Kapitel 3: Ein neues Pony?

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Oma schleift mich neben sich her. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, sich ein deutsches Reitpony zu kaufen. Sie sagt, dass sie sich so selten bewegt und dass sie mit einem Hund nix anfangen kann. Deshalb muss es ein Pony sein. Aber kein Shetty oder Falabella, die wären zu klein. Ein Reitpony, das wäre perfekt! Sie werde ihm Freispringen beibringen und eine Menge Bodenarbeit mit ihm machen. Oh ja, und zum Ausgleich soll ich das Pony reiten. Ich kann nicht mal reiten! Silvi, die Reitlehrerin vom Stall soll mir Unterricht geben. Und zum Ausgleich hat sie schon mit... Lavena gesprochen, ob dich nicht ab und zu mal zwei Pferde reiten mag. Na toll, da ist das Mobbing der Schul-Oberassis schonmal vorprogrammiert. Jetzt schleppt sie mich zum Probereiten zu einem interessanten Pony und ich muss mit. Weil es ja ProbeREITEN heißt, sagt Oma, und sie mit ihrer alten Hüfte nicht mehr auf's Pferd kommt. Was gelogen ist, den letzte Woche konnte sie noch reiten. Aber dann einen Nicht-Reiter auf's Pony setzen. Ja, ich bin aufgeregt. Sehr sogar, ich mag Ponys und Pferde eigentlich schon sehr gerne.

Das Pony ist eine hübsche rotbraune Stute mit einer schönen Äpfelung in ihrem glänzenden Fell. Sie heißt Caryla, ist 4 Jahre alt und 1,45cm groß. Ihre blauschwarze Mähne ist sportlich kurz geschnitten und ihr dichter Schweif schlägt ununterbrochen nach den Fliegen, die um sie herumschwirren. Ich grinse. Fliegen sind schon die Pest! "Wo wird sie eigentlich wohnen?" frage ich meine Oma. "Ach, falls wir sie kaufen, kommt sie in den Stall; du weißt schon, da, wo das Pferd von deiner Klassenkameradin auch steht. Mir fällt der Hofname nicht ein. Mist!" nuschelt Oma mir zu, während sie weiter den Stammbaum der Stute studiert. Ich habe keine Ahnung, was das bringen soll, aber es ist mir auch egal. Oma murmelt Springstute, gute Abstammung oder Ähnliches vor sich hin. Ich selbst verstehe nur Bahnhof. Oder eher Ponyhof. Schließlich steht Oma auf und geht zu dem Besitzer, der die Stute mittlerweile gesattelt hat. "Können sie bitte Vorreiten, in allen Gangarten und beidhändig?" fragt sie. Der ältere Herr nickt und schwingt sich in den Sattel. Er lenkt die Stute zum kleinen Reitplatz nebenan und beginnt sie aufzuwärmen. Ich verstehe ja nicht viel, aber das Pony macht mir einen gesunden und lieben Eindruck. Caryla hat hübsch anzuschauende Gänge, flüstert Oma mir zu und ich kann ihr nur zustimmen. Als die Stute angaloppiert, erschrickt sie kurz, lässt sich aber schnell beruhigen. Allerdings tanzt jetzt auch ein bisschen Schalk in ihren großen Augen und sie hüpft und buckelt ein bisschen während sie galoppiert. Oma lächelt mir zu und sagt leise: "Das ist sie. Aber sag es dem Mann nicht, dann können wir ihren Preis leichter verhandeln." Sie zwinkert mir spitzbübisch zu. Ich muss wieder Willen Grinsen und gebe ihr einen sanften Knuff mit dem Ellenbogen. Der Herr kommt zu uns hinübergeritten und blickt mich direkt an. "Magst du sie noch schnell reiten?" fragt er. Ich sehe Oma fragend an. Diese antwortet schließlich: "Ihre Stute ist sehr brav, wie man sieht. Ich denke, dass Jo sie ruhig reiten kann. Weil ganz im Vertrauen, der Junge saß noch nie auf einem Pferd." Ich werde ein bisschen rot und der Mann muss lachen. "De Caryla duad dia niix. Auffi med dia, Bua!" Ich muss mir Muhe geben sein starkes Oberbayrisch oder Was-auch-immer-das-sein-soll entziffern zu können und nicke dann. Sobald ich neben der Ponystute stehe, hilft mir der ältere Herr in den Sattel und grinst. Ich mache mir Sorgen, denn ich habe keinen blassen Schimmer, wie man reitet. Also versuche ich die Stute einfach zu fragen, ob sie vorwärts gehen will. Jep, das ist dumm, aber ich habe leider keine bessere Idee. Ich sage unsicher "Schritt" und zu meinem Erstaunen setzt sich Caryla auch prompt in Bewegung. Fast wäre ich vor Erstaunen nach hinten runtergeplumpst. Oupsi. Ich grinse und meine Oma muss sich ein Lachen verbeißen, glaube ich. So genau habe ich es nicht gesehen, weil ich nämlich gerade hochkonzentriert versuche, das Pony auf einen Zirkel zu lenken. Die Betonung liegt auf versuche. Das Pony schnaubt leicht verwirrt und läuft einfach gerade aus. Hinter mir höre ich ein Schnauben, dass sich anhört, als hätte jemand den Kampf, nicht zu Lachen, verloren. Jetzt muss ich auch lachen und Caryla bleibt stehen. "Oma, ich glaub, ich kann sie nicht reiten." entfährt es mir mit Grinsen. Oma lacht immer noch, aber ich nehme es ihr nicht übel. "Hob die ned so. Dees basst scho'. Du hoscht ds Dalend vo deina Oma." Der Oberbayer grinst. Ich muss schon wieder Lachen. "Ziag a bissl am innan Zügl, wenn du abbiegn wuischt. Und druck dei Fiaß a bisi in ihra Seitn, dan gäht se voawäds." Ich muss kichern, bei seinem starken Dialekt. Ich drücke meine Fersen so weit zusammen, wie es mit einem Ponybauch zwischen den Beinen eben geht. Also nicht besonders weit. Sofort marschiert Caryla los, doch dieses Mal werde ich nicht so überrascht, wie letztes Mal. Ich sitze besser dieses Mal, glaube ich. Ich folge den Anweisungen, des Bayers und die Stute läuft brav auf der Zirkellinie. Plötzlich höre ich ein "Trab", doch Caryla bleibt im Schritt. Als ich mich umdrehe, grinst Oma zufrieden. "Sie hört nur auf ihren Reiter. Das ist gut. Ich rufe den Tierarzt für den VetCheck vor dem Kauf." Sie zieht ihr Handy aus der Tasche und ruft Dr. Malman an. Die beiden sind zusammen zur Schule gegangen und er war auch immer ihr Tierarzt für ihre teuren Springpferde. Dr. Malman ist ein großartiger Tierarzt, der sich aber auf Pferde spezialisiert hat. Ich grinse als ich 10 Minuten später den hageren, grauhaarigen Mann mit dem freundlichen Grinsen sehe. Er sieht sich die Stute an genau an. "Eine Springstute, nicht wahr?" fragt er schließlich. "Joa, die Kloane kann ganz schee hupfn!" sagt der nette Verkäufer. "Also, ist alles gut bei ihr?" fragt meine Oma, wobei sie die Antwort eigentlich schon weiß, glaube ich. "Ja, sehr gut in Form!"  Daraufhin gehen Oma und der Verkäufer ins Haus, um den Preis zu verhandeln. Ich soll doch bitte die Caryla fertig machen und in den Stall bringen, hat meine Oma mir aufgetragen. Also schnappe ich mir einen Führstrick, den die Stute war für den VetCheck schon abgesattelt worden, und klinke ihn in ihr Halfter ein. Die Stute kommt brav mit zu Putzplatz, wo ich sie gründlich putze und ihre Beine abspritze. Caryla hat zwar nicht viel gearbeitet, aber ich putzte gerne Pferde. Die Stute lässt ihren Kopf genießerisch hängen und döst fast ein. Ich kichere, beim Gedanken daran, was passieren würde, wenn sie jetzt auf der Stelle einschlafen würde. Klar, sie ist ein Pferd und kann im Stehen schlafen, aber trotzdem. Dann bringe ich sie in ihre Box und räume das, noch immer über einen Balken neben dem Putzplatz  geworfene, Sattelzeug auf. Das Gebiss spüle ich mit Wasser ab und ziehe den Sattelschoner über den teuren, schwarzen VS-Sattel (Vielseitigkeit-Springen). Dann kommen Oma und der Herr auf mich zu. "Kannst du ihr die Transportgamaschen und die Decke anlegen?" fragt Oma und ich grinse begeistert. Dieses Pony hat es mir wirklich angetan. Ich flitzte in die Sattelkammer und bringe die Gamaschen und die große Decke zur Box der Stute. Dann knie ich mich neben sie und lege ihr die Gamaschen an. Oma hat mich schon einmal "gezwungen" ein Pferd transportbereit zu machen, deshalb weiß ich noch gut, was ich tun muss. Die Stute stubbst mich mit ihrer Nase an und ich falle fast vornüber. Nachdem ich ihr auch die Decke übergeworfen habe, führe Caryla nach draußen, wo schon Dr. Malman's Transportanhänger an Oma's altes Auto gekuppelt ist. Oma tragt das Sattelzeug der Stute zum Kofferraum. Anscheinend hat sie es gleich mitgekauft. Nicht schlecht, der Sattel ist sehr teuer, aber maßgefertigt , deshalb wird sie ihn für günstig bekommen haben. Ich grinse. Ich führe Caryla auf Oma's Zeichen hin die Verladerampe hoch und binde sie im Anhänger an. Dann verschließe ich den Hänger und gehe zu Oma. Wir verabschieden uns und Dann geht es nach Hause. Oma erzählt mir, dass sie Caryla und ihr Sattelzeug für 12000 bekommen hat. 10000 für die Stute und 2000 für den Rest. Ein guter Preis. Die Stute hätte man auch gut für 2000 Euro mehr verkaufen können. Oma grinst, als ob sie meine Gedanken gelesen hätte und gibt mir ein High-Five.

Als wir beim Sonnenhof ankamen -der Name war Oma doch wieder eingefallen- wurden wir schon erwartet. Ein paar andere Einsteller, die mit Oma befreundet sind, stand dort, um Oma, die mit dem Hänger einparken musste, als Parkhilfe zu fungieren. Als wir endlich geparkt haben, lade ich Caryla gleich aus und wuschele ihr über den Schopf. Das Pony hüpft die Rampe nach unten und blickt sich neugierig um. Ich kichere in mich hinein. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter und ich zucke zusammen. Schnell drehe ich mich um stehe plötzlich direkt vor Lavena. "Deine Oma hat sich doch noch ein Pony gekauft?" sagt sie mehr, als das sie fragt. Ich nicke nur. Sie lacht. "Wetten, dass du jetzt reiten lernen musst?" fragt Lavena keck und ich nicke wieder. Ich glaube, mein Gesichtsausdruck spricht Bände, denn sie grinst und klopft mir auf die Schulter. Dann geht sie wieder zu ihrem Pferd - Sunny heißt es, glaube ich.

ElfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt