Als sie endlich sein Quartier erreichten, gab die Soldatin mit erschreckender Selbstverständlichkeit Hux' Sicherheitscode ein und entsperrte die Tür. Behutsam ließ der Sturmtruppler den General von seinem Rücken gleiten und hielt ihn fest, als ihm die Beine wieder wegrutschten.
„Setz ihn auf das Bett", sagte die Soldatin ihrem Kameraden und deutete auf die Metallkonstruktion an der Wand.
Hux leistete keinen Widerstand, als der Sturmtruppler ihn mehr oder weniger zu seinem Bett schleifte und ihn dann darauf absetzte. Unter seinen keuchenden Atemzügen überhörte er die Worte des Soldaten beinahe.
„Sir, sollen wir Ihnen nicht wenigstens einen Medi-Droiden rufen?"
Atemlos schüttelte er den Kopf. Er wollte nur noch Ruhe, keinen Snoke mehr und auch keine Droiden, die ihn unablässig belästigten. Erschöpft vergrub er sein Gesicht in der linken Hand, die inzwischen reichlich blutverschmiert war.
„Lassen Sie mich das wenigstens versorgen, Sir", bat die Soldatin und umfasste sein Handgelenk.
Eigentlich wollte er die Hand wegziehen, doch die Energie fehlte ihm, also ließ er es zu.
„Haben Sie ein Medkit hier, Sir?"
„Unter dem Waschbecken...", antwortete er und deutete geistesabwesend in Richtung Badezimmer.
Zitternd ließ er die Behandlung der Soldatin über sich ergehen und blickte erst wieder auf, als ein Verband die Wunde verbarg, die er sich selbst zugefügt hatte. „Danke", sagte er leise und resigniert. Wie ein Häuflein Elend saß er in sich zusammengesunken auf dem Bett und wollte am liebsten verschwinden. Fünf Tage hatte es also gedauert, ihn zu vernichten.
„Sir, bitte rufen Sie einen Medi-Droiden, wenn es Ihnen nicht bald besser geht", schlug der Sturmtruppler vor, während die beiden gingen.
Hux nickte und blickte zur Tür. Auch nachdem diese geschlossen worden war, starrte er sie noch an und wollte die ganze Welt am liebsten vergessen. Dann rollte er sich auf dem Bett zusammen, schloss die Augen und sehnte den Schlaf herbei. Seine Hand pochte und rief ihm unangenehm seine Verzweiflung vor Augen, die ihn zu dieser Handlung gezwungen hatte. Schnell schob er den Gedanken beiseite, doch die Angst war wieder da. Würde Snoke ihn wieder rufen und weiter befragen? Hux erzitterte. Er war sich nicht sicher, ob er noch einer Befragung standhalten konnte. Heute hatte er sich vor dem Obersten Anführer auf den Boden gelegt und geweint, was würde er als nächstes tun müssen?
Hux verbarg sich unter seinem Kissen und hielt eine Weile den Atem an. Würde ihn die Erinnerung jetzt einholen, müsste er vermutlich tatsächlich einen Medi-Droiden rufen.
Gerne wollte er seinen schlotternden Körper in eine Decke hüllen, doch dazu hätte er sich bewegen und zumindest seine Stiefel ausziehen müssen. Seine Augen brannten und tränten und so schloss er sie wieder und genoss die Dunkelheit, in der er sich verbergen wollte. Wenn doch nur das Licht ausgeschaltet wäre...
Kurzentschlossen kam er unter dem Kissen hervor und setzte sich aufrecht hin. Diese plötzliche Bewegung brachte ihn zum Würgen, als der ganze Raum sich drehte. Sofort wurde ihm klar, dass er sich nicht so abrupt hätte bewegen dürfen. Hux hielt den Atem an und presste die Handflächen auf die Augen. Sein Herz begann zu rasen und beinahe panisch machte er sich an seinen Stiefeln zu schaffen, versuchte, sie loszuwerden. Dabei verkantete er sich in seinem Schuhwerk und bekam es nicht ab. Die Panik intensivierte sich und er unterdrückte einen Schrei. Seine Hände begannen zu zittern und er spannte die Muskeln seiner Arme an, um die Kontrolle zu behalten. Dann endlich konnte er sich aus seinen Stiefeln befreien und warf sie beinahe schon angewidert von sich, sodass sie mit einem lauten Knall gegen die Wand prallten.
Wieder würgte er und legte die Hände auf sein Gesicht. Tränen fanden abermals ihren Weg über seine Wangen und der eisige Griff der Angst legte sich um ihn und lähmte ihn. Die Erinnerung und die Angst vor Snoke... das alles wurde zu viel. Vor seinen Augen tanzten bunte Lichter, während die Welt dunkler wurde und für eine Weile verlor er die Kontrolle über seinen Körper vollkommen.
Als er seinen nächsten klaren Gedanken fassen konnte, kauerte auf dem Boden seines Badezimmers und presste die Stirn keuchend auf den Rand der Toilettenschüssel. Der Geschmack in seinem Mund war grauenhaft, doch eine Weile konnte er nichts tun, außer zu verharren. Sein Herz raste noch immer und die ungebetenen Erinnerungen zerrten wieder an seinem Verstand. Dann musste er es einsehen. Er brauchte Hilfe und zwar sofort.
Mit zitternden Fingern tastete er nach dem Comlink an seinem Arm und kontaktierte die medizinische Station. „Schicken... schicken Sie mir bitte einen Medi-Droiden...", stammelte er und beendete die Verbindung.
Die Sicherheitscodes der medizinischen Station überschrieben alle anderen und so verwunderte es Hux nicht, als sich plötzlich seine Quartiertür öffnete. Sofort hörte er Schritte und ihm wurde bewusst, dass soeben kein Droide sein Quartier betreten hatte.
„Sir, wo sind Sie?", fragte die Frau, die nach ihm sehen sollte.
„Hier...", antwortete er mit brüchiger Stimme, „...Badezimmer..."
Beinahe sofort war sie bei ihm und aus dem Augenwinkel erkannte er die Ärztin, die im Augenblick auch für Kylo Ren zuständig war, Officer Hulinn. Ihre Hand fuhr unter sein Kinn und vorsichtig hob sie seinen Kopf an, um ihn anzusehen. „Sir, haben Sie Kopfschmerzen?"
Er nickte kaum merklich und versuchte, den besorgten Blick in ihren blauen Augen zu übersehen.
„W-wieso keinen... Droiden?", fragte er verwirrt und wandte den Blick ab.
„Es gab einen Zwischenfall in der Bacta-Sektion", antwortete sie, drehte sein Gesicht wieder zu sich und leuchtete mit einer kleinen Lampe abwechselnd in seine Augen.
„Ren?", fragte Hux alarmiert nach.
„Sir, es ist alles in Ordnung und Sie sollten sich jetzt lieber um sich selbst kümmern. Können Sie klar sehen?"
Hux schüttelte den Kopf. „Es flimmert alles... und verschwimmt..."
Hulinn legte die Stirn in Falten und ergriff sein Handgelenk. Ihr Blick verdüsterte sich weiter. „Sir, Sie werden mich auf die Krankenstation begleiten", meinte sie entschieden.
„N-nein... i-ich muss nur schlafen", widersprach Hux und versuchte vergeblich, sein Handgelenk zu befreien.
„Sir, das war nicht wirklich eine Bitte", stellte die Ärztin klar und schenkte ihm einen harten Blick. „Sie haben um Hilfe gerufen und die werden Sie bekommen, aber nicht nach Ihren Regeln, sondern nach meinen."
Hux unterdrückte ein Keuchen, als er das hörte, schwieg jedoch. Ihm im Falle einer medizinischen Ausnahmesituation Befehle zu erteilen, lag in ihren Berechtigungen als medizinische Offizierin. Er wusste, dass er keine Wahl hatte. Mit einem zerknirschten Seufzen bereute er schon, dass er überhaupt Hilfe gerufen hatte.
„Sir, können Sie aufstehen?"
Hux versuchte, seine Beine unter Kontrolle zu bringen und zu koordinieren und heulte frustriert auf, als es ihm nicht gelang und ihm bewusst wurde, welch lächerlichen Anblick er bieten musste. Als ihm wieder übel wurde, hielt er den Atem an und kniff die Augen zusammen.
Hulinn musste seine Misere bemerkt haben, denn sie legte ihre kühle Hand auf seine Stirn und die andere auf seine Schulter. „Sir, ich werde jetzt einen Droiden mit Trage rufen und ich muss Sie auffordern, zu kooperieren."
Wegen seiner Übelkeit konnte Hux keine Antwort formulieren, also schwieg und nickte er bloß, während Hulinn bereits einen Droiden rief, um ihn abzuholen. Zerknirscht musste er einsehen, dass er nichts gegen diese weitere Demütigung zu tun vermochte. Er würde sie einfach hinnehmen müssen und konnte nur hoffen, dass diese dann endlich die Letzte sein würde.
Kein Wort kam über seine Lippen, als der Droide die Trage brachte, die lautlos mit Hilfe ihrer Repulsoren schwebte. Hulinn senkte das Utensil und half dem General, sich darauf zu legen. Hux wünschte sich, er könne unsichtbar werden oder gleich verschwinden.
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Durch die Nacht
FanfictionNach der Zerstörung der Starkiller-Basis steht Hux vor dem Scherbenhaufen seiner Existenz und muss sich vor Snoke rechtfertigen. Während er unter dem Druck mehr und mehr zusammenbricht, muss er sich den lange verdrängten Geistern seiner eigenen Verg...