Kapitel 6

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"Chuuya, 

Diese Wohnung kommt mir gerade so unheimlich groß vor. Sie ist viel zu groß für eine einzelne Person. Diese Stille,  die hier herrscht erdrückt mich, was soll ich nur tun? Es tut mir so leid, dass das hier jetzt kein romantischer Liebesbrief ist und es tut mir leid, dass ich mich jedes Mal bei dir ausheule sobald es mir schlecht geht. Ich würde dir viel lieber sagen, wie unheimlich sehr ich dich liebe und ich deine Nähe spüren will, aber wie du schon sagtest muss ich meine Emotionen auch mal rauslassen. Du hast recht, es bringt definitiv nichts alles nur in mich hinein zu fressen. Es ist im Moment einfach alles zu viel, aber ist es das nicht eigentlich immer? Egal wie entspannt und glücklich man ist, man merkt es immer erst später und beschwert sich über die momentane Situation. Es gibt nun mal immer etwas, das nicht so ist, wie man es gerne hätte, aber trotzdem, sollte man zufrieden sein mit dem was man hat. Naja man sollte es jedenfalls versuchen. Aber egal wie oft und stark ich versuche zufrieden mit meinem Leben zu sein, wird mir immer vor Augen geführt, dass ich das, was mir am wichtigsten ist und was ich am dringendsten brauche nicht haben kann. Und das bist du. Du bist meine Welt. Ich will wissen, wann es dir schlecht geht oder das du verletzt bist, sonst halte ich das einfach nicht aus. Ich wäre am liebsten immer bei dir um zu sehen, dass alles okay ist. Ich weiß wirklich nicht wie lange ich diese Distanz zwischen uns noch aushalten kann. Mit jeder Sekunde, Minute, Stunde will ich deine Nähe mehr. Dieses Verlangen hat sich auch nach ganzen vier Jahren nicht gelegt- egal wie sehr ich versucht habe es zu unterdrücken. Chuuya, ich liebe dich wirklich von ganzem Herzen, du hast mir mit deiner Fürsorge, deiner Liebe und deinem Vertrauen den Atem geraubt. So viel zum Thema: "Das wird kein romantischer Liebesbrief". Tja, ich bin mir sicher, dass du es nicht schlimm findest. 

Mit all meiner Liebe

Dazai"

Chuuya starrt auf die Worte vor sich und fühlt sich seltsam geborgen. Auch wenn der Braunhaarige gerade irgendwo anders in Yokohama ist, fühlt es sich so an, als stände er direkt neben ihm. Er liest die Worte Dazais nicht, nein er hört sie, als würde sein Freund sie ihm vorlesen. Und ja, er kann ihn verstehen, auch Chuuya fühlt sich in seiner Wohnung oft alleine. Vor vier Jahren haben sie hier zusammen gewohnt und jetzt ganz alleine ins Bett zu gehen, bei dem die andere Seite kalt bleibt, tut weh. Oft bildet er sich ein Dazais Geruch würde noch daran haften, aber das ist eher eine Wunschvorstellung, dafür ist es zu lange her, dass der Braunhaarige dort geschlafen hat. Trotz der Einsamkeit ist Chuuya unendlich gerührt von dem was auf dem Papier in seinen Händen steht. Auch wenn Dazai so etwas schon oft gesagt oder geschrieben hat, kann er es nie realisieren, dass er wirklich zu diesem wunderbaren Menschen gehört. Gerührt nimmt er sich also Stift und Papier und beginnt einfach drauf los zu schreiben. 

"Lieber Dazai,

Ich liebe dich und deine Briefe über alles. Jedes mal wenn ich ein neues Stück Papier von dir in  meinen Händen halten erfüllt mein Körper Glück und Vorfreude. Es ist mir egal, ob du mir deine Liebe in den besten Wörtern dieser Welt gestehst oder mir von deinen Problemen erzählst, denn so zeigst du mir auch gleichzeitig, wie sehr du mir vertraust und das du dich mir öffnen kannst. Außerdem bin ich durch alles was ich von dir höre unglaublich erleichtert, da ich so genau weiß, dass  du noch lebst. Denn ob du es mir glaubst oder nicht, ich habe große Angst davor dich zu verlieren. Was soll ich denn bloß ohne dich machen, ohne deine Arme, in die ich mich immer fallen lassen kann und ich mir sicher sein kann, dass sie mich auffangen und halten? Du bist meine Stütze und hilfst mir dabei aufrecht zu stehen. So war das bei uns ja schon immer, ohne einander sind wir nichts und zusammen kann uns niemand stoppen. Selbst unsere Fähigkeiten ergänzen sich perfekt. Ich zerstöre und du hast die Gabe das zu stoppen, sodass ich mich nicht ausversehen selbst zerstöre. 

Ich glaube ganz fest daran, dass wir uns bald wieder sehen, uns umarmen und küssen können und einfach die Nähe des anderen genießen können. Jeden Abend bevor ich schlafen gehe bete ich dafür und oft träume ich auch von uns. Es fühlt sich so real an, dass ich am nächsten Morgen, wenn ich aufgewacht bin etwas enttäuscht bin, dass es wirklich nur ein Traum war. Aber dennoch bin ich froh darüber, denn so kann ich deine Nähe ansatzweise spüren und es gibt mir irgendwie Vertrautheit. Mann, das muss sich ja richtig bescheuert anhören, immerhin ist das alles nicht real und nur in meinen Gedanken, aber es ist trotzdem wunderschön. 

Mit Liebe 

Chuuya"

Hoffentlich wird Dazai verstehen, was er mit dem letzten Part meint und hält ihn nicht für völlig gestört, aber das wird schon. Leise vor sich hin summend packt Chuuya den Brief in einen Umschlag und bringt ihn sofort zur Post. 

Als Dazai den Brief bekommt und liest schmunzelt er sofort. Ja, er weiß was Chuuya mit den Träumen meint, denn ihm geht es ähnlich, wenn er nicht gerade Albträume mit Ereignissen aus vergangenen Jahren hat. Bei den Erinnerungen an diesen verblasst das Grinsen auf dem Gesicht des Braunhaarigen und er seufzt einmal schwer. Stimmt ja, die Albträume sind immer noch da, das haben Chuuyas Briefe leider nicht verändert. Zwar fühlt Dazai sich etwas besser seitdem er wieder Kontakt mit seinem Freund hat, aber es ist immer noch nicht alles wieder gut und er bezweifelt, dass es das jemals wieder komplett wird. Zumindest nicht in seinem Leben. Trotz all den negativen Gedanken und Gefühlen machen ihn Chuuyas Worte auch glücklich. Der Liebesbeweis, der in dem Brief steht mag auf andere unbedeutend wirken, aber für den Braunhaarigen ist es so viel mehr. Mit gemischten Gefühlen steht er auf, legt den Brief zu den anderen und beschließt, dass er wohl ziemlich erschöpft ist und schlafen sollte. 

Letters from you - Dazai x ChuuyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt