Freitag, 05. Juni 98'
„Harry? Bist du soweit? Wir müssen los!"
Ich hörte ihre Stimme aus der Ferne, aber bereit war ich noch lange nicht. Dennoch es nützte nichts. Der Termin im Ministerium stand an.
Nachdem ich vor ungefähr einem Monat über Voldemort gesiegt hatte, überlegte ich lange, wie es weiter gehen sollte. So unentschlossen war ich noch nie gewesen. Die letzten Jahre meines Lebens gab es immerhin nur Voldemort, Horkruxe und Flucht. Auch, wenn die Gefahr vorüber war und ich gefühlt alles machen konnte, was ich wollte, wusste ich nichts. Rein gar nichts. Bis auf die Ewigdauernden Albträume, Schuldgefühle und Vorwürfe meinerseits. Innerlich wusste ich, dass ich nichts dafürkonnte, aber mein Gehirn schaffte es einfach nicht abzuschalten.„Harry?"
Die Stimme war nun ganz nah und riss mich aus den Gedanken, die wieder in eine unschöne Richtung abzuschweifen drohten.
„Was? Eh Ja."
Ich stand von meinem Bett auf, stellte das Foto von mir und meinen Eltern wieder auf den Nachtisch und ging unsicher auf Hermine zu. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid und sah mich mitleidig an. Zum Glück konnte sie sich in letzter Zeit besser zusammenreißen, dennoch nervten diese Blicke ungemein.
„Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist... Aber du weißt was du machen möchtest, oder?", fragte sie und hielt mich an den Schultern fest.
„Meinst du es ist das Richtige?"Meine Stimme war ungewohnt leise und unsicher. Auch das kannte ich nicht wirklich von mir. Unsicher und unentschlossen.
„Harry, du musst das machen, was du für das Richtige hältst. Denkst du denn, dass es nicht richtig ist?"
Ich zuckte nur mit den Schultern und sah meiner besten Freundin in die braunen Augen. Seufzend nahm sie mich in den Arm. Fester, als ich es erwartet hatte, aber irgendwie auch beruhigt. Soweit es eben ging.„Ich bin davon überzeugt, dass du wissen wirst was zu tun ist. Spätestens dort.", sagte sie ruhig in die Halsbeuge, wobei ihr warmer Atem meinen Hals streifte. Als Hermine sich von mir löste, schaute sie nochmal aufmunternd in meine Augen und zog mich schließlich mit sich. Wir durchquerten den dunklen Flur und stiegen die knarzenden Stufen hinunter.
Im schmalen Flur des Grimmauldplatzes wartete Ron bereits auf uns. Genau wie ich trug er einen schlichten schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Und darüber noch einen schwarzen Zauberumhang. Immerhin war es ein offizieller Anlass.
„Können wir los?", fragte er vorsichtig, als er uns erblickte. Mit zusammengepressten Lippen hob ich meinen Arm. Ron verstand die Aufforderung auch ohne Worte und legte seine Hand darüber.Kaum hatte er mich berührt, löste sich die Welt um uns herum auf, nur um wenige Augenblicke später die Form den Ministeriums anzunehmen. Es sah aus, wie das letzte Mal, aber die Atmosphäre war doch anders. Die dunklen Wände, viele Kamine aus denen im Sekundentakt Zauberer und Hexen hinaustraten, als wäre es das gewöhnlichste der Welt. War es ja auch. In dieser Welt.
Ein junger Zauberer rempelte mich von hinten an, murmelte, ohne sich umzusehen eine Entschuldigung und lief weiter. Dabei war sein Blick auf die vielen Blätter in seiner Hand gerichtet. Kurz fragte ich mich, was er wohl hier machte, aber mein Verstand schaltete sich dazu und wollte endlich weiter gehen, um nicht mehr im Weg zu stehen.
Wenn es für mich schon kein gutes Gefühl war, hier zu sein, würde es Hermine und Ron nicht wirklich anders gehen. Und laut ihren leicht gequälten Gesichtsausdrücken, schien ich recht zu haben.
Mit einem mulmigen Gefühl machten wir uns auf den Weg zu den magischen Aufzügen. Keiner schien Notiz von uns zu nehmen, was mal eine willkommene Abwechslung war. Gemeinsam mit zwei Zauberern, die ich nicht erkannte, stiegen wir in den goldenen Käfig ein. Es war keiner, fühlte sich jedoch gerade sehr danach an. Nachdem auch noch ein paar Memos den Aufzug erreicht hatten, schloss sich das goldene Gitter und der Boden begann sich ruckartig zu bewegen. Der eine Zauberer hatte einen grünen Umhang an und sah gestresst auf seine Taschenuhr. Sein Begleiter trug einen schwarzen Zauberumhang und sah sich ungeduldig um.
„Harry Potter.", sagte er überrascht. Auch der andere drehte sich schnell zu uns um.
„Ja?"
Der Aufzug blieb im dritten Stock stehen.
„Abteilung für magische Unfälle und Katastrophen", ertönte eine Frauenstimme.
„Hat mich gefreut sie zu sehen!", gab der Mann nochmals von sich und verließ mit seinem Begleiter gehetzt den Aufzug.
Kaum waren wir alleine mit den Memos, schloss sich das Gitter erneut und wir setzten uns wieder in Bewegung. Oder besser gesagt, der Käfig.
Seit dem Ende des Krieges widerfuhren mir solche Begegnungen des Öfteren, weshalb ich mich im letzten Monat weitestgehend zu Hause und in der Muggelwelt aufgehalten hatte. Dort wo mich niemand erkannte. Keiner meinen Namen quer über die Straße rief und sich schließlich alle umdrehten, um denjenigen zu sehen, der dem Krieg ein Ende bereitet hatte. Aber natürlich kannte mich hier jeder. Schon seit dem 31.10.1981. Und es war noch immer genauso merkwürdig, wie an meinem elften Geburtstag...
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This last Piece of me
FanficDer Krieg ist vorbei und die Welt der Zauberer scheint zum ersten Mal aufatmen zu können. Aber was dann? Harry erlebt im Sommer 98ˋ einige unerwartete Dinge, wie zum Beispiel das Jobangebot der Schulleiterin, oder der Freispruch seines ehemaligen E...