Kapitel DREI

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22. Juni 98'

„Bist du dir sicher?"
„Ja. Irgendwann muss es sein."
„Aber irgendwann muss nicht jetzt sein. Du kannst es nächste Woche noch machen. Oder in einem Monat."
„Hermine. Seit wann schiebst du Sachen vor dir her?"
„Mache ich nicht.", verteidigte sie sich. „Es ist nicht meine, sondern deine. Und ich weiß, dass es dir schwer fällt in sein Zimmer zu gehen. Es ist das erste Mal. Und wenn du noch nicht bereit bist, dann musst du nicht."
Sie stand mit verschränkten Armen an der Wand im Flur und beobachtete wie ich unsicher auf die dunkle Tür zuging. Sie hatte recht. Ich war noch nicht so weit, aber vermutlich würde ich es nie sein. Also sollte ich die Möglichkeit nutzen, wenn ich nicht komplett abgeneigt war. Oder?
„Wenn ich es jetzt nicht mache, werde ich es vermutlich nie machen.", seufzte ich und wunderte mich augenblicklich darüber, seit wann ich so vernünftig war. Eigentlich konnte es mir auch egal sein. Ich könnte das Zimmer in Ruhe lassen und einfach ignorieren. Einfach so tun, als wäre es nicht da. Als hätte er nicht darin gelebt. Aber ein kleiner neugieriger Teil in mir fragte sich, ob dort etwas über meine Eltern versteckt war. Vielleicht irgendwas, was Sirius für sie aufbewahren sollte. Was er mir geben wollte.
„Soll ich dir helfen?", fragte Hermine leise, aber ich schüttelte den Kopf. „Okay, ich bin unten falls was ist."

Sie war wahrscheinlich schon einige Minuten verschwunden, als ich es endlich über mich brachte und die Türklinge hinunter drückte. Der modrige Geruch stieg mir sofort in die Nase, obwohl ich noch nichts sehen konnte. Es war stockdunkel, weshalb ich mir mit einem Lumos die Sicht verbesserte.
Es fühlte sich merkwürdig falsch an, dieses Zimmer zu betreten. Als würde ich seine Privatsphäre verletzen. Was ich wohl auch tat. Aber es war viel zu wichtig, um nicht hinein zu gehen.
Als erstes viel mir das große dunkle Bett auf. Es war unordentlich. Als hätte jemand darin geschlafen. Vermutlich hatte Sirius Kreacher verboten sein Bett zu machen. Vielleicht sogar sein Zimmer zu betreten. Das würde auch diesen Geruch erklären.
Mein Blick, und der Zauberstab, wanderte nach rechts zu einem Schreibtisch. Ebenfalls unordentlich. Ein paar Bücher lagen verteilt auf einigen losen Pergamentstücken.
Mit meiner Hand tastete ich nach einem Lichtschalter. Die Lampe leuchtete nur schwach, aber es reichte um den Zauberstab wegzulegen. Wie in Trance ging ich auf den Tisch zu und sah mir das einzige Bild an, was ordentlich eingerahmt am Rand stand.

Offensichtlich war es im Gemeinschaftsraum aufgenommen worden. Sirius hatte den Arm um Remus gelegt und grinste glücklich in die Runde. Glücklicher, als ich ihn je sehen konnte. Auf der anderen Seite stand Dad mit Mum im Arm. Bei ihrem Gesichtsausdruck musste ich ein wenig schmunzeln. Dad hatte ihr einen Arm um die Schultergelegt und schien ihr etwas zugeflüstert zu haben und Mum sah halb genervt und halb amüsiert aus. Als hätte sie sich nicht entscheiden können. Oder als hätte Dad gerade drauf gewartet etwas zu sagen, um sie zu ärgern. Neben ihr standen noch zwei weitere Mädchen, die ich nicht auf den ersten Blick erkannte, aber trotzdem kamen sie mir bekannt vor. Woher wusste ich nicht.  Sie trugen alle noch die gelockerte Schuluniform und im Hintergrund sah man den brennenden Kamin. Ich konnte die Atmosphäre gerade zu spüren. Die Umgebung, die immer mehr zu Hause war als alles andere.

Mit zusammengepressten Lippen, grinste ich ein wenig. Sie sahen alle glücklich aus. Als könnte ihnen nie jemand etwas anhaben. Nur wussten sie damals einfach noch nichts von ihrem Schicksal. Ob sie wussten, dass es einen Krieg geben würde? Ob sie schon Teil des Ordens waren? Schätzungsweise wurde das Bild im sechsten oder vielleicht sogar siebten Jahr aufgenommen. Wahrscheinlich gab es schon die Vorahnung über einen Krieg.

Nachdem ich meinen Blick wieder losreißen konnte, überflog ich einige der Pergamente, die aber nichts besonderes aussagten. Die meisten hatten etwas mit dem Krieg zu tun. Listen, Fragen, Anzeichen der Rückkehr. Alles sah unscheinbar aus, bis ein kleines, schwarz gebundenes Buch meine Aufmerksamkeit erhaschte. Auf dem Einband stand nichts, nur ein eingraviertes „S.B."
Ich schlug die erste Seite auf, in der am oberen Rand ein Datum stand.

This last Piece of meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt