Nur die Nacht [Trinks / Thy]

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Title: Nur die Nacht
Pairing: Florian Trinks / Lennart Thy
A/N: Die Idee für diesen OS kam mir im September 2021, geschrieben habe ich ihn dann im Februar 2013. Verdammt lange her. Inspiration für den OS war der Song "Nur die Nacht" von den grandiosen Jungs von Bakkushan. Reviews wären sehr nett und so :).
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Sommerpause. Endlich ist diese beschissene Saison vorbei.

Ich hatte mir das alles irgendwie anders vorgestellt. Ich wollte Bundesliga spielen, wollte allen zeigen, was ich kann. Stattdessen fand ich mich größtenteils im Kader der U23 wieder. Natürlich war es nicht schlecht, um Spielpraxis zu sammeln. Doch selbst mit der U23 lief es beschissen. So beschissen, dass es am Ende der Saison nicht gereicht hatte, um die Klasse zu halten. Wir waren abgestiegen. Obwohl unser Abstieg schon seit geraumer Zeit feststand, waren wir alle am Boden zerstört gewesen. So ein Abstieg ist für einen Fußballer mit das Schlimmste, was passieren kann.

Mittlerweile habe ich den Schmerz überwunden, denn es würde eh nichts bringen, wochenlang Trübsal zu blasen. Wir können's nun ja eh nicht mehr ändern.

Ich will es mir gerade auf unserer großen Couch gemütlich machen, als ich höre, wie er die Tür zu unserer gemeinsamen Wohnung aufschließt. Lennart war die vergangene Woche bei seinen Eltern, wollte einfach mal weg von Bremen, einfach mal abschalten. Auch für ihn lief diese Saison mies. Nicht bloß wegen unseren Abstiegs, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass er seit seiner vergebenen Großchance im Dezember so gut wie nicht mehr die Gelegenheit hatte, Thomas Schaaf zu zeigen, was in ihm steckt. Und dass das eine ganze Menge ist, ist ja wohl klar. Lenni hat es ganz schön mitgenommen, so außen vor gelassen zu werden. Oft haben wir uns darüber unterhalten. Habe ihm oft versucht klarzumachen, dass es nicht seine Schuld ist. Denn immer wieder hat er sich selbst dafür verantwortlich gemacht. Hat sich selbst fertig gemacht. Irgendwann konnte ich das dann nicht mehr mit ansehen. Bin dann mal richtig laut geworden, was ja eher selten bei mir vorkommt, habe ihm ins Gesicht geschrien, dass er sich verdammt noch mal zusammenreißen soll und muss. Dass ihn das auch nicht weiterbringt. Scheint damals geholfen zu haben, denn seitdem hatte er sich wieder voll reingehängt.

Trotzdem war Lenni anders geworden in den letzten Wochen. Früher war er richtig lebhaft, aufgeweckt, ein lebensfroher Mensch durch und durch. Aber jetzt ... Jetzt ist er so nachdenklich geworden, fast schon in sich gekehrt. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es da irgendetwas gibt, was ihn bedrückt. Dass es nichts ist, was mit Werder zu tun hat.

Früher wäre Lenni zuerst ins Wohnzimmer gekommen, um mich zu begrüßen. Wir hätten geredet, gelacht. Doch jetzt höre ich, wie die Wohnungstür ins Schloss fällt, Lenni schnellen Schrittes in sein Zimmer verschwindet und dessen Tür zuschlägt. Ich seufze leise, verlasse das Wohnzimmer und mache mich auf den Weg in die Küche. Dort angekommen schnappe ich mir ein Glas, fülle dieses mit Wasser und leere es in einem Zug.

Am liebsten würde ich jetzt in das Zimmer meines Mitbewohners und besten Freundes gehen, bin mir aber nicht sicher, ob diesem das recht wäre. Will ihn ja schließlich nicht bedrängen oder gar nerven. Also gehe ich wieder zurück in unser Wohnzimmer, werfe mich regelrecht auf die Couch und schalte den Fernseher ein. Einige Minuten zappe ich mich durch's Programm, suche verzweifelt nach einer Sendung, die meinen IQ nicht um 50 Punkte sinken lässt. Schließlich bleibe ich bei „The Big Bang Theory" hängen, einer Serie, die Lennart und ich uns gern an unseren freien Tagen ansehen. Frustriert schalte ich den Fernseher wieder aus, kann mich im Moment eh nicht konzentrieren, da meine Gedanken nun wieder bei Lennart sind.

Ich entschließe mich nun doch dazu, zu Lenni zu gehen. Wir haben uns immerhin eine Woche lang nicht gesehen und ich möchte sicher gehen, dass es ihm gut geht.

Langsam begebe ich mich zu Lennarts Zimmer, verharre einen kurzen Moment vor der Tür, ehe ich schließlich zaghaft anklopfe. Ein leises, fast schon brüchiges „Ja" gibt mir die Erlaubnis, einzutreten. Als ich die Tür öffne und auf das Bett meines besten Freundes blicke, erschrecke ich kurz. Lennart sitzt auf der Bettkante, hat die Ellbogen auf seinen Knien abgestützt, das Gesicht in seinen Händen versteckt.

„Hey", sage ich leise, traue mich nicht, auf Lennart zuzugehen. Irgendetwas stimmt nicht, sonst würde er nicht so dasitzen. Irgendetwas muss ihn bedrücken. „Was ist los?", frage ich besorgt, gehe nun doch einen Schritt auf ihn zu. Je mehr ich mich ihm nähere, desto mulmiger wird das Gefühl in meinem Magen. Vorsichtig setze ich mich neben ihn, will ihm einen Arm um seine Schulter legen, doch er weicht zurück.

„Es geht nicht mehr, Florian", kommt es leise von meinem besten Freund.

„Was geht nicht mehr?", will ich wissen, mache mir ernsthaft Sorgen.

„Das alles ... Das mit Werder. Das mit uns. Ich kann nicht mehr", erwidert Lennart, schluchzt dabei und ich sehe die Tränen, die sich langsam den Weg über seine Wangen bahnen. „Bevor ich zu meinen Eltern gefahren bin, hatte ich ein Gespräch mit Allofs und Schaaf ..."

Ich muss schlucken. Das klingt nicht gut, ganz und gar nicht.

„Sie haben mir gesagt, dass sie nicht mehr mit mir planen. Dass es für mich keine Zukunft in Bremen gibt", fährt er fort. „Und irgendwo bin ich auch froh darüber."

Er ist froh darüber, Bremen verlassen zu müssen? Ist das sein Ernst? „Wie jetzt?"

„Ich muss hier weg, Florian. Weg von Bremen ... Weg von dir", gibt er brüchig von sich, sieht mich dabei nicht an.

„Weg von mir? Lennart, was redest du da?" Ich bin schockiert. Wie kann er so etwas sagen? Ich dachte, wir wären Freunde.

„Es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen, glaub' mir", sagt er, wischt sich mit dem Handrücken über die Augen.

„Aber ... aber ich dachte, wir sind beste Freunde."

„Sind wir doch auch ... Du warst, bist der beste Freund, den ich je hatte. Du hast mir so viel gegeben und dafür bin ich dir auch dankbar, aber ich kann einfach nicht mehr", versucht er mir zu verdeutlichen, „Da sind Gefühle, die nicht sein dürfen. Deswegen kommt es mir ganz recht, dass mich Werder nicht mehr will. Ich muss weg, Florian. Muss meine Gefühle wieder in den Griff bekommen, sie am besten vergessen."

Überrascht sehe ich ihn an, versuche zu begreifen, was er mir gerade erzählt. Gefühle, die nicht sein dürfen? Hat er sich etwa ..?

„Ich habe mich in dich verliebt", beantwortet mir mein bester Freund meine Frage, als ob er meine Gedanken lesen könnte. „Darum muss ich weg von dir. Ich kann es einfach nicht mehr ertragen, dir so nah und doch so fern zu sein."

Ich bin sprachlos, weiß nicht, was ich denken soll. Lennart, mein bester Freund, ist in mich verliebt, wird Bremen verlassen. Kommt mit meiner Nähe nicht mehr klar. Und dabei dachte ich, dass das zwischen uns perfekt ist. Dass uns nichts und niemand trennen könnte.

Ich weiß nicht, warum, aber schlagartig springe ich auf, renne aus Lennarts Zimmer und verbarrikadiere mich in meinem eigenen. Bin gerade total überfordert. Überfordert von Lennis Geständnis, mit dem ich, weiß Gott, nun nicht gerechnet hatte.

Erst sagt er mir, dass er Bremen verlassen wird. Und im nächsten Moment knallt er mir indirekt an den Kopf, dass es meine Schuld ist. Dass ich der Grund bin, warum er weg will. Langsam kommt Wut in mir hoch. Ich schmeiße mich auf mein Bett, starre wütend an die Decke.

Ich muss weg von dir.

Immer wieder muss ich an seine Worte denken, bekomme sie nicht aus meinen Gedanken. Was hätte er denn gemacht, wenn Werder ihn nicht wegschicken würde? Wenn sie ihn unbedingt halten wollten?

Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon hier liege, als ich schließlich einschlafe. Doch wirklich schlafen kann ich nicht, wache immer wieder auf. Das Gespräch mit Lenni hat mich einfach zu sehr aufgewühlt.

Knappe zwei Wochen später ist der Tag gekommen, vor dem ich immer Angst hatte. Der Tag, an dem sich Lennarts und meine Wege trennen. Wir haben seit seinem Geständnis nur noch das Nötigste miteinander gesprochen. Ich war einfach zu enttäuscht, zu verletzt, dass mich mein bester Freund einfach so zurücklässt. Nur weil er seine Gefühle nicht im Griff hat. Ich will nicht, dass er mich alleine lässt!

Den Großteil seiner Sachen hat er schon aus unserer Wohnung holen lassen, steht jetzt nur noch mit einer Reisetasche hier im Flur.

Entschuldigend sieht mich mein bester Freund an, als ich ihm mit vor der Brust verschränkten Armen gegenüberstehe. „Ich denke, das war's jetzt." Gleichgültig zucke ich mit den Schultern, versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie weh es tut.

Er schultert seine Reisetasche, macht sich auf den Weg zur Wohnungstür. „Es tut mir leid", sagt er leise, was ich allerdings nur mit einem „Lass' gut sein" kommentiere. Ich sehe ihm sofort an, wie weh ihm diese Aussage meinerseits getan hat, aber ich bin zu stolz, um mich zu entschuldigen, ihm viel Glück in Hamburg zu wünschen. Ohne eine wirkliche Verabschiedung verlässt mein bester Freund schließlich mit hängenden Schultern unsere Wohnung.

Die nächsten Tage sind der Horror. Die Gewissheit, dass Lenni nicht da ist und auch nicht wiederkommen wird, zerfrisst mich. Nacht für Nacht liege ich in meinem Bett, bin nicht in der Lage zu schlafen, denn das Einzige, woran ich denken kann, ist Lennis trauriges Gesicht, als er gegangen ist. Und zu wissen, dass ich der Grund dafür bin, macht es auch nicht leichter.

Wieder liege ich in meinem Bett und kann nicht schlafen. Ich drehe mich zur Seite, sehe nun direkt auf meine Fotowand. Kurz muss ich lächeln, als ich all die Bilder sehe. Bilder von meiner Familie, Bilder von diversen Fußballspielen, Bilder von Lennart und mir aus besseren Zeiten. Ein Bild fällt mir besonders ins Auge. Es zeigt Lenni, wie er nach einem langen DVD-Abend auf unserer Couch liegt und schläft. Er sah so friedlich und auch irgendwie süß aus, dass ich damals nicht anders konnte und ihn einfach beim Schlafen fotografieren musste. Mittlerweile ist dieses Bild schon etwas verblasst und wenn ich es nicht bald an einem anderen Platz aufbewahre, wird es wohl noch ganz verblassen. Wie unsere Freundschaft.

Ich wende meinen Blick wieder ab, sehe stattdessen kurz auf meinen Wecker. Es ist kurz nach Mitternacht. Es heißt ja, dass zur Mitte jeder Nacht ein neuer Tag beginnt. Für mich trifft dies allerdings nicht zu. Denn für mich beginnt wieder ein neuer Tag voller Hoffnung - ohne Lennart.

Ich greife nach meinem iPod, der wie immer auf meinem kleinen Nachttischschränkchen liegt, stecke mir die Kopfhörer in meine Ohren und lasse mich von der Musik beschallen. So viele traurige Lieder, wie ich seit Lennis Weggang gehört habe, habe ich vermutlich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Diese Lieder sind eher kontraproduktiv, aber ich kann einfach nicht anders. Ich merke, wie sich langsam Flüssigkeit in meinen Augen sammelt. Wieder einmal. Seit mein bester Freund nicht mehr da ist, habe ich jede Nacht, während ich diese Lieder gehört habe, weinen müssen. Weil ich meinen besten Freund verloren habe.

Am nächsten Tag bin ich wie immer gerädert, was aber ganz klar ist, wenn man wieder einmal keinen Schlaf gefunden hat. Es ist kurz vor 12 Uhr, als es an der Tür klingelt. Für einen kurzen Moment kommt in mir die Hoffnung auf, dass es Lennart sein könnte. Doch schnell besinne ich mich wieder. Was sollte er denn hier wollen? Lustlos schlurfe ich zur Tür und mir steht ein scheinbar gut gelaunter Felix gegenüber, wie ich anhand seines Grinsens vermute.

„Hey", begrüßt er mich und betritt sogleich meine Wohnung.

„Komm' doch rein", murmele ich genervt, ehe ich die Tür wieder schließe. „Was willst du hier?"

„Dir Gesellschaft leisten?", antwortet mir mein Kumpel. „Aber das scheint dir ja nicht so recht zu sein."

„Du hast es erfasst", gebe ich leicht gereizt zurück. Ich weiß, dass Felix nichts dafür kann, dass das mit Lenni in die Brüche gegangen ist.

„Gott, du bist 'ne richtige Zicke, weißt du das? Seit Lenni weg ist, bist du unmöglich!"

„Und? Entschuldige bitte, dass ich meinen besten Freund vermisse!", blaffe ich ihn an. „Verdammte Scheiße!" Wütend stapfe ich in die Küche, stütze mich an der Arbeitsfläche ab. Ich versuche, mich zu beruhigen, aber es geht nicht. Der fehlende Schlaf, die Leere in mir ... Das alles nimmt gerade Überhand. „Lenni ...", flüstere ich, merke, wie mir Tränen die Wangen runterlaufen. Ich vermisse ihn so sehr, dass es schon wehtut.

„Flo", höre ich Felix mit sanfter Stimme hinter mir sagen, „Ich weiß, dass dir Lenni fehlt. Ihr wart schließlich die besten Freunde, wart ständig zusammen. Da ist es natürlich 'ne ziemliche Umstellung, plötzlich alleine zu sein. Aber glaub' mir, das wird schon wieder."

„Nein, verdammt!" Ich drehe mich um, blicke Felix aus mit Tränen gefüllten Augen an. „Es wird nicht wieder! Es wird nie wieder so, wie es mal war! Ich habe meinen besten Freund verloren. Ich habe Lenni verloren. Weißt du, wie weh das tut?"

Entschuldigend sieht er mich an. „Es tut mir leid, Florian. Soll ich dich lieber alleine lassen?"

Zaghaft nicke ich, will jetzt wirklich lieber alleine sein. Ich weiß, dass es Felix mit seinem Besuch nur gut gemeint hat, aber ich brauche jetzt wirklich Ruhe. Verständnisvoll nickt er mir zu, ehe er meine Wohnung wieder verlässt.

Ich lasse mich am Küchenschrank nach unten auf den Boden sinken, ziehe die Knie an und schlinge meine Arme um diese. Immer, wenn es mir schlecht ging, war Lenni da und hat mich getröstet. Aber jetzt ... jetzt bin ich allein. Ich schließe die Augen, habe sofort wieder das Bild von Lenni in meinem Kopf.

Und plötzlich wird es mir bewusst. Mir wird klar, warum ich Lennart so vermisse. Warum es so wehtut.

Es tut so weh, weil ich ihn liebe. Und das vermutlich schon viel länger, als mir eigentlich klar war. Vermutlich sogar schon vor seinem Geständnis.

Schnell richte ich mich auf, schnappe mir das Telefon, um Felix anzurufen.

„Kroos?", meldet sich dieser nach wenigen Momenten.

„Ich bin's", sage ich leise, „kannst du mir bitte Lennarts Adresse geben?"

„Ich weiß nicht, ob ich die einfach so weitergeben darf. Lenni hat mir erzählt, dass ihr euch vor seiner Abreise ziemlich heftig gestritten habt", antwortet er mir.

„Bitte, Felix! Es ist dringend", flehe ich ihn an, was anscheinend gut war, denn er gibt mir tatsächlich Lennis Adresse. „Danke, Felix", sage ich noch, bevor ich auflege.

Ich gehe in mein Zimmer, schnappe mir mein Handy, meine Geldbörse, gehe anschließend in den Flur, nehme meinen Autoschlüssel vom Haken, ziehe Schuhe an und eile aus der Wohnung.

Nach einer knappen Stunde Fahrt bin ich endlich vor dem Haus angekommen, in dem Lennart wohnt. Ich steige mit zitternden Händen aus meinem Wagen aus, gehe auf die Haustür zu. Ich atme noch einmal tief durch, ehe ich die Klingel betätige.

„Ja?", ertönt die mir so vertraute Stimme durch die Gegensprechanlage.

„Ich bin's", erwidere ich leise, hoffe dabei, dass mir Lennart öffnet. Und dies tut er auch keine fünf Sekunden später.

Schnellen Schrittes gehe ich die Treppen in den zweiten Stock hoch, wo Lenni bereits an der Tür auf mich wartet. „Was machst du hier?", will er wissen.

„Du fehlst mir", antworte ich ihm mit brüchiger Stimme, traue mich nicht, ihn dabei anzusehen.

„K-komm' rein", sagt er und geht einen Schritt zur Seite. Er scheint leicht überfordert zu sein, was ich ihm natürlich nicht verübeln kann. Ich betrete seine Wohnung, drehe mich wieder zu ihm um. Und kaum, dass er die Tür geschlossen hat, falle ich ihm um den Hals. „Lenni", flüstere ich, drücke ihn dabei so fest ich kann an mich. „Du hast mir so gefehlt", schluchze ich, kann es nicht verhindern, dass mir erneut die Tränen kommen.

„Du mir doch auch", sagt er.

Eine ganze Weile stehen wir so in seinem Flur, halten uns einfach nur fest. Schließlich bin ich es, der die Umarmung löst, drücke ihn sanft von mir. „Diese Gefühle für mich ... Sind die noch da?", will ich von ihm wissen, sehe ihm dabei direkt in die Augen. Lennart kann meinem Blick nicht stand halten, senkt seinen Kopf, als ein leises „Ja" seinen Lippen entweicht. Augenblicklich muss ich lächeln, lege eine Hand in seinen Nacken, ziehe ihn zu mir, so dass nur noch wenige Zentimeter unsere Lippen voneinander trennen. „Das ist gut", flüstere ich gegen seine Lippen, ehe ich diese mit meinen verschließe. Es ist nur ein kurzes Berühren unserer Lippen, aber es sagt mir, dass das hier richtig ist.

Mit weit geöffneten Augen schaut mich Lennart an. „Flo ... Was sollte das?"

„Die letzten Wochen ohne dich waren grausam. Ich hab' dich so sehr vermisst, dass es schon wehtat. Und die Art und Weise, wie ich dich hab' gehen lassen, hat's nicht wirklich besser gemacht. Es tut mir so leid, Lenni. Ich weiß, dass ich dich damals, als du gegangen bist, mit meinen Worten verletzt hab'. Aber glaub' mir, das war das letzte, was ich wollte. Ich war nur einfach so traurig und enttäuscht", erkläre ich ihm, hoffe, dass er mich wenigstens ein bisschen verstehen kann. „Und heute, als ich wieder einmal kurz vorm Zusammenbruch war, ist es mir endlich klar geworden. Mir ist endlich klar geworden, warum du mir so gefehlt hast. Warum es so verdammt wehgetan hat ... Ich liebe dich, Lennart."

Nun ist es raus und mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Hoffnungsvoll sehe ich ihn an, warte auf eine Reaktion seinerseits. Und als er mich dann mit seinem typischen Lenni-Lächeln ansieht, weiß ich, dass ich nicht zu spät bin. Dass wir eine Chance haben.

„Ach, Flo", sagt er schließlich, kommt einen Schritt auf mich zu. Er drückt mir einen sanften Kuss auf die Stirn, zieht mich dann in seine Arme. Ich vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge, atme seinen Geruch tief ein. Mir entweicht ein wohliges Seufzen, kann es noch nicht so ganz glauben, dass ich hier gerade mit Lenni stehe. Liebevoll streichen seine Hände meinen Rücken hoch und runter, geben mir unglaublich viel Wärme.

Als wir uns wieder voneinander gelöst haben, legt Lenni eine Hand an meine Wange, streicht mit seinem Daumen meinen Wangenknochen entlang. „Ich liebe dich", haucht er mit einer Stimme, die mir eine Gänsehaut beschert, ehe er seine Lippen zärtlich auf meine legt.

My Derailment.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt