Motivation

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„Nein", antwortete Robert heiser und wusch sich die Tränen aus den Augen. „Er weiß es...", begann Johanna, setzte sich neben Robert und faltete die Hände ineinander, um sie auf die gebeugten Knie zu betten, „ich konnte ihn ja schlecht anlügen..."

„Und?"

„Ohne es zu wollen habe ich dann eine weitere Schulung bekommen. Und ich musste Philipp Recht geben. Was da vor Jahren passiert ist, hätte jedem passieren können. Mir, Philipp, Dani, Alex...ja sogar Michael. Und vielleicht ist es manchen auch schon passiert, wie dir. Und trotzdem bist du aufgestanden und hast weiter gemacht. Ich hab' den Bericht gelesen. Du bist niemals weggelaufen und hast dich dem Ganzen gestellt."

„Trotzdem hätte der Mistkerl nicht Philipp als Köder benutzten müssen. Er hätte mich direkt nehmen können..."

„...dann würde ich jetzt wahrscheinlich mit einem der Anderen hier sitzen und dasselbe Gespräch führen", funkte Johanna, Robert ins Wort und dieser presste die Lippen aufeinander. „Wahrscheinlich", presste er hervor.

„Menschen haben Fehler. Das macht sie zu Menschen.", zitierte Johanna und Robert sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. „Wendest du gerade meine eigenen Worte, die ich an dich gerichtet hatte, an mich?"

„Vielleicht", lächelte Johanna und stand auf, „aber eins weiß ich. Zum ersten Mal in meiner Karriere fühle ich mich wirklich angekommen. Da haben du und Philipp sehr viel dazu beigetragen, während Dani und Alex mich mit offenen Armen empfangen haben. Und ich lasse einen auf Rache sinnenden Mistkerl mir nicht das alles kaputtmachen."

Robert atmete nochmals tief durch, entfernte noch die letzten Tränen und schlug dann ein, um sich von Johanna hochziehen zu lassen.

„Wir haben dich auch lieb", merkte er dann an und Johanna konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

In diesem Moment ging die Türe auf und Doktor Schneider kam aus dem Zimmer.

„Sauber erkannt, Kommissarin Schimke. Es war eine Panikattacke aufgrund des Traumas", begrüßte sie die Beiden und stopfte ihre Hände in die Taschen des Kittels.

„Wir haben ihm etwas zur Beruhigung geben."

„Schläft er nun?", fragte Robert neugierig und bevor Schneider die Frage beantwortete, stellte Johanna ihren Kollegen vor.

„Nein Kommissar Ritter. Inzwischen heißt, „was zur Beruhigung geben" nicht mehr sedieren, oder in den Schlaf schicken. Stehler hat Sie sogar gesehen und wünscht, dass Sie reingehen! Aber..."

„...vorsichtig. Schon klar", vollendete Robert den Satz und die Ärztin nickte den Beiden zu, bevor sie den Flur hinunterlief.

„Komm", feuerte Johanna, Robert an, klopfte ihm auf die Schulter und betrat mit ihm das Krankenzimmer, wo Philipp nun in aufrechter Position lag und statt einem gepunkteten Krankenhaushemd ein lockeres, schwarzes Shirt mit dem Krankenhauslogo, sowie Trainerhosen trug.

„Ich hab' denen gesagt, dass dieses gepunktete Zeug mich so kirre macht", versuchte Philipp zu scherzen und sah dann Roberts gerötete Augen.

„Du hast doch nicht etwa wegen mir geweint, Großer...oder?"

Robert biss sich auf Philipps Frage auf die Unterlippe und stützte sich am Fußende des Bettes ab.

„Robert, das ist nicht deine Schuld. Wer auch immer diesen alten Fall wieder aufrollt, will genau dies erreichen. Außerdem hast du die Person ja nicht auf mich gehetzt."

Robert erwiderte nichts. Er starrte auf den Boden und zuckte auf, als ihn etwas am Hinterkopf traf.

Als er aufsah, erblickte er Johanna, die gerade die Hand zurückzog. „Hat er gesagt", verteidigte sie sich und Philipp zeigte auf den verbundenen Arm. „Kann gerade grad nicht, aber du hast es gebraucht", erklärte er und während sich Robert den Hinterkopf strich, lief er langsam zur Seite des Bettes.

„Starke Schmerzen?", fragte der Ältere und Philipp zuckte mit den Achseln. „Scheinen Messerstiche mit sich zu bringen", antwortete er und klopfte mit dem gesünderen Arm Robert auf die Seite.

„Ich hab' die Anderen schon gebeten mich nicht wie ein Opfer anzusehen und wäre froh, wenn du das auch lässt.", seufzte Philipp.

„Ich schwör dir, ich krieg dieses Schwein Philipp. Koste es was es wolle!" Roberts Ton war scharf, bestimmt und als Philipp ihm in die Augen sah, grinste der Jüngere.

„Das ist der Funken, den ich sehen will!", sagte er stolz und sah zu Johanna. „Merk' dir eines, Joschi, wenn er den Funken in den Augen hat, bedeutet das keine Feierabende."

„Der Wolf ist auf der Jagd", verstand die Angesprochene sofort.

Der Angesprochene jedoch, stutzte kurz, zog eine Augenbraue hoch und blickte nun auch zu der Dame des Raumes.

„Joschi? Ist das dein Spitzname?" Johanna nickte auf Roberts Frage und nickte auf Philipp. „Hat unser Schönling ganz alleine rausgefunden", antwortete sie mit einem Achselzucken und wusste genau, dass die Nennung ihres vollen Namens nun Geschichte war, als sie auch das leichte Lächeln von Robert erblickte.

„Sicher, das alles gut ist zwischen uns?", fragte Robert dann an Philipp gerichtet und dieser setzte sich mit verzogenem Gesicht auf und streckte die Arme aus.

„Wenn du mir versprichst, nun der Wolf zu bleiben und nicht ins Lamm zurückzufallen, dann ja!", antwortete Philipp und Robert verstand.

Rücksichtsvoll, nahm er die Umarmung an. „Schnapp dir dieses Arschloch", flüsterte Philipp, Robert ins Ohr, der dann nickte.

„Pass' mir weiterhin auf den auf. Der haut sonst plötzlich ab!" Auf Roberts Bitte hob Johanna den Daumen und der Älteste der Runde verließ das Zimmer.

„Und du, Neuling, I-Pad raus. Ich mache hier sicherlich nicht eine Panikattacke durch und habe Schmerzen, nur dass ich hier tatenlos rumliege und nichts tue."

Auf Philipps Kommentar hin, drehte sich Johanna zu ihm um und verschränkte die Arme. „Dazu sind Krankenhäuser eigentlich da, dass man sich ausruht und es einem dann besser geht", erwiderte sie unbeeindruckt.

„Könnten wir zusammen die Fall Akte ansehen? Vielleicht können wir den Anderen helfen!", flüsterte Philipp nun kleinlauter, nachdem Johannas Blick ihn beinahe durchbohrt hatte und sie lächelte zufrieden.

„Klingt ja schon ganz anders!"

K11 - Die Jagd ist eröffnet // German fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt