Das Zimmer des Professors lag unten im Ostflügel.Mir hatte es sich schon beim ersten Besichtigungsgang nicht erschlossen, warum sein Arbeitszimmer und sein Schlafzimmer so weit voneinander entfernt waren.
Er hatte doch die komplette Villa für sich allein und niemanden, der ihm irgendwas vorschrieb.
Aber vielleicht spazierte er gerne durch die Gänge, durch welche ich gerade eine blutende Spur zog.
Auf halben Weg hatte meine Narbe so schneidend angefangen zu brennen, dass ich das Gefühl hatte, ein wahnsinniger Teufel steche immer wieder mit einem Krummschwert hinein.
Außerdem spürte ich, wie meine linke Wange langsam anschwoll und mir mein Sichtfeld verkleinerte.
Auch Stellen an meinen Armen und Beinen fühlte es sich unangenehm dick an.Leicht hinkend erreichte ich die Schlafzimmertür des Professors.
Ich machte mir gar nicht die Mühe, sie leise oder weniger schwungvoll aufzumachen, sondern warf mich einfach dagegen. Er würde wohl kaum schlafen, wenn er wusste, dass eine hasserfüllte Frau sein Haus verwüstete.
Das Krachen der Tür klingelte unheimlich laut in meinen Ohren nach, während meine Schulter in Flammen stehen zu schien.
Vielleicht hätte ich doch den zivileren Weg wählen sollen.
Meine Vermutung hatte sich bestätigt. Der Professor war noch putzmunter.
Tatsächlich hatte er ein Buch aufgeschlagen und bis eben im Schein einer kleinen Nachttischlampe gelesen.
Bei meinem Anblick klappte er seelenruhig seinen Wälzer zu und legte ihn auf das kleine Nachtschränkchen zu seiner Rechten.
"Du siehst schrecklich aus, Liebes. Vielleicht hätte ich dir raten sollen, dich einfach ruhig hinzusetzen, um den Prozess nicht zu beschleunigen."
Seine Stimme war kräftig und kein bisschen ängstlich, obwohl ich mit meinem geschwollenen Gesicht, dem Blut und dem Messer in der Hand wie die verrückte Mörderin in einem schlechten Horrorfilm aussehen musste.
"Wo ist das Gegenmittel?"
Meine Stimme klang schleppend, während ich mich hinkend seinem Bett näherte.
"Du wirst mich umbringen." Eher eine Feststellung als eine Frage.
"Wo ist das Gegenmittel!?"
In meinem Innern loderte Hass auf.
Ich hatte noch nie gehasst. Nicht meinen Chef, der mir unmögliche Überstunden aufbrummte und nicht mal meine Eltern nach ihrer Trennung.Doch für den Mann, der mir das hier angetan hatte, der mich kaltblütig ermorden wollte und dabei nicht das geringste bisschen Reue empfand - ja, für den empfand ich Hass.
Einen so lodernden und allesverschlingenden Hass, dass ich mich fühlte, als würde ich von innen heraus verbrennen, bis nur noch die Asche einer ehemals ehrenwerten Frau übrigblieb.
"Ich werde es dir nicht sagen, Katharina. Bring mich ruhig um. Ich bin bereit zu sterben, denn wenn du mich tötest, wirst du mit mir gehen."
"Das werde ich doch sowieso." Meine Stimme klang bitter.
"Du könntest die Phiole suchen, anstatt deine Zeit mit mir zu vergeuden."
Er schlug diesen belehrenden Ton an, den er auch benutzt hatte, als er mich das erste Mal auf diese sinnlose Suche geschickt hatte.
Und weil meine ganze Selbstbeherrschung darauf konzentriert war, nicht vor Schmerzen zusammenzubrechen, hakte bei diesen Worten etwas in mir aus.
Vom Hass beflügelt, stürzte ich mich auf das Bett und holte mit dem Brieföffner aus.
Er hatte mich mit seinem geliebten Amazonas dem Tode geweiht, also würde es auch sein geliebter Amazonas sein, der ihm durch meine Hand das Leben nahm.
Er schloss die Augen und lächelte selig, während ich das Messer herabsausen ließ.
Genau auf sein Herz zu.
~♡~
😮
Wer hat auch nicht mit sowas gerechnet?🙋♀️
Ob es Kat wirklich hilft, den Professor umzubringen?
Wir werden es nächsten Samstag erfahren, bei einem hoffentlich etwas längeren Kapitel.😋
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Poison
Mystery / Thriller*abgeschlossen* Allein mit einem verrückten Professor in einer abgelegenen Villa speisen? Das steht nicht unbedingt auf Katharina Langfords To-Do-Liste. Als ihr dann auch noch das tödliche Toxin der Velourotter ins Getränk gemischt wird, ist der Abe...