Zeit verbringen

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„Jetzt komm her", ertönte eine quengelige Stimme aus Richtung Bett.

Ich hatte mich erst vor etwa fünf Minuten an meinen Tisch gesetzt, um an einem Aufsatz zu schreiben, aber mein „Patient" hatte wohl chronische Langeweile und den unbedingten Willen, mich vom Arbeiten abzuhalten.

Ich musste zugeben: Einerseits hatte ich es mir einfacher vorgestellt, mich um Draco zu kümmern, solange er sich von dem Angriff erholte. Ein bisschen Tee kochen, ihn mit Essen versorgen und hin und wieder mit ihm kuschelnd im Bett liegen.

Andererseits war es sowohl anstrengender, als gedacht, weil er sich als ausgewachsene Diva entpuppte, die ständig meiner Aufmerksamkeit bedurfte. Aber er war auch viel anhänglicher, als ich vermutet hatte. Ich verbrachte die meiste schulfreie Zeit mit ihm im Bett.

Sein Bedürfnis nach Nähe war wirklich erstaunlich ausgeprägt und ich genoss jeden Moment davon.

Noch vor einer Woche hatte ich mir Sorgen gemacht, er wolle mich nicht mehr, wenn er erst einmal wüsste, wer ich war. Dass sich das Ganze jetzt so entwickelt hatte, war wirklich der bestmögliche Ausgang für uns beide gewesen.

Also abgesehen von dem Angriff auf ihn, bei dem er fast gestorben wäre.

Seufzend gab ich nach, legte den Federkiel zur Seite und erhob mich von meinem Platz. Ich streifte meine Schuhe vor dem Bett ab und glitt neben Draco unter die schweren Laken, wo er mich sofort an sich zog. Nach ein wenig hin und her Rutschen hatte er es sich auf meiner Brust gemütlich gemacht und fuhr mit den Fingern auf meinem Arm Kreise nach. Ich legte meinen freien Arm um ihn und drückte ihm einen Kuss auf das Haar.

„Ist dir etwa langweilig?", fragte ich schmunzelnd.

Draco zuckte mit den Schultern. „Hab ja nichts zu tun." Madam Pomfrey hatte ihm absolute Bettruhe für mindestens zwei Wochen verordnet, damit sich sein Körper von den Verletzungen an seinem Kopf und den Hand- und Fußgelenken erholen konnte, sowie von der langen Zeit in der Kälte. Sie hatte gesagt, er hätte Glück gehabt, sich keine schlimmeren Erfrierungen zugezogen zu haben. Das war vor etwa einer Woche gewesen, seitdem hatte er die meiste Zeit dösend in meinem Bett verbracht.

„Hm, du könntest...willst du irgendwas von mir wissen?", überlegte ich. „Ich meine, wir kennen uns seit acht Jahren, also vermutlich gibt es nicht viel, das du noch nicht weißt, aber..."

„Deine Brille", unterbrach mich Draco.

Verwirrt sah ich ihn an. „Ich trage keine Brille."

„Eben!" Er stemmte sich hoch und legte den Kopf auf seinen verschränkten Armen auf meiner Brust ab, sodass er mich ansehen konnte. Mit skeptisch zusammengezogenen Augenbrauen musterte er mich. „Seit wann trägst du keine Brille mehr? Und wieso? Siehst du mich überhaupt?", wollte er dann wissen.

Ich schmunzelte. „Nein, zum Glück nicht."

Draco schnappte empört nach Luft und boxte mir spielerisch gegen die Schulter. „Du hast mir vor wenigen Tagen erst gesagt, dass ich perfekt bin. Das kannst du nicht zurücknehmen."

„Ach verdammt, ich wusste, das hätte ich nicht sagen sollen", erwiderte ich lachend und auf Dracos Gesicht breitete sich ein zufriedenes Grinsen aus. „Ich hab mir die Augen korrigieren lassen", erklärte ich dann. „Nach dem Krieg hat mich Ron gefragt, was ich eigentlich gemacht hätte, wenn mir irgendwer meine Brille abgenommen hätte. ‚Accio Brille' und der Hoffnungsträger der Zauberer-Nation ist machtlos. Und...das war ehrlich gesagt ein guter Punkt, also bin ich zu Madam Pomfrey gegangen und sie hat mich an das St. Mungos verwiesen, die den Zauber dann durchgeführt haben."

„Tat das weh?", erkundigte sich Draco. „Und wieso machen das nicht noch mehr Zauberer? Dumbledore hatte doch auch eine Brille und der hätte das vermutlich selbst korrigieren können, oder?"

Drarry: Raum der ZweisamkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt