Kapitel 9: Die Besten

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Schule war eben Schule. In der Pause war Lavena zu Manu und mir gekommen. Sie hatte mich angegrinst und mir einen Beutel Pferdeleckerlis hingehalten. Ich hatte scheinbar ähnlich fragend ausgesehen wie Manu, also erklärte uns Lavena leicht altklug, dass die tatsächlich für Caryla sein. Wobei wir sie natürlich auch essen könnten, wenn wir wollen, aber wir sollten dran denken, dass uns das werte Pony das natürlich übelnehmen würde, denn Ponys sein nun mal extrem futterneidisch. Darüber hatte sich Manu königlich amüsieren können, bis ich vorgeschlagen hatte, ihn mal mit zu Caryla zu nehmen, damit er sich selbst von dem Futterneid der Stute überzeugen kann. Da hatte er abgelehnt und ich weiß, dass er etwas Angst vor Pferden hat, weil sie so groß und stark sind. Trotzdem werde ich ihn wahrscheinlich früher oder später mit in den Stall schleifen. Meinetwegen soll auch Samu mitkommen. Wir sind nachher zu dritt in der Eisdiele verabredet, weil, naja, weil Eis eben immer geht. Aber jetzt gehe ich erst noch zu Oma, denn ich habe ihr so viel zu erzählen. Vor allem von gestern und vielleicht auch von dem Gedanken der sich leise in meinen Kopf geschlichen hat. Ein Gedanke, ein Ziel und dazu noch ein unrealistisches.

Meine Oma sitzt in ihrem geliebten dunklen Schaukelstuhl als ich in ihr Wohnzimmer komme. Sie bestickt eine der selbst gehäkelten Fliegenhauben, die sie jedes Jahr auf einem der Reiterflohmärkte verkauft. Diese hier ist dunkelrot und wirklich hübsch. Sie hat eine schwarze Borte an der Naht die leicht glitzert. Ich bin sonst wirklich kein Fan von Glitzer aber diese Fliegenhabe, die gerade mit einem schwarzen Mond bestickt wird, finde ich echt hübsch. Während ich über die Fliegenhaube nachgedacht habe, habe ich das Wohnzimmer durchquert und umarme meine Oma zu Begrüßung. Sie lächelt und meint: "Setz dich und erzähl. Man kann deine Gedanken ja bis Afrika hören!" Ich kichere über ihre Übertreibung und setze mich auf das gemütliche moosgrüne Sofa schräg neben ihr. "Ich war mit Caryla im Wald. Und ich habe irgendwie total die Zeit vergessen", beginne ich und dann erzähle ich ihr ausführlich was gestern passiert ist. Meine Oma ist eine Weile still, dann sieht sie mich an und sagt langsam: "Das hätte ganz schön schief gehen können. Aber ich werde dich nicht schimpfen, denn ich habe ähnliche Abenteuer provoziert als ich noch jung war. Also sieh gestern als eine Feuertaufe. Du hast scheinbar einen echten Draht zu Caryla. Also einen stärkeren als zu Pferden allgemein. Ich meine, du bist gut mit den anderen klargekommen, aber die meisten Pferde wären ohne dich gerannt und trotzdem ist Caryla bei dir geblieben. Ich wusste, es ist eine gute Entscheidung gewesen, sie zu kaufen. Wobei wir beim nächsten Punkt wären. Wie steht es mit Reitstunde? Was hältst du von zwei Mal die Woche?" Ich sehe meine Großmutter verwirrt an, denn damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Der scharfe Themawechsel hat mich so aus dem Konzept gebracht, dass ich vergesse, was ich eigentlich sagen wollte und einfach nur zustimmend nicke. Der Gedanke an echte Reitstunden lässt eine vorfreudige Aufregung in meinem Mage kribbeln und als meine Oma auch noch erwähnt, dass die erste schon übermorgen wäre. Nicht morgen, denn meine Mutter meint, dass es morgen unpraktisch ist, weil ich Nachmittagsunterricht habe. Und die zweite immer montags. Also jeden Donnerstag und Montag, erklärt Oma mir, als würde ich nicht wissen, dass heute tatsächlich - oh Wunder, gestern war ja auch Mittwoch- Donnerstag ist. Dann blicke ich auf die Uhr im Wohnzimmer. Ein riesiges altes Ding aus einem Antiquariat, dass locker an einem Kirchturm hängen könnte... Naja fast auf jeden Fall. "Oma, ich muss los, ich bin noch mit Manu und Samu verabredet", werfe ich ein, bevor meine Oma noch ein Thema anschneiden kann, dass wahrscheinlich echt toll wäre, aber ich muss jetzt leider los, wenn ich nicht total zu spät kommen will, "aber ich freu mich riesig, dass ich reiten lernen darf und auch noch mit Caryla, die ist einfach toll."

Als ich im Café Rialto ankomme, sehen mir die anderen beiden schon entgegen. "Zäähn Jaaaree sss-pättaaaa!" sagt Manu lachend zu mir und klopft mir auf die Schulter. Samu kraxelt aus seiner Ecke hervor und schüttelt mir übertrieben höflich die Hand. Ich lache nur über die beiden Kindsköpfe und kommentiere das Ganze dann doch noch mit einer mehr oder weniger eleganten Verbeugung, bei der ich ausversehen die Person, die hinter mir durch läuft, trete. Zum Glück lacht der mittelalte Mann nur darüber. Ich bin rot wie eine Tomate und meine beiden Kumpels ersticken halb an ihrem mehr oder weniger gut unterdrücktem Lachen. Dann kommt der Kellner vorbei. Er ist recht jung, kann auf den Händen laufen und ist ein echter Italiener, was man seinem Deutsch auch sehr anhört. "Was wollt ihrr 'eute habenn, ragazzi?" Wir bestellen und dann grinse ich die beiden an. "Ihr müsst auf jeden Fall ein Mal mit zum Stall kommen!", flöte ich den beiden Jungen zu. Manu guckt mich an und zieht die Mundwinkel nach unten, aber Samu grinst begeistert. "Wenn wir dich runterfliegen sehen, auf jeden Fall", lacht er. Ich haue im auf die Schulter. "Wenn ihr nicht mitkommt, könnt ihr mich nicht runterplumpsen sehen", antworte ich ihm mit einem schiefen Grinsen. Na super, das kann ja was werden, denke ich mir . Aber gleichzeitig freue ich mich darauf, dass die beiden Jungs Caryla kennen lernen. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Manu mich etwas fragt. "Hä, was?" frage ich ihn verwirrt. Samu muss lachen und Manu wiederholt seine Frage: "Was war eigentlich und warum gibt dir Lavena Pferdeleckerlis? Ich check's einfach nicht...". Daraufhin erzähle ich den beiden von gestern und meinem kleinen Abenteuer mit Lavena und den Pferden. Die beiden kichern, als ich geendet habe. "Du hast schon einen Knall, Jo", sagt mein bester Kumpel zu mir. "Du auch, Manu, immerhin hängst du mit mir rum", sage ich lachend und füge dann noch hinzu "Und mit Samu..." Samu begann auch zu lachen und wir sahen uns an. Ich grinse und werde wieder etwas ernster. "Ihr zwei seid die Besten!"

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