Rettung in letzter Sekunde

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Mein Telefon klingelte und riss mich aus dem Schlaf. Ich rieb mir kurz über die Augen und schaute zum Eingang des Supermarktes. Er war immer noch geschlossen. Es war kurz nach halb sechs.

Ich ergriff mein Handy und nahm ab, doch ehe ich etwas sagen konnte, hörte ich Owen aufgeregt ins Telefon sprechen.

"Sam. Penny hat angerufen. Hier am Festnetz. Irgendwas ist passiert. Du musst ihr helfen!"

"Owen, mach langsam. Was hat sie gesagt?"

"Nichts. Als ich mich gemeldet hatte, hörte ich sie nur leise Dad sagen und im nächsten Moment hörte ich einen Mann im Hintergrund brüllen und dann ein lautes Krachen, ehe die Verbindung abbrach. Er tut ihr grade wer weiß was an, Sam. Wir müssen ihr helfen."

"Okay Owen, bleib ruhig. Kannst du die Nummer am Display sehen, von der sie angerufen hat?" Da Owen mich mit seinem Handy anrief, war das Festnetztelefon frei und ich hörte es piepsen, während er nach der Nummer suchte. Er war aufgeregt und stand vollkommen neben sich, was ich an dem wilden Piepsen und seinem frustrierten Gemurmel hörte. Ich lenkte ein und lotste ihn durch das Menü des Telefons, bis er die Nummer gefunden hatte und mir durch gab, während die Ungeduld mich innerlich aufzufressen schien.

"Okay, Owen, du schreibst dir die Nummer jetzt auf und rufst Malcolm an, um sie ihm ebenfalls zu geben. Ich suche Penny."

"Wie willst du sie mit einer Telefonnummer finden?"

"Ich habe eine Idee. Wünsch mir Glück, dass der Besitzer der Nummer im Telefonbuch steht." Ich legte auf und öffnete auf meinem Handy das Internet. Ich war kein Freund technischer Neuerungen, aber in diesem Fall dankte ich grade allen Mächten dieser Erde dafür.

Ich rief die Rückwärtssuche des Telefonbuchs auf und gab die Nummer ein. Bingo. Innerhalb von einer halben Minute hatte ich mein Navi gestartet und fuhr mit quietschenden Reifen los. Laut Navi würde ich mein Ziel in knapp 12 Minuten erreichen. Ich wusste, ich würde schneller dort sein.

Gestern Abend hatte Malcolm mir noch durchgegeben, dass mittlerweile alle Häuser in Newtown selbst überprüft waren und sie heute Morgen mit den Nebenorten starten wollten.

Ich war Abends und Morgens immer meiner einzigen Hoffnung, dass Ben Lebensmittel brauchte, nachgegangen. Ich hatte ja sonst keine Idee. In der Zeit dazwischen hatte ich die letzten zwei Nächte etwas geschlafen, wenn ich mich nicht mehr gegen die Müdigkeit hatte wehren können.

Nachdem mich ein Hausbesitzer mit einer Waffe bedroht und fortgejagt hatte, hatte ich eingesehen, dass ich die Kontrolle der Häuser wohl besser der Polizei überließ und war nach Hause gefahren - auch weil Liam nicht nur nach seiner Mutter, sondern auch nach mir gefragt hatte. Ihnen wurde überraschend ihre Mutter entrissen, ich durfte sie nicht auch noch im Stich lassen. In ihrem Alter verstanden beide nicht, was los war, nur dass wir nicht da waren. Wenn Kinder ihre Eltern verloren, war das immer schrecklich. Sie verloren ja im Prinzip alles, was sie je hatten, die einzigen beiden Menschen, die ihnen konstant Schutz, Nahrung und Liebe gegeben hatten. Welche Ängste musste es in einem Kind auslösen, wenn auf einmal einer oder gar beide verschwanden?

Sollte ich Malcolm anrufen? Ich war fast da. Laut Navi nur noch 5 Minuten Fahrtzeit, aber ich hatte die letzten 7 Minuten bereits in 4 Minuten überwunden. Ich ging mal davon aus, dass Malcolm von alleine auf die selbe Idee kommen würde, wie ich, als ich mich auf die Häuser konzentrierte, während ich in dem Nebenort angekommen, durch die Straßen fuhr, die mir das Navi vorgab.

"Sie haben ihr Ziel erreicht", hörte ich die Frauenstimme noch sagen, als ich schon den Motor abstellte und aus der Tür sprang. Schnuffi, den ich diesmal mitgenommen hatte, folgte mir und überholte mich prompt, um an der Tür zu schnüffeln und dann wild zu bellen.

Unerwarteter BesuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt