36. Kapitel

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Am nächsten Tag sollte eine Abstimmung des GRCs stattfindet, das bekam ich nur nebenbei in den Nachrichten mit, während ich den ganzen Tag auf dem Sofa lümmelte und mich langweilte. Ich wäre gerne arbeiten gegangen aber Sol wäre persönlich auf die Erde gekommen und hätte mir den Hals umgedreht, wenn sie das herausgefunden hätten und das hätte sie, denn jede Stunde erfolgte ein Kontrollanruf. Besonders beschweren tat ich mich aber nicht, nach den letzten Tagen fühlte ich mich noch immer träge. Meine Ärztin sagte, das käme von dem Stress, dem ich meinem Körper ausgesetzt hatte. Das klang realistisch, ich würde auch streiken, müsste ich mich mit Kopfgeldjägern und Supersoldaten prügeln und gleichzeitig einen kleinen Menschen heranzüchten. Ich könnte es noch immer nicht glauben, und wenn ich ehrlich war, dann machte es mir Angst. Nicht die Schwangerschaft und durch welche Veränderungen mein Körper gehen würde, sondern viel mehr die Zeit danach. War ich überhaupt dafür geeignet ein Kind groß zu ziehen? Ich hatte so viel hinter mir, so viel war kaputt gegangen, dass ich nicht wusste ob es mir möglich war eine gute Mutter zu sein. Dazu kam Bucky. Selbst wenn er sich entschied, dass er für das Kind da sein wollte, bedeutete das noch nicht, dass wir Beide wieder zusammen kamen. Vielleicht würde es zwischen uns dann immer angespannt und merkwürdig bleiben. Das wollte ich nicht, schon gar nicht für das Baby. Ich wollte ihm so viel mehr bieten, als man mir geboten hatte. Liebe, eine Familie und eine sorglose Kindheit. Ich wollte, dass es wusste woher es kam und wohin es gehörte. Als es draußen bereits dunkel wurde und ich gerade dabei war mir Abendessen zu machen, zog der Fernseher meine Aufmerksamkeit auf sich.
"Wir unterbrechen unser Programm für eine Sondermeldung", erklärte die Stimme. "Wegen diverser Anschlagsdrohungen von Gruppierungen, die die GRC-Abstimmung verhindern wollen, wurde das Gebäude in Lower Manhattan abgeriegelt. Die NYPD hat die Umgebung gesichert und die Anweisung lautet, sich fern zu halten."
"Verdammt", ich schaltete den Herd aus und lief in mein Schlafzimmer, während ich eine Nummer in mein Handy tippte. Die Asterianer hatten mir eine persönliche kleine Truppe zur Verfügung gestellt. Männer, die ich bei Bedarf als Leibwache einsetzen konnte, was ich eigentlich nur zu öffentlichen Auftritten oder Abstimmungen nutzte. "Wir unterstützen die Truppen bei der GRC-Abstimmung mit den Rettungsmaßnahmen. Wir greifen nur ein, wenn es wirklich nötig ist. Macht euch fertig." Ich legte auf und zwängte mich in meine Rüstung. Mein Bauchumfang war winzig verglichen mit dem was noch kommen würde aber die hautenge Rüstung machte mir jede Zunahme deutlich.
Eine Viertelstunde später schob ich mich an den Polizisten der Barrikaden vorbei, während meine Männer sich verteilten. Als ich in den geräumten Bereich kam, sah ich Bucky neben einer blonden Frau stehen. "Sharon, was machst du denn hier?" Die Beiden wirbelten herum.
"Ich könnte dich das Gleiche fragen", meinte der Dunkelhaarige und spannte sich an. "Lyla..."
"Mir geht es gut", erklärte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Du bist schwanger", meinte er eindringlich und umfasste meine Schultern. "Ein kräftiger Schlag, ein falscher Tritt..."
"Du bist was?", meinte Sharon überrascht. Ich schloss die Augen und atmete leise durch.
"Ich erzähle es dir, wenn das hier durch ist", sagte ich dann, an Sharon gewandt, eh ich Bucky an sah. "Ich bin nur hier um bei der Evakuierung zu helfen. Ich halte mich fern von allen Kämpfen und Explosionen. Versprochen." Ich legte meine Hände sanft an seine Oberarme, dann schickte ich einen sanften elektrischen Impuls durch seinen metallischen Arm. "Bitte vertrau mir."
"Okay", entgegnete er nach einem Moment und ließ mich los. "Ich will dich nicht in der Nähe dieses Gebäudes sehen. Verstanden?"
"Geht klar", nickte ich.
"Hier, für den Fall, dass wir dich erreichen müssen", Sharon drückte mir ein Earpiece in die Hand, dann liefen die Beiden in das Gebäude, während ich hinter die Absperrung verschwand. Der Kommandant meiner Garde trat zu mir.
"Behaltet die Ausgänge im Auge, bringt die Verletzten sofort zu den Krankenwagen", er nickte und gab den Befehl weiter. Plötzlich sah ich eine Stichflamme um die Ecke des Hauses. "Ich brauche zwei Männer und unseren Heiler." Sofort tauchten drei Asterianer aus der Menge auf, sie waren auch schwer zu übersehen bei ihrer Größe. Wir liefen in die Richtung und als wir ankamen bemerkte ich Bucky, der die Tür des brennenden Panzerfahrzeugs aufgerissen hatte. Auch John Walker war vor Ort, ebenso wie Karli und vier oder fünf ihrer Soldaten. "Ich sehe schon, du hast alles unter Kontrolle." Zwei der Soldaten stampften auf mich zu, doch meine Männer griffen sie an, während ich mit dem Heiler den Verletzten half.
"Was machst du hier?", fragte Bucky, sichtlich aufgebracht.
"Ich bitte dich, du bist hinter den Absperrungen", ich zuckte mit den Schultern.
"Das ist nicht witzig", schnaubte er. Ich erkannte das zweite Fahrzeug.
"Komm mit und deck mir den Rücken", ich kam nicht weit, da griff mich einer der Soldaten an. Ich wich mit Leichtigkeit aus.
"Ich könnte dir gerade den Hals umdrehen", fluchte er, während er sich zwischen mich und den Flagsmasher schob.
"Mach was du willst, wenn das hier vorbei ist!", entgegnete ich und wollte mich gerade daran machen das Schloss zu knacken, dass die Türen verschloss, als ich herumgerissen wurde. Meine Augen suchten nach Bucky doch ich entdeckte weder ihn noch John. Im nächsten Moment erwischte mich eine Faust mit voller Kraft auf die Nase. Während ich mich noch nach vorne beugte und laut fluchte, sah ich wie Karli in den Wagen stieg und auf das Gas trat.
"Hoheit", der Heiler und meine Männer kamen auf mich zu.
"Kannst du das richten?", fragte ich.
"Natürlich", er fuhr mit der Hand über meine Nase, die mit einem lauten Knacken und einem stechenden Scherz zusammen wuchs. Ich biss die Zähne zusammen um nicht aufzuschreien. Als der Schmerz verschwand, richtete ich mich auf und wischte das Blut weg. "Bring die Menschen in Sicherheit, ihr anderen Beiden folgt mir." Einer der Soldaten nickte, der Heiler und der andere Soldat folgte mir. Wir kamen zu einer Baustelle und ich sah gerade noch, wie Sam mit aller Kraft den Panzerwagen zurück auf den sicheren Boden hob. Es sah aus, als wäre das Gefährt beinah das Stahlgerüst heruntergefallen.
"Hey Lyla", meinte Sam.
"Hi Sam, netter Anzug", er trug einen nagelneuen Anzug in rot-weiß-blau. "Darf ich?" Ich deutete auf das Schloss.
"Klar, bitte", ich machte mich ans Werk und im Handumdrehen öffneten sich die Türen.
"Ich kümmere mich um die Leute, kümmere du dich um den Rest", ich half den Leuten aus dem Gefährt.
"Okay, pass auf dich auf", bat er.
"Na ist doch klar", lächelte ich und nickte. Er sprang zurück in die Baugrube, während ich die geretteten Diplomaten zurück zu dem Konvoi aus Notfallsanitäter und Polizisten brachte. Ich lehnte mich gegen ein verlassenes Auto und schloss für einen Moment die Augen.
"Hoheit? Brauchen Sie noch etwas?", fragte der Heiler.
"Nein, ich bin nur geschafft. Bitte unterstütze die Rettungskräfte", seufzte ich und öffnete die Augen. Ich hatte Hunger und die schwere Müdigkeit legte sich wieder auf meine Glieder. Für eine Weile beobachtete ich die Lage, als plötzlich Sam über den Himmel zog und landete. In seinen Armen hielt er die leblose Karli.
"Lyla", ich fuhr herum und sah Sharon. Die hielt sich die Schulter, Blut quol hervor.
"Was ist passiert?", fragte ich.
"Karli hat auf mich geschossen", brachte sie durch zusammengebissene Zähne hervor.
"Okay...ich hole..."
"Kein Sanitäter, ich darf eigentlich nicht hier sein", unterbrach sie mich.
"Deswegen wollte ich meinen Heiler holen. Die Asterianer haben kein Auslieferungsabkommen mit den USA", lächelte ich und drückte ihre Hand. "Gib mir nur einen Moment." Ich schlängelte mich durch die Menge und kehrte kurz darauf mit dem Heiler zurück, der sich sofort der Schulter zuwandte.
"Also, Lyla, ein Baby?", fragte Sharon, während sie die Zähne zusammen biss. "Seit wann weißt du es?"
"Vorgestern, gestern mit Sicherheit", entgegnete ich und lehnte mich an das Auto.
"Und Bucky?", fragte sie.
"Wir hatten Streit. Seither ist es noch schwieriger. Ich weiß nicht was er genau über die ganzen Sachen denkt", ich schüttelte den Kopf.
"Aber du willst es doch, das Baby meine ich", sie zog neugierig eine Augenbraue nach oben.
"Ich denke schon, ja. Es wird vermutlich schwierig, vielleicht wirklich riskant aber ich will es versuchen", erklärte ich. "Aber ich weiß nicht was Bucky davon hält."
"Wer braucht schon Männer", wank sie ab und ich lächelte. "Im Ernst, Lyla. Diese Entscheidung liegt völlig bei dir. Das ist dein Körper und du musst das Risiko tragen."
"Danke Sharon", ich drückte ihre Hand, während der Heiler zurück in die Menge ging.
"Was macht die Schulter?", ich sah Bucky auf uns zutreten, gefolgt von Sam.
"Die Asterianer sind mein neues Lieblingsvolk", erklärte die blonde Frau.
"Und du?", er blickte in meine Richtung.
"Mir wurde die Nase gebrochen aber alles ist inzwischen verheilt und in Ordnung", entgegnete ich. "Aber ich glaube ich fahre jetzt nach Hause und lege mich hin. Ich bin froh, dass der ganze Spuk vorbei ist und die Funkenwerferei auch."
"Was meinst du damit?", Sam runzelte die Stirn.
"Von jetzt an setzt ich meine Kräfte nicht mehr ein, nur noch im äußersten Notfall. Die Kraft die ich habe, hat mich zu jemanden gemacht, der ich nicht sein will", ich zuckte mit den Achseln. "Also dann, wir sehen uns. Sharon, Buck." Ich wandte mich zu Sam um und grinste. "Captain." Mit einem lockeren Salut, wandte ich mich auf dem Absatz um und lief die Straße entlang, in Richtung meiner Wohnung.

»The unbroken girl« // Bucky BarnesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt