Alles zerstört...

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Müde vergrub Armitage Hux das Gesicht in den Händen. Seit der Zerstörung der Starkiller-Basis hatte er kaum geschlafen. Schlaf hatte er auch nicht verdient, das zumindest ließ der Oberste Anführer ihn glauben, indem er ihn immer wieder zu sich rief und ihn ausfragte. Es waren immerzu dieselben Fragen...

„Wie konnte es dazu kommen?"

„Wie konnte es zu Kylo Rens Verwundung kommen?"

„Wieso haben Sie meinen Schüler nicht eher gefunden?"

„Hätten Sie dieses Desaster verhindern können?"

Hux seufzte vernehmlich und presste die Stirn gegen seine kühlen Handflächen. Ungern erinnerte er sich an die Nacht, in der alles zerbrochen war, wofür er jahrelang gearbeitet hatte...

Die Sirenen jaulten und überall schienen grelle Warnlichter. Es war vorbei, das wusste er. Alles war zerstört und er würde das nun Snoke mitteilen müssen.

„Ich bin tot", sagte Hux zu sich selbst, während er sich auf den Weg machte, ihm entgegen zu treten.

Als er nach dem Gespräch aus dem Audienzsaal trat, konnte er kaum glauben, dass er noch lebte. ‚Bringen Sie Kylo Ren zu mir.' An mehr konnte er sich nicht mehr erinnern. Doch wie sollte er diesen verfluchten Spinner finden? Der ganze Planet war dabei zu kollabieren und nun musste er Snokes kleinen Liebling suchen und hoffentlich rechtzeitig finden. Hux schluckte. Wenn ihm sein Leben lieb war, trieb er Ren besser auf und zwar schnell.

„Mitaka! Mitaka, wo sind Sie?"

„Sir?"

Hux wirbelte herum und sah einen Sturmtruppler, den letzten Menschen, der noch auf der Kommandobrücke anwesend war. „Wo ist Lieutenant Mitaka?!"

„Der ist schon weg. Sie alle..." Er stockte. „Sie alle sind weg... Sir, der Planet stirbt..."

Hux konnte die Angst in der Stimme des Soldaten deutlich hören, zudem konnte er nicht leugnen, dass er recht hatte. „Kommen Sie", keuchte er. „Wir müssen Kylo Ren finden." Hux hörte das entsetzte Einatmen des jungen Soldaten, doch keinen Widerspruch. Letzteren hatte er auch nicht erwartet. Folgsam wie Sturmtruppen nun einmal waren und zu sein hatten, begleitete der Mann ihn und gemeinsam bestiegen sie ein kleines Shuttle, um Kylo in der brennenden Eiswüste zu suchen.

Hux schüttelte die Erinnerungen von sich. Er musste endlich zur Ruhe kommen, doch er wusste, dass er das nicht konnte, noch nicht. Heute hatte Snoke ihn noch nicht gerufen, doch das konnte sich ändern und davor hatte Hux Angst. Wieso konnte er das nicht endlich hinter sich bringen? Angespannt biss er sich in die Fingerkuppe und zupfte mit den Zähnen an der inzwischen losen Haut herum. Diese alte Angewohnheit hatte er lange Zeit vergessen, doch nun war sie wieder zurückgekehrt.

Seit vier Tagen harrte er nun hier aus, verkroch sich nach jedem Verhör in sein Quartier und verfluchte die Finalizer inzwischen. Vor allem aber verfluchte er ihren Besitzer, der noch immer in einem Bacta-Tank auf der Krankenstation steckte.

Hux schüttelte sich, als er an den fürchterlichen Anblick dachte, den Kylo Ren geboten hatte...

Kylo Ren zu finden gestaltete sich schwieriger als gedacht, wie Hux feststellen musste. Zwar trug er einen Peilsender, doch das Signal war schwer zu orten mit diesen ganzen Interferenzen, die ein sterbender Planet nun einmal mit sich brachte. Was sollte er bloß tun, wenn Snokes Schüler tot war? Hux schauderte. Nein, das durfte nicht sein. Snoke würde ihn töten, wenn er seinen kostbaren Lehrling nicht unversehrt und vor allem in einem Stück bei ihm ablieferte.

„Sir", riss ihn der Sturmtruppler aus seinen Gedanken. „Ich habe ihn."

Hux wollte dem Mann am liebsten um den Hals fallen, als er die erlösenden Worte hörte, doch dann traf ihn eine andere Wahrheit wie ein Fausthieb. Was, wenn er tot war?

Er zwang sich zu einer ruhigen Atmung, während der Sturmtruppler das Shuttle landete, möglichst nahe bei dem offensichtlich bewusstlosen – hoffentlich bewusstlosen – Kylo Ren. Sowie die Fähre den Boden berührte, schlug der General auf den Knopf für die Einstiegsrampe und stürzte ins Freie. Er war bei dem reglosen Körper, noch bevor die Rampe sich in den Schnee gegraben hatte.

„Ren? Ren, hören Sie mich?" Nichts. Panisch packte Hux Kylos Kinn und drehte sein Gesicht zu sich. Seine Augen waren geöffnet und Hux' Herz verpasste einen Schlag, als er den Mann vor sich für tot hielt. Dann aber sah er, dass seine Brust sich unregelmäßig hob und senkte. Er atmete!

Vorsichtig legte Hux seine Hand auf Kylos Gesicht. Erst jetzt fiel ihm die Wunde auf. Wie hatte er sie übersehen können? Ein roter Riss spaltete sein Gesicht förmlich, blutete jedoch nicht, stattdessen trat eine klare Flüssigkeit aus. Hux schauderte, als er das Blut betrachtete, das den Schnee dunkel färbte.

„Ren?" Dieses Mal lag Furcht in seiner Stimme. Kylo zeigte keine Reaktion.

„Sir", meldete sich der Sturmtruppler erneut zu Wort. „Wir müssen hier weg." Mit diesen Worten war der Soldat bei ihm und kniete neben Kylo Ren.

„Haben Sie Ahnung davon?", fragte Hux mit fremd klingender Stimme.

„Ja, Sir, ich habe eine Zusatzausbildung zum Sanitäter absolviert", antwortete der Mann unter dem weißen Sturmtruppenhelm und machte sich an Kylo Rens Taille zu schaffen. „Diese Wunde ist tief, Sir. Ich muss das sofort versorgen. Können Sie ein Shuttle fliegen?"

Zuerst glaubte Hux, sich verhört zu haben. Dann wurde ihm klar, dass außer ihm niemand da war, um das Shuttle zu fliegen. Ihm wurde unbehaglich zumute, denn es war ewig her, dass er zuletzt geflogen war.

„Es wird gehen", antwortete er schnell. „Helfen Sie mir." Mit diesen Worten fasste er Kylo Ren unter den Armen. Der Soldat nahm seine Beine und zusammen schleppten sie ihn ins Schiff. Hux machte sich Sorgen. Kylo war bei Bewusstsein, das konnte er sehen, dennoch schien er nicht ganz da zu sein und hatte noch kein Wort gesagt.

Blut tropfte in den Schnee und markierte die Strecke, die sie ihn entlangtrugen. Seine Haut war so blass, dass sie sich kaum von der Umgebung abhob und das Blut, das aus seiner aufgeplatzten Lippe sickerte, unheilvoll leuchten ließ.

„Wird er überleben?", wagte Hux zu fragen.

„Kann ich noch nicht sagen", antwortete der Sturmtruppler und war sich der Tatsache, dass er gerade besser gelogen hätte, wohl nicht bewusst.

Hux schluckte seinen Ärger hinunter, legte Ren auf dem Boden des Shuttles ab und eilte ins Cockpit. Schnell stellte er fest, dass sich seit seinem letzten Flug einiges an der Technik verändert hatte. Ein wenig holprig startete er das kleine Schiff und steuerte es in Richtung Orbit. Als es eine Erschütterung gab, erschrak er.

„Sir, kommen Sie her und halten Sie das, ich bringe uns hier raus!"

Hux schnaubte, gehorchte dem Sturmtruppler jedoch und drückte seine Hände vorsichtig auf den Bacta-Verband, den der Mann gerade anzulegen begonnen hatte. Kylo keuchte und Hux fiel auf, wie verschwitzt er war. In dicken Strähnen klebte sein Haar in seinem Gesicht und wirkte beinahe schwarz auf der bleichen Haut. Seine Augen glänzten fiebrig und panisch und Hux sah... waren das Tränen?

Er wurde nervös, als er das sah, und fühlte sich plötzlich sehr unwohl in seiner Haut. Weitere Tränen fanden ihren Weg über Kylos Wangen und seine Atmung beschleunigte sich. Hux fühlte sich hilflos und unnütz und biss sich auf die Lippe.

Als der Sturmtruppler zurückkam, konnte er seine Erleichterung nicht verbergen. Ohne Worte kniete der Soldat sich wieder hin und schob Hux sacht beiseite, um seine Arbeit fortzusetzen. Hux ließ sich das gefallen, weil er mehr als dankbar dafür war, jemanden bei sich zu haben, der wusste, was zu tun war.

„Soll ich wieder ins Cockpit?", fragte der General vorsichtig und versuchte, Kylo nicht anzusehen.

„Das wird nicht nötig sein, Sir, ich habe einen Kurs programmiert. Wie fliegen zur Finalizer, da sie den Kollaps überstanden hat."

Durch die NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt