammeln?"
Kurze Stille brach ein, bevor sich Midna meldete und ihren Vorschlag eher kleinlaut in die Runde brachte. "Nach Schloss Hyrule. Aber! Sie müssen sich benehmen." Ihr Blick ging herüber zu Seiycho, der immer noch mit gleichgültiger Miene zu der Gruppe herüber starrte. Es war eine heikle Entscheidung, Dämonen in das Schloss zu lassen und darauf zu hoffen, dass Luna und Ethan das regeln könnten. Doch war es eine Möglichkeit, zu wissen, wo sie waren und sie zu einem Ort zu schicken, wo sie jederzeit hin könnten.
"Es wäre vielleicht eine Idee, Chiro zu holen .. er hatte uns immer unter Kontrolle.", meinte Seiycho und wandte sich dann von den anderen ab, auf dem Weg zum Schloss. Darien verspannte sich merklich und knirschte mit den Zähnen.
"Chiro."
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