Will Someday Change? [Höwedes / Hummels]

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Titel: Will Someday Change?

Pairing: Benedikt Höwedes / Mats Hummels

A/N: Nach etwas längerer Abstinenz hier gibt's heute einen Hömmels-OS aus dem Jahre 2014. Viel Spaß beim Lesen.

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Gewisse Dinge ändern sich nie.

Das musste nun auch Mats feststellen. Hier in Brasilien, wo er gerade mit seinem Team ins Halbfinale der Weltmeisterschaft eingezogen war. Sein Kopfballtor aus der 12. Minute hatte dafür gesorgt, dass sie ihrem Ziel, dem Weltmeistertitel, wieder einen Schritt näher gekommen waren. Mats war es gewesen, der Tonis Flanke erfolgreich zum Abschluss gebracht, somit seinen zweiten Treffer bei dieser Weltmeisterschaft erzielt hatte.

Völlig berauscht rannte er Richtung Auswechselbank, blieb ein paar Meter davor stehen und ließ sich von seinen Kollegen feiern. Er wurde umarmt, zu seinem Tor beglückwünscht. Und mittendrin in dieser Menschentraube – Mats hatte leicht den Überblick verloren, wer ihn jetzt in diesem Moment belagerte – befand sich auch Benedikt. Benni, sein Kumpel und Wegbegleiter der letzten Jahre.

Benedikt und er, sie kannten sich schon lange. Angefangen hatte es damals 2007 in der U21. Schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen wusste Mats, dass Benedikt etwas ganz Besonderes war. Dass dieser sein Leben prägen würde. Von Anfang an herrschte diese Lockerheit, Vertrautheit zwischen ihnen. Und schnell hatte sich eine tiefe, innige Freundschaft entwickelt.

Es hatte nicht lange gedauert und Mats musste sich eingestehen, dass er sich in Benedikt verliebt hatte. Ganz langsam, aber dafür umso heftiger hatte sich der Schalker in sein Herz geschlichen. Anfangs hatte ihm diese Erkenntnis natürlich Angst gemacht. Immerhin war Benni ein Kerl, dazu noch sein bester Freund – man verliebte sich als Kerl nicht in seinen besten Freund! Außerdem war er Profifußballer und in einer Beziehung! Er durfte diese Gefühle einfach nicht haben.

Doch anstatt auf Abstand zu gehen, zu versuchen, diese Gefühle in den Griff zu bekommen, suchte Mats immer mehr die Nähe des anderen. Er wollte Benedikt so nah wie möglich sein, so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Der Gewinn der U21-Europameisterschaft 2009 in Schweden hatte sie noch mehr zusammengeschweißt, hatten sie sich doch ein Zimmer und sogar das große Doppelbett geteilt. Mats und Benni – von nun an gab es sie nur noch im Doppelpack. Man konnte sehen, wie nah sie sich standen. Diese nach außen hin harmlosen Umarmungen, die Blicke, die sie sich schenkten. Es steckte so viel mehr dahinter.

Sie waren das perfekte Beispiel dafür, dass auch Dortmunder und Schalker miteinander befreundet sein konnten. Für sie spielte diese ganze Vereinsrivalität keine Rolle. Sie verstanden sich blind, vertrauten sich. Und das war alles, was für sie zählte.

Für Mats war diese besondere Freundschaft das Kostbarste auf der Welt. Er wollte Benedikt auf keinen Fall verlieren, wusste nicht, was er ohne seinen besten Freund machen würde. Und deshalb schwor er sich, diesem niemals etwas von seinen Gefühlen zu erzählen. Er glaubte zwar nicht, dass Benedikt eines dieser homophoben Arschlöcher war, aber er wollte eben einfach nichts riskieren. Es würde mit Sicherheit ziemlich komisch für Benni sein zu wissen, dass sein bester Freund, der doch eigentlich eine Freundin hatte und ziemlich glücklich mit ihr war, in ihn verliebt war. Womöglich würde sich der Schalker dann von ihm zurückziehen, um ihm nicht wehzutun. Aber das würde Mats nicht verkraften. Er brauchte Benni.

Die Jahre vergingen und schleichend hatte sich ihre Freundschaft verändert. Ihre Treffen wurden immer weniger, auch so hatten sie immer weniger Kontakt, was allerdings nicht an Mats lag. Nein, Benni war es, der sich immer mehr zurückzog. Ständig hatte er eine andere Ausrede parat, nur um den Dortmunder nicht zu sehen.

„Hey, Benni." Ein erleichtertes Lächeln zierte Mats' Lippen, als sein bester Freund endlich ans Telefon gegangen war.

„Hallo", erwiderte Benedikt mit leicht unterkühlter Stimme, „was gibt's?"

Mats musste schlucken. Wieso klang sein bester Freund so abweisend? Hatte er etwas falsch gemacht? „Ich dachte, wir könnten uns ja mal wieder treffen."

„Ne, sorry, keine Zeit."

Der Dortmunder musste schlucken. Was war nur mit Benedikt los? „Was ist los, Benni?"

Es vergingen einige Sekunden, ehe der Schalker antwortete. „Nichts ist los. Was soll denn los sein?" Benedikts Stimme überschlug sich leicht, klang ein wenig panisch. Fast so, als hätte Mats einen wunden Punkt getroffen.

„Sag' du's mir", meinte Mats. Sie konnten doch sonst immer über alles reden.

„Es ist nichts", kam die energische Antwort von Benedikt, „ich muss jetzt auch auflegen. Lisa wartet." Und damit war das Gespräch beendet, Mats hörte nur noch das gleichmäßige monotone Tuten am anderen Ende der Leitung.

Er legte sein Telefon auf den kleinen Couchtisch vor sich, fuhr sich seufzend durch die Haare. Er verstand seinen besten Freund einfach nicht mehr. Sie waren sich einmal so nahe gewesen – Neven hatte sie immer scherzhaft als altes Ehepaar bezeichnet, wenn sie gemeinsam unterwegs waren – und nun sollte das alles vorbei sein? Dieser Gedanke versetzte Mats einen Stich mitten ins Herz. Wahrscheinlich hatte Benedikt eine Vermutung, was seine Gefühle für ihn betraf, weshalb er sich nun von ihm abwendete. Warum musste er sich auch ausgerechnet in Benni verlieben?


Immer wieder wurde Mats darauf angesprochen. Er wurde gefragt, was denn mit ihm und Benni los sei, wo sie doch bisher immer so schlecht zu trennen waren. Seine Freunde machten sich Sorgen um ihn, weil sie merkten, dass ihm dieser Bruch nicht gut tat. Dass es ihn beinahe zerfraß.

„Rede mit ihm", hatten sie ihm geraten. Doch Mats hatte immer nur abgewinkt, gesagt, dass er das schon mehrmals versucht hatte, doch Benedikt immer abblockte. Er würde sich wohl oder übel damit abfinden müssen, seinen besten Freund verloren zu haben.

„So sind sie halt, die Blauen. Ein dummes Pack", war Kevins verächtlicher Kommentar gewesen.

Was Mats allerdings nicht wusste, war, dass Benni einen – zumindest seiner Meinung nach – guten Grund dafür hatte, den Dortmunder so von sich zu stoßen. Benni tat das alles nur, um sich, um Mats zu schützen. Denn der Lockenkopf war nicht der einzige, der sich verliebt hatte. Benedikt hatte einfach zu viel Angst vor seinen eigenen Gefühlen, wollte diese nicht zulassen. Und deswegen ging er dem anderen auch aus dem Weg. Er wollte sich nicht verraten, wollte nicht, dass Mats irgendetwas bemerkte. Er dachte, dass es so einfacher wäre. Dass er Mats so aus seinem Kopf bekommen würde. Dass er Mats damit das Herz brach, konnte er natürlich nicht ahnen, war er doch der Meinung, dass er das Problem war. Dass nur er sich in seinen besten Freund verliebt hatte.

Und plötzlich war ihm Benedikt so verdammt nahe, flüsterte ihm etwas ins Ohr, als sich die anderen wieder auf ihre Plätze begaben. Die Lippen des Schalker so nah an seiner Haut zu spüren - das war ein unbeschreibliches Gefühl. Eine feine Gänsehaut überzog seinen Körper und er konnte es nicht verhindern, dass er fast schon debil grinste.

Schon seit ihrer Ankunft in Brasilien hatte sich etwas verändert. Benedikt suchte auf einmal wieder die Nähe zu Mats, ließ ihn nicht aus den Augen. Ob es im Training war – Benedikt wollte die Partnerübungen immer mit dem Dortmunder absolvieren -, oder während den freien Stunden, die sie hatten. Natürlich wunderte sich Mats anfangs noch darüber, Benni plötzlich wieder so oft um sich zu haben, aber stören tat es ihn nicht im geringsten. Ganz im Gegenteil – er genoss es in vollen Zügen. Es war so wie früher, als hätte es diesen Bruch zwischen ihnen nie gegeben. Benedikt riss Witze, brachte Mats damit zum Lachen. Und dafür war er ihm mehr als dankbar, konnte er doch so abschalten, diese ganzen Diskussionen um ihn und seine Freundin, die zur Zeit die Runde in den Medien machten, ausblenden.

„Lass' uns an den Strand gehen", bat Cathy ihren Freund, sah ihn aus ihren großen treudoofen Augen an.

Der Lockenkopf konnte sich schon denken, warum sie an ihrem freien Tag unbedingt an den Strand wollte. Sie wollte sich wieder einmal präsentieren, zeigen, wie glücklich sie doch waren. Bei diesem Gedanken musste sich Mats zusammenreißen, um nicht zu lachen. Glücklich, das war er schon lange nicht mehr. Zumindest was die Sache mit Cathy anging. Sie nutzte seine Position in vollen Zügen aus, auch wenn sie das natürlich niemals zugeben würde. „Ich würde meinen freien Tag lieber abseits der Öffentlichkeit verbringen."

Cathy stemmte die Hände in ihre Hüften, blickte ihren Freund verständnislos an. „Warum sollten wir es nicht ausnutzen, dass wir in Brasilien sind, den Strand vor der Nase haben. Sei kein Spielverderber, Mats."

„Wenn's denn unbedingt sein muss", nuschelte Mats widerwillig, verdrehte dabei die Augen. Er war zu erschöpft, um sich jetzt auf eine sinnlose Diskussion einzulassen, also gab er klein bei. Schnell hatte er sich umgezogen, wartete nun mit einem Buch in der einen und seinem Handy in der anderen Hand auf seine Freundin, die sich, dafür dass sie unbedingt raus wollte, ziemlich viel Zeit ließ.

Genervt seufzte Mats, als sie sich auf ihrer Decke niedergelassen hatte. Natürlich blieben sie nicht unentdeckt, nicht unweit von ihnen entfernt hatte der Dortmunder schon den ersten Fotografen gesehen. Da er jedoch nicht hier war, um sich den Medien zu zeigen, sondern um zu entspannen, ignorierte er die Kamera, widmete sich stattdessen seinem Buch.

Er hatte gerade ein paar Seiten gelesen, als sein Handy vibrierte. Er griff danach, wollte die eingegangene Nachricht lesen, doch sein Plan wurde durch eine Hand, die sich auf sein Bein legte, unterbrochen. Mats blickte seitlich nach unten, sah die Hand seiner Freundin auf seinem Bein ruhen. Aber anstatt ihn anzusehen, hatte sie ihren Kopf zur Seite gewandt, sah direkt in die Kamera des Fotografen.

Damit hatte Cathy wieder einmal bewiesen, wie durchtrieben sie war. Nein, so konnte, wollte Mats nicht weitermachen. Er würde nach der WM Schluss machen. Er wollte nicht nur Mittel zum Zweck sein, wollte jemanden an seiner Seite haben, der ihn seinetwegen und nicht wegen seiner Bekanntheit liebte.

Immer wieder erwischte sich Mats dabei, wie er Benedikt Blicke zuwarf. Die Sache beim Torjubel wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Und vor allem die Frage nach dem Warum beschäftigte ihn.

Als der Abpfiff ertönte, gab es kein Halten mehr für ihren Jubel. Dank Mats' Treffer hatten sie das Halbfinale erreicht. Nur noch ein Sieg fehlte ihnen zum großen Finale. Mats wurde abermals von seinen Kollegen umarmt, wurde mit Glückwünschen förmlich überschüttet. Er bekam das glückliche Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht. Es war einfach ein einmaliges Gefühl, etwas, das er so vermutlich nie wieder erleben würde.

Mats lief gerade über den Platz, hielt jedoch inne, als er einige Meter vor ihm Benedikt stehen sah. Sie blickten sich für einige Momente an, der Schalker schenkte dem Dortmunder ein so ehrliches, liebevolles Lächeln, das Mats' Herz augenblicklich höher schlagen ließ. Sie liefen aufeinander zu, breiteten beide die Arme aus, um sich letztendlich in diese zu fallen. Fest drückte Mats den Älteren an sich, legte eine Hand an dessen Hinterkopf. Kurz schloss er die Augen, atmete tief durch. Erneut spürte er Bennis Atem an seinem Ohr, was ihm wieder diese Gänsehaut über den Körper jagte.

„Mats", hauchte Benedikt, verstärkte die Umarmung, „ich hab' dich so vermisst." Es war das erste Mal seit ihrer Ankunft in Brasilien, dass der Schalker diese Worte, die Mats schon so lange hatte sagen wollen, aussprach. Bislang hatten sie über so viele Dinge gesprochen, aber nicht darüber, warum es überhaupt dazu kam, dass sie sich vermissen mussten. „Mats", sagte Benedikt erneut, „es tut mir leid."

Der Lockenkopf hob bei diesem Worten seinen Kopf ein Stück, öffnete die Augen. Und dann spürte er plötzlich und auch nur für einen Bruchteil einer Sekunde Bennis Lippen an einem Ohr. Ob beabsichtigt oder nicht – Mats fasste in diesem Moment einen Entschluss. Er würde mit Benni reden. Über ihre Freundschaft, über seine Gefühle, die auch jetzt immer noch da waren, einfach über alles.

Ihre Umarmung schien niemals enden zu wollen. Keiner der beiden machte Anstalten, sich vom anderen lösen zu wollen. Mats hielt seinen Benedikt fest, hatte immer noch seine Hand an dessen Hinterkopf. Man hatte den Eindruck, als wolle er den Schalker nie wieder loslassen, ihn beschützen – und ihn ganz für sich alleine haben. Er war sich sicher, dass sich nichts und niemand zwischen sie drängen würde. Nicht noch einmal. Dafür bedeutete ihm der andere einfach viel zu viel. Und sein Blick strahlte so viel Entschlossenheit, so viel Zuneigung aus.

Mats ließ seine Hand von Benedikt Kopf langsam nach unten wandern, blieb schließlich auf dessen Rücken liegen. Auch die Umklammerung des Schalkers wurde allmählich lockerer, sodass sie sich schließlich gänzlich voneinander lösten.

Nach einer Ehrenrunde, bei der sie sich bei den Fans bedankten, noch ein bisschen mit diesen feierten, liefen sie gemeinsam in Richtung Kabine. Bevor sie das Spielfeld jedoch verließen, war es Benedikt, der seinen Kumpel in eine erneute Umarmung zog. Auch wenn diese nur von kurzer Dauer war, genoss Mats sie in vollen Zügen. Er liebte es einfach, Benni so nahe zu sein. Und das würde er ihm auch sagen, so schnell wie möglich – in der Hoffnung, Benedikts Gesten nicht missverstanden zu haben.

In der Kabine angekommen ging das Feiern weiter. Kaum dass Mats diese betreten hatte, wurde er von seinen Teamkollegen mit Wasser bespritzt, lautstark bejubelt. Kevin legte ihm einen Arm um die Schultern, grinste ihn stolz an. „Du bist der Hammer, Mann", meinte der Ur-Borusse, „was würden wir nur ohne dich machen?"

„Hey", rief Manuel, der nicht unweit von den beiden stand, empört dazwischen, „und was ist mit mir?"

Gespielt genervt rollte Kevin mit den Augen. „Ja ja, du warst auch gut." Für diese Aussage erntete er ein zufriedenes Grinsen, was den anderen nun auch wieder lachen ließ.

Nachdem sie nun alle geduscht waren und in frische Klamotten geschlüpft waren, machten sie sich auf den Weg zum Bus. Draußen im Gang warteten bereits ihre Freundinnen und Ehefrauen auf sie, um ihnen auch endlich mal gratulieren zu können. Cathy hatte sich bereits in Position gebracht, wartete beinahe ungeduldig darauf, dass ihr Freund zu ihr kam. Doch Mats ließ sich Zeit, unterhielt sich währenddessen lieber mit Erik, der neben ihm lief.

„Schaaaaatz", kam es übertrieben von Cathy, als Mats vor ihr zum Stehen kam. Er musste sich wirklich am Riemen reißen, um nicht zu genervt zu wirken. Wie konnte eine Person nur so künstlich sein? Cathy warf sich ihrem Freund an den Hals, drückte ihm ihre lipglossgetränkten Lippen auf. „Ich bin soooo stolz auf dich!" Benedikts leicht traurigen Gesichtsausdruck, der die sich ihm bietende Szene beobachtete, bekam er nicht mit.

Mats erwiderte den Kuss natürlich nicht, nuschelte ein emotionsloses „Danke", ehe er die zierliche Person von sich schob. Er war froh, als er endlich im Bus saß, seine Noch-Freundin los war. Ihm ging ihr dämliches Getue tierisch auf den Wecker, begriff nicht, wie sich ein Mensch so sehr verändern konnte. Sie war doch früher nicht so gewesen. Aber okay, da war er ja auch noch nicht so berühmt gewesen.

„Mats?"

Der Dortmunder war so in seinen Gedanken versunken, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie sich eine Hand auf seine Schulter gelegt hatte, weswegen er auch erschrocken zusammenzuckte. „Hm?" Ein paar Mal musste er blinzeln, bevor er erkannte, wer sich neben ihn gesetzt hatte.

„Sorry, wollte dich nicht erschrecken." Entschuldigend lächelte Benedikt seinen Kumpel an, zog seine Hand wieder zurück.

„Kein Problem", sagte Mats, erwiderte das Lächeln des Schalkers, „was gibt's?"

„Ich ... Wir ...", stotterte Benni, „können wir nachher mal reden? Unter vier Augen?" Eine leichte Röte zierte Benedikts Wangen, was Mats total niedlich fand und leicht kichern ließ.

„Klar. Holste mich ab, wenn du fertig bist? Dann können wir 'n Stück laufen."

Verstehend nickte Benedikt, schenkte Mats wieder dieses umwerfende Lächeln, das er so sehr liebte. Der Schalker wollte schon wieder aufstehen, doch eine Hand, die nach seiner griff, hielt ihn zurück. „Kannst ruhig hier sitzen bleiben ... Würde mich freuen", kam es leise vom Dortmunder, der nun ebenfalls ein wenig errötete.

Benedikt kam dem nach, blieb bei seinem langjährigen Freund sitzen. Die ganze Fahrt über schwiegen sie, genossen einfach die Anwesenheit des anderen. Es war kein unangenehmes Schweigen, verstanden sie sich auch ohne Worte.

Im Hotel angekommen verabschiedeten sie sich kurz voneinander. Ehe sie sich beide auf ihre Zimmer begaben. Es war schon mitten in der Nacht und eigentlich wollte Mats auch nur noch in sein Bett, aber Benni wollte mit ihm reden. Und schließlich hatte er ihm auch selbst noch etwas Wichtiges mitzuteilen.

Erik, sein Zimmergenosse, war direkt, nachdem er sich ins Bett gelegt hatte, eingeschlafen. Und wenn er einmal schlief, dann schlief er. Manchmal beneidete Mats seinen jüngeren Kollegen für seinen festen und tiefen Schlaf.

Keine 15 Minuten nach ihrer Ankunft klopfte es an ihrer Zimmertür. Mit schnellen Schritten begab sich Mats zu dieser, öffnete sie und sah einen leicht unsicher wirkenden Benedikt vor sich stehen. Rasch hatte er sich seine Zimmerkarte geschnappt, bevor er sich schließlich mit dem Schalker auf den Weg in den Hotelpark machte.

Sie waren noch nicht weit gekommen, als Benedikt das Wort ergriff. „Es tut mir leid", begann er, „dass ich damals so auf Abstand gegangen bin. Ich war einfach ... überfordert."

Überfordert? Mats musste schlucken. „Hab' ich was falsch gemacht? Ich mein', du warst, bist mein bester Freund. Es tat weh, dich plötzlich nicht mehr in meinem Leben gehabt zu haben."

„Oh Gott, nein! Du hast absolut nichts falsch gemacht, Mats", versicherte ihm der Schalker, „es war ganz allein meine Schuld."

Sie ließen sich auf einer Bank, die etwas versteckt unter einem Baum stand, nieder. Benedikt knetete nervös seine Finger, wagte es nicht, den anderen anzusehen. „Ich hatte Gefühle entwickelt, die nicht sein durften." Benedikt biss sich auf die Unterlippe, starrte auf den Boden. „Und diese Gefühle, sie sind immer noch da. Fast noch stärker als je zuvor."

„Und warum hast du nicht mit mir darüber geredet? Ich hätte dir doch helfen können", sagte Mats, griff nach der Hand des anderen, der ihn daraufhin aus verdächtig glitzernden Augen ansah.

„Wie denn, Mats? Hätte ich zu dir kommen und sagen sollen: Hey, ich hab' mich in dich verliebt?" Schniefend wandte Benedikt den Blick wieder ab, wollte nicht sehen, wie Mats ihn mit einem Blick voller Verachtung strafte. „Ich dachte, dass es besser wäre, wenn wir uns einfach nicht mehr sehen."

„Benni", hauchte Mats, legte eine Hand an Benedikts Wange, zwang ihn somit, ihn anzusehen, „du hast mir so verdammt wehgetan. Ich hatte meinen besten Freund, der mir so viel bedeutete, verloren."

Ungläubig sah Benedikt seinen Kumpel an, verstand nicht so recht, was der andere meinte.

„Ich war in dich verliebt, Benni. Deswegen hat es mir auch das Herz zerrissen, dich nicht mehr an meiner Seite zu haben. Du warst plötzlich nicht mehr da und ich hatte keine Ahnung, warum. Und jetzt hier in Brasilien bist du mir plötzlich wieder so nah und all diese Gefühle, die ich für dich hatte, kommen plötzlich wieder hoch. Scheiße." Mats wischte sich mit seiner freien Hand über die Augen, wollte nicht, dass Benni seine Tränen sah.

„Ich bin so ein Idiot", murmelte der Schalker, vergrub das Gesicht in seinen Händen und ließ – ganz im Gegensatz zu dem Lockenkopf – seinen Tränen freien Lauf. Wie konnte er nur so blöd sein? Wieso hatte er damals nicht mit Mats geredet? Sie hätten sich so viel Leid ersparen können.

Mats hatte sich mittlerweile gefangen. Er erhob sich von der Bank, trat vor Benni, ging in die Hocke. Er nahm dessen Hände von seinem Gesicht, legte stattdessen seine Hände an die Wangen des Schalkers. „Benni", flüsterte er liebevoll, strich mit den Daumen über dessen Wangenknochen. Benedikt sah ihn aus leicht geröteten Augen an, wisperte leise „Es tut mir so leid. Verzeih' mir bitte". Mats hingegen lächelte nur, näherte sich vorsichtig dem Gesicht seines Kumpels. Kurz bevor sich ihre Lippen berührten, hielt er noch einmal inne, wollte sichergehen, dass Benedikt einverstanden war. Dieser nickte kurz, was Mats als Zeichen sah, seine Lippen endlich auf die des Schalkers zu drücken.

Es war eine hauchzarte Berührung, die in beiden ein wahres Feuerwerk auslöste. Sanft bewegte Mats seine Lippen gegen Bennis, der seine Arme um den Nacken des Lockenkopfs schlang. Anfangs bewegten sich ihre Lippen nur gegeneinander, bis Benni ein Keuchen entfuhr, was Mats dazu nutzte, seinen Mund zu öffnen und seine Zunge in die Mundhöhle seines Freundes schlüpfen zu lassen. Ihr Kuss war träge, aber doch voller Zuneigung.

Aufgrund von Luftmangel mussten sie den Kuss nach einigen Minuten lösen. Mats begab sich wieder in eine aufrechte Position, zog Benni ebenfalls auf die Beine und anschließend in seine Arme. Glücklich lächelte der Dortmunder vor sich hin, spürte Benedikts schnellen Herzschlag an seiner Brust. Und auch sein eigenes Herz schlug so stark wie schon lange nicht mehr.

„Was ... was ist mit Cathy?", wollte der Schalker wissen, vergrub sein Gesicht in der Halsbeuge des Dortmunders.

„Ich werde nach der WM Schluss machen", erwiderte Mats ehrlich, strich dem anderen beruhigend über den Rücken, als er merkte, dass Benni leicht verkrampfte. „Ich ertrag' sie einfach nicht mehr. Ihr Getue nervt mich einfach nur noch." Der Lockenkopf drückte Benedikt sanft, aber bestimmend von sich, sah ihm tief in die Augen. „Ich will mit dir zusammen sein, Benni. Ich liebe dich. Aber ich will dich nicht teilen müssen."

Verwundert sah Benni den anderen an. „Was meinst du? Ich versteh' dich nicht ganz."

„Lisa", war die kurze Antwort Mats'. Benedikt und Lisa waren schon seit Ewigkeiten zusammen, sie war Bennis erste Freundin. Nein, der Dortmunder wollte Benedikt ganz für sich allein haben, auch wenn das vermutlich ziemlich egoistisch klang.

„Mit Lisa ist schon 'ne ganze Weile Schluss", gab der Schalker von sich, „ich hab' ihr damals erzählt, dass ich mich in dich verliebt habe. Das war ich ihr einfach schuldig, immerhin waren wir viele Jahre zusammen."

Schief grinste Mats. „Oh Mann, da sieht man mal wieder, wie sehr unsere Freundschaft am Ende war." Erneut zog er den anderen in eine feste Umarmung. „Benni, ich liebe dich so sehr. Schon so lange. Lass' mich bitte nie wieder alleine."

Nun waren es Tränen der Freude, die sich ihren Weg über die Wangen des Schalkers bahnten. Er löste sich von seinem Freund, lächelte ihn breit an, drückte ihm kurz, aber sanft seine Lippen auf. „Ich liebe dich auch, Mats."

Ja, einige Dinge ändern sich einfach nie.

My Derailment.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt