Kaptiel 2

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Langundo ist Tod. Gemeinsam tragen Dasan und ich Langundos Körper zurück zu dem Ort, an dem wir unsere Mahlzeit eingenommen haben. Schweigend laufe ich neben ihm, mein Herz ist schwer, ständig muss ich Tränen wegblinzeln. Ich kann einfach noch nicht realisieren, dass es wahr ist. Ich wünsche mir, dass ich jeden Moment aufwache, dass ich in meinem Farnnest liege und das Langundo seelenruhig tief neben an schläft. "Paco es tut mir wirklich leid." Ich antworte nicht. Meine Lunge schmerzt. Der kalte Körper auf meinem Rücken wird steif. Ein stechender Schmerz durchfährt meinen Körper. Ich zucke zusammen. Ich kann nicht mehr. Meine Nerven sind am Ende. Wie kann das alles nur Wirklichkeit sein?? Langundo war immer mein Vorbild, mein Anführer, mein Vater, mein Beschützer. Fassungslos starre ich auf meine schlammigen Pfoten, die bei jedem Schritt schmerzen. Langsam und Tief atme ich ein und aus, doch es bringt nichts. Mein Herz schlägt laut, als wolle es aus meinem Brustkorb springen. Sich aus den Zwängen befreien, das Gefängnis verlassen. Aber es muss da bleiben, für immer und ewig gefangen, in mir, in sich selbst, in dem Körper, den es am Leben erhält. Ich stolper, Langundo rutscht von mir. Grade noch rechtzeitig kann ich mich unter ihn in den Dreck werfen, damit sein ausdrucksloses Gesicht nicht in den Schlamm fällt. So durfte es nicht enden, so kann es nicht enden. Nach einem kurzen Moment liegt er wieder auf meinem Rücken und wir laufen weiter. Obwohl es ist nicht er. Es ist nur der Körper den sein Geist abgestreift hat um sich zu den Waldgeistern zu gesellen. Ich schlucke die Galle herunter, die meinen Rachen aufsteigt. Es war nur noch ein kurzes Stück, bis wir bei den anderen Rudelmitgliedern sind. Ich stoppe. Dasan bleibt auch stehen. "Was ist?" Ich sehe ihn an. Sein Blick ist hart und unentschlüsselbar. Als er sich seiner Mimik bewusst wird, verändern sich seine Züge. Sie wurden traurig und herzlich, als würde ich ihm leidtun. Schlagartig ist meine Kehle trocken und ausgedörrt. "Ich", da ich so lange nicht gesprochen habe, ist meine Stimme kratzig und raus. Ich schlucke: "Ich kann das nicht." "Was kannst du nicht?", die Ungeduld in seiner Stimme ist kaum zu überhören. Ich spüre wie mein Herz mir bis in den Hals schlägt. "Aquene", würge ich schließlich hervor. "Sie wird es sowieso erfahren, du kannst es nicht verbergen. - Und rückgängig machen schon gar nicht. Ich hab wirklich alles für Langundo gegeben, aber alles war eben nicht genug. Die Waldgeister hatten wohl etwas anderes mit ihm vor." Ich schließe die Augen. Das ist logisch, die Waldgeister müssen etwas anderes mit ihm vorhaben und doch etwas ziept in meinem Hinterkopf. "Komm Paco", Dasan sieht mich eindringlich an: "Lass es uns vollenden, sie haben ein Recht darauf zu erfahren, was passiert ist." Ich nicke, unfähig zu sprechen. Meine Augen tränen. Wir brechen aus dem Wald hervor. Die Wölfe sehen auf, alle da rauf aus zu wissen was los ist. Hoho und Aquene stürzen zu uns. "Wo ist Langundo?", ruft Aquene schon von weitem. Keiner sagt etwas. Totenstille. Als sie sieht, dass wir einen toten Wolf auf dem Rücken tragen jault sie entsetzt auf. Ich fahre zusammen. Sie stürzt zu uns und wir legen vorsichtig Langundos Überbleibsel ihm Moos ab. Nie wollte ich, dass es so endet. Der Anblick meiner Mutter, wie sie neben meinem Vater kauert, wimmert und ihren Kopf in seinem eiskalten Fell vergräbt bricht mir das Herz. Ich zögere. Soll ich zu ihr gehen? Oder mach ich alles nur noch schlimmer. Unentschlossen will ich zu ihr gehen, doch da bewegte sich Dasan auf sie zu. Ich springe vor. Verdutzt über meine eigene Handlung sehe ich zu Dasan, der mich ebenso verdutzt ansieht und gehe selber zu Aquene. Ein wenig überrascht aber entschlossen näher ich mich meiner Mutter. Ich kauer mich neben sie, die von Schluchzern geschüttelt wird. Wie kann ich sie nur trösten? Langsam beginne ich sie mit der Zunge zu putzen. Beruhigend lecke ich gleichmäßig ihre Schulter. Wie kann ich sie nur trösten? Ich fühle mich unfähig. Ich kann sie nicht trösten, das kann keiner in solch einer Situation. Doch langsam wird sie ruhiger. Das zittern lässt nach, die Krämpfe von denen sie geschüttelt wird verblassen. Doch sie hebt ihre Nase nicht. Ein Schuldgefühl überkommt mich. Wie konnte es nur soweit kommen? Ich habe das Gefühl, das mein Herz doch einen Weg aus meinem Brustkorb heraus gefunden hat. So kalt und lehr fühlt meine Brust sich an. Als sind alle meine Gefühle vom einem Schwarzen Tunnel verschluckt wurden. Ich weiß nicht, was ich fühle, oder besser gesagt, was ich nicht fühle. Ein Orkan tobt in meinem inneren und ich kann nichts dagegen unternehmen. Die anderen Wölfe hatten sich schweigend um uns herum versammelt. Keiner sagt ein Wort. Welpen werden von den Müttern davon geführt, keiner will, dass die Jungen Langundos starren Körper sehen. Ich schlucke. Aquene liegt reglos da, ihre Brust hebt und senkt sich langsam. Sie sieht aus, als würde sie schlafen, mit Langundo. Ich betrachte seinen Blut verschmierten Pelz. Säure steigt in meinem Magen auf und droht mir den Hals hochzukommen. Ich zwinge sie wieder hinunter und robbe ein wenig näher an Langundos Pelz heran. Der rostige Gestank von Blut kriecht mir in die Nase, doch ich weiche nicht zurück. Ich beginn seinen Pelz zu lecken. Das Blut sticht in meine Zunge und ich muss würgen. Doch ich mache weiter. Nach einiger Zeit schmecke ich nichts mehr, ich rieche nichts mehr, ich sehe nichts mehr, doch ich lecke immer weiter. Es ist eine letzte Ehre die ich ihm erweisen will, also säuber ich seinen Pelz, wie er es bei mir schon tausend Male gemacht hat. Die Erinnerung an einen lebenden Langundo ist schwammig, ob ich jemals wieder einen klaren Gedanken an ihn haben werde? Ein klares Bild vor Augen? Oder, ist es das jetzt gewesen? Schnell verdrängte ich diese Gedanken. Weiter putze ich fürsorglich seinen Pelz. Ein paar andere Wölfe kommen dazu und helfen mir. Ich schweige und sehe keinen der anderen Wölfe an. Meine Augen sind feucht, mein Mund ist trocken. Meine Zunge ist Taub und mein ganzer Körper zittert vor Anstrengung. Aquene hat aufgehört zu zucken, sie ist einfach nur da, einen Moment lang glaubte ich, dass sie schläft. Doch sie ist wach, dass weiß ich. Ich spüre meinen Puls in meinen Ohren, doch ich weiß nicht, ob er nicht doch eher in meiner Zunge ist. Ich fröstele unter dem kalten Mond, der mittlerweile kalkweiß am Himmel steht. Eine Nase berührt mich sanft an meiner Flanke. Ich ignoriere sie. Erneut berührt die Nase mich, diesmal heftiger. In meiner Trauer, beachte ich sie auch dieses Mal nicht. Der Besitzer der Nase kriecht vor und legt sich neben mich. Sein Pelz streift meinen und ich unterdrücke den Drang aufzuhören und meinen Nachbarn anzusehen. "Paco", zischt er leise. Es ist Hoho. "Paco, komm mit." Ich schüttele stumm den Kopf, mache aber weiter. "Paco, kommt mit. Du hast alles getan was du kannst, komm mit. Bitte." Die Beherschung engleitet mir. Ich sehe auf. Ob auch Langundo so sein Leben entglitten ist? Ich schüttele den Kopf und blicke zu Hoho. Seine Augen sind groß und sehen mich besorgt an. Ich weiß nicht warum, aber mir wurde warm ums Herz. Sofort folgen Schuldgefühle und die Herzenswärme verblasst. Ich sollte trauern! Ich wende mich ab und will erneut beginnen den Pelz meines Vaters zu lecken, doch da sehe ich, das eigentlich kein Blut mehr vorhanden ist. Seidig fällt der dunkelgraue Pelz mit den hellen sprenkeln von seinem leblosen Körper hinab. "Los Paco, komm mit." Die anderen Wölfe haben sich bereits zurückgezogen. Ich weiß nicht, wie lange es schon her ist, aber eigentlich habe ich kaum mitbekommen, wie sie gekommen, geschweige denn gegangen sind. Mein Herz wird schwer. Ich weiß nicht was ich tun soll, bleiben oder mit Hoho zusammen gehen? Es ist keine leichte Entscheidung. Ich zittere. Eindringlich sieht Hoho mich an. "Komm mit." "Ich kann nicht." "Paco, du bist total ausgezehrt. Du musst wieder zu Kräften kommen, in einem warmem Nest schlafen, nicht hier." "Aquene ist..." Ich sehe mich um, Panik ergreift mich: "Wo ist sie?!" Alarmiert springe ich auf. Mein Herz rast, meine Pfoten fühlen sich an als wollen sie gleich ein Mal um die Welt rennen. "Sie ist bei Dasan, er erzählt ihr wie es passiert ist und sie müssen ein Urteil fällen." "Ein Urteil?", verwirrt sehe ich ihn an. "Erklär ich dir späte, aber jetzt komm." Ich kann nicht, denke ich mir insgeheim, doch bleibt mir eine Wahl?- Ja. "Ich werde die Nacht hier verbringen, bis zum Morgengrauen werde ich Totenwache halten!" Hoho sieht mich an, als hat er insgeheim nichts anderes erwartet. Er seufzt: "Na gut, aber ich bleib bei dir, damit du nicht erfrierst." Ich lege mich neben Langundo und presse meinen Körper an seinen Eiskalten. Hoho legt sich neben mich, sein warmer Pelz streift den meinen. Dankbar lege ich den Kopf auf die Pfoten und schließe die Augen. Auf der einen Seite kriecht die klirrende Kälte in meinem Pelz. Eiskalt klammert sie sich um mein Herz und legt eine Eisschicht über meine Seele. Von der anderen Seite strömt lebendige wärme in meinen Körper und versucht sanft die Eismauer zum schmelzen zu bringen. eine schreckliche Welle der Müdigkeit überkommt mich und ich schlafe wiederwillig ein.

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