Krachend splitterte ein Teil der Tür an der Stelle ab, an der sich mein Brieföffner durch das Holz bohrte.
Mein Herz setzte einen Schlag aus, um dann in doppelter Geschwindigkeit weiterzuschlagen.
Er hatte ihn gefunden.
Die Klinge wurde zurückgezogen und durch eins seiner manisch funkelnden Augen ersetzt.
Ich hätte liebend gerne meinen Zeigefinger hineingebohrt, doch er hätte meine Absicht bestimmt rechtzeitig bemerkt und mir meine Fingerspitze abgesäbelt."Katharina."
Er ließ sich meinen Namen auf der Zunge zergehen, rollte ihn hin und her, nur um ihn dann zu schlucken."Sei doch so lieb und öffne die Tür. Du hast dich wirklich wacker geschlagen. Ich schenke dir einen schnellen Tod."
Mir fröstelte es bei seinen schnellen Stimmungsschwankungen.
Erst ließ er mir eine Chance, indem er mir verriet, dass er ein Gegenmittel im Haus hatte, und dann wollte er mich doch umbringen?
Ein Gedanke kämpfte sich mit aller Macht an die Oberfläche.
Er hatte schon die ganze Zeit unruhig in meinem Hinterkopf umhergespukt, doch nun drängte er sich endgültig nach vorn.Was, wenn es gar kein Gegenmittel gab? Was, wenn der Alte sich einen Spaß daraus gemacht hatte, mir Hoffnung zu geben, um sie mir im letzten Moment zu nehmen?
Irgendwo tief in mir hatte ich diese Hoffnung gehegt, dass ich Laila noch einmal in den Arm nehmen konnte. Dass ich sie an mich drückte und ihr zuflüsterte, dass alles gut werden würde. Dass ich sie niemals verlassen würde.
Aber könnte ich das denn überhaupt halten?
Irgendwann würde ich so oder so sterben, ob jetzt durch dieses Gift oder in einigen Jahren durch mein Alter. Ich würde sie so oder so im Stich lassen, ob nun früher oder eben später.Ich stolperte zurück bis an die Wand. Halt, stopp!
Es machte sehr wohl etwas aus, ob sie ihre Mutter mit 5 verlor oder mit 65.Ich wollte meine Kleine nicht so schnell aufgeben. Ich wollte ihr weiterhin eine liebende Mutter sein. Ich wollte ihr zu jedem Geburtstag den größten Kuchen backen, den sie sich vorstellen konnte.
Ich wollte ihr peinlich sein, wenn sie ihren ersten Freund mit nach Hause brachte. Ich wollte sie im Arm halten und trösten, wenn er sie verließ, und mit ihr auf der Couch sitzen und weinen, wenn bei Titanic das Schiff unterging.
Das alles und so viel mehr wollte ich. Und nun war meine Hoffnung zerschmettert.
Der Professor hatte sie hervorgelockt, um lachend darauf herumzuspringen.
Doch neben dieser tiefen Hoffnungslosigkeit erfüllte mich der Gedanke an Laila mit neuer Kraft. Ich stützte mich an der Wand ab und humpelte los.
Jede Zelle meines Körpers protestierte. Am liebsten hätte ich mich zusammengerollt und einfach die Augen geschlossen, doch der Gedanke an meine Tochter hielt mich davon ab.
Ich zog mich weiter an der Wand entlang, auch wenn ich kaum noch gehen konnte. Die Adern meiner Arme stachen deutlich hervor und ich hatte das Gefühl, sie schimmerten leicht grünlich.
Doch ich konnte mir nicht sicher sein, da meine Sicht immer wieder verschwamm.
Plötzlich war da keine Wand mehr und ich fiel.
Der Aufprall auf den Boden raubte mir den Atem und ich blieb einfach liegen.
Der Raum um mich nahm kurzzeitig wieder Konturen an und ich erkannte den Blauen Salon, aus dem ich vor knapp einer Dreiviertelstunde geflohen war.
Welch‘ Ironie, dass ich jetzt wieder hier gelandet war.
Es würde da enden, wo es angefangen hatte.Im Nachhinein hätte ich nicht mehr sagen können, wie ich es geschafft hatte, die Vitrine mit den Tellern vor die Tür zu hieven.
Ich lag neben der Standuhr auf dem Teppich und rührte mich nicht mehr.
Diese Mobilisierung meiner letzten Kräfte hatte mich alles gekostet.
Ich blickte an mir herab. Mein rechter kleiner Zeh wurde langsam schwarz.
In den nächsten 20 Minuten würde wohl mein Bein folgen. Aber was machte das jetzt schon? Entweder tötete mich das Gift oder Professor Arlott tat es.
Er war ein alter Mann, doch auch ein Psychopath und als solchen, würde ich ihn nie unterschätzen.
~♡~
Ich hab Poison einfach mal bei dem ein oder anderen Award angemeldet. Mal sehen, was da raus kommt.🤞
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Poison
Misterio / Suspenso*abgeschlossen* Allein mit einem verrückten Professor in einer abgelegenen Villa speisen? Das steht nicht unbedingt auf Katharina Langfords To-Do-Liste. Als ihr dann auch noch das tödliche Toxin der Velourotter ins Getränk gemischt wird, ist der Abe...