Kapitel 8

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Wie schon gesagt gilt auch für dieses Kapitel eine TW was Suizid, selbstverletzendes Verhalten etc. angeht. Viel Spaß beim Lesen <3

"Chuuya,

Ich hätte es gerade fast schon wieder getan. Wie du es mir geraten hast, bin ich baden gegangen und dann lag dort die Klinge. Diesem Ding habe ich die Verbände an meinen Armen zu verdanken, da ich die Narben immer noch nicht sehen kann. Ich verspreche dir, dass ich nichts getan habe, was dich enttäuschen kann. Ich bin selber viel zu geschockt davon, dass ich darüber nachgedacht habe sie nochmal zu benutzen. Ich weiß, dass die Schmerzen nur für kurze Dauer helfen und danach schäme ich mich jedes mal so unfassbar sehr für meine Taten. Außerdem dachte ich, dass fünf Jahre reichen würden um endlich damit abzuschließen, aber anscheinend habe ich mich getäuscht. Chuuya ich habe Angst, was ist wenn ich mich das nächste mal nicht kontrollieren kann? Was ist wenn ich mich wieder selbstverletze? Ich weiß nicht ob ich das schaffe, ob ich stark genug bin. Immer wenn mir klar wird, was ich getan habe, habe ich das Gefühl nicht mehr richtig atmen zu können. Ja, im ersten Moment mag es zwar helfen, aber die Folgen sind zu krass. Ich brauche dich, damit du mich davon abhälst, damit du mich ablenkst und mir zeigst, wie schön diese verkorkste Welt sein kann. 

Noch immer kann ich mich an dein Gesicht erinnern, als du das erste mal gesehen hast, wie ich mich selbstverletze. Du warst geschockt, bist zu mir gerannt, hast die Klinge aus meiner Hand genommen, sie durch den Raum von uns weggeschmissen und mich feste umarmt. Du hast mich nicht angeschrien, wie es andere gemacht hätten, du bist nicht einfach weggerannt und hast weggeguckt, nein du bist bei mir geblieben. Zwar haben wir beide geheult wie sonst was, aber wir waren füreinander da. Nach einer Weile bist du aufgestanden und hast einen Verband, Desinfektionszeug und Tupfer geholt. Ganz vorsichtig hast du nach meinem Arm gegriffen, diesen mit einer Hand festgehalten und mit deiner anderen hast du den mit Desinfektionsmittel getränkten Tupfer über die Wunden gleiten lassen. Es hat gebrannt und ich dachte gleich fällt mir der Arm ab, immer wieder habe ich gezischt oder gewimmert, aber dann hast du mich angeguckt und beruhigende Worte gesagt. Nachdem du mit dem ersten Arm fertig warst, hast du dasselbe beim Zweiten gemacht. Dann saß ich da mit Verbänden an den Armen auf dem Boden und wusste nicht was ich sagen oder tun soll. Doch du hast dich neben mich gesetzt, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, hast meinen Kopf auf deine Schulter gelehnt und mich gestreichelt. So lange bis ich eingeschlafen bin. Eins kann ich dir sagen, die Position war ziemlich unbequem, aber ich war und bin dir immer noch so unglaublich dankbar dafür. Als ich wieder wach wurde lag ich im Bett und du kamst mit einem Nutellabrot und einem beruhigenden Tee rein, meinem Lieblingstee. Sanft hast du mir den Teller auf den Schoß und den Tee auf den Nachttisch gestellt, dann bist du zu mir gekommen und meintest ich solle erst mal in Ruhe essen. Dies habe ich getan und als ich damit fertig war hast du angefangen mir Fragen zu stellen. Immer hast du geduldig auf die Antwort gewartet und mich nicht gedrängt, außerdem hast du es auch akzeptiert, wenn ich nicht antworten wollte. Die Tage, Wochen und Monate danach hast du dich um mich gekümmert, meine Wunden verarztet, wenn neue dazu gekommen sind und warst einfach da. Dann, als es mir etwas besser ging hast du mich geküsst, du kannst dir nicht vorstellen wie glücklich ich war. Jedenfalls haben wir es damals irgendwie geschafft, meine Sucht zu beenden, auch wenn es lange gedauert hat und ich habe Angst, dass ich jetzt wieder damit anfange. Ich würde all unsere Fortschritte wegwerfen und dich enttäuschen, das will ich nicht, glaub mir. Das Verlangen, das heute in mir aufgestiegen ist, hat mich selber überrascht und auch verunsichert. Ich will doch gar nicht wieder damit anfangen, bitte Chuuya ich brauche deine Hilfe, ich brauche dich hier, nicht nur deine Briefe.

Ich liebe dich von ganzem Herzen.

Mit all meiner Liebe

Dazai"

Erschüttert blickt Chuuya auf den Brief in seinen Händen und langsam verschwimmen die Buchstaben, erst als die erste Träne auf das Papier fällt, realisiert er, dass er weint. Nie hätte der Orangehaarige gedacht, dass es Dazai wieder so schlecht geht. Am liebsten würde er jetzt auf der Stelle losstürmen und den Detektiv in seine Arme schließen, ihm beruhigende Worte zuflüstern und dann mit ihm in die Wohnung zurück gehen. Hier würde es dann wieder ein Nutellabrot und den Tee geben und er würde einfach nur für seinen Freund da sein. Er ist wirklich kurz davor alles stehen und liegen zu lassen, nur um zu seinem Freund Beistand zu leisten. Verzweifelt, weil er sonst nichts tun kann greift er nach einem Blatt Papier, zerknickt es in seiner Eile etwas und schreibt in unordentlicher Schrift:

"Lieber Dazai,

Ich bitte dich, wir müssen uns unbedingt treffen. Ich ertrage es nicht dich so leiden zu sehen und ich will nicht am Ende ohne dich da stehen. Aber ich bin dir auch so unglaublich dankbar dafür, dass du mir von dem Vorfall erzählt hast, denn ich weiß, dass sowas nicht einfach ist. Du hast mir damit so viel anvertraut, dass ich es gar nicht richtig glauben kann. Danke, dass ich so eine wichtige Person in deinem Leben sein darf. Zusammen werden wir das wieder hinbekommen, du wirst keinen Rückfall haben, dafür werde ich sorgen. Bitte, ich möchte, dass wir uns am 27.08. um 16:00 Uhr auf dem alten Hochhaus treffen. Das ist in einer Woche, bis dahin solltest du diesen Brief erhalten haben. Du musst bis zu diesem Tag durchhalten, versuch es bitte noch ein wenig länger. Natürlich ist es schwer und aufgeben erscheint hier die leichtere Option zu sein, aber ich weiß, dass du stark bist und das schaffst. Eine Woche, sieben Tage, dann werden wir uns sehen. Bis dahin musst du überleben, wenn nicht für dich, dann versuch es für mich und die Menschen denen du etwas bedeutest. Tja, das sagt in so einer Situation wohl jeder, es tut mir leid, dass mir gerade einfach nicht die richtigen Worte einfallen, aber das einzige woran ich gerade denken kann ist dass ich dich jetzt gerne bei mir in meinen Armen hätte. Das werden wir nächste Woche auf dem Hochhaus machen, uns einfach gegenseitig Nähe und Wärme spenden. Natürlich werden wir auch reden und was weiß ich noch alles machen aber als erstes werde ich dich in meine Arme reißen. Wenn du eine Auszeit brauchst, dann melde dich auf der Arbeit krank und tu das, was dir gut tut wirklich gut tut und dich nicht verletzt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich auf nächste Woche freue.

Mit Liebe

Chuuya"

Die Hände des Orangehaarigen zittern immer noch und auch die Tränen haben nicht aufgehört über seine Wangen zu laufen. Die Tinte auf dem Brief ist an ein paar Stellen durch die salzige Flüssigkeit verschmiert, aber dennoch zu erkennen. Hoffentlich erreicht der Brief den Detektiv rechtzeitig und hoffentlich wird dieser auch zu dem Treffen am 27.08. erscheinen. Schnell packt Chuuya den Brief ein und geht zum Postamt. Auf dem Weg dorthin werfen ihm die Passanten immer wieder abwertende Blicke zu und in seinem Kopf verflucht er jeden einzelnen von ihnen. Ja es mag vielleicht seltsam aussehen, wie er da mit vom Weinen geröteten Augen die Straße entlang geht und vermutlich unnatürlich blass ist, aber gibt es ihnen wirklich das Recht ihn zu beurteilen? Nur weil er im Moment eben auffällt? Keiner nicht ein einziger von ca. 100 Leuten denen er auf der vollen Straße entgegen kommt fragt nach ob man ihm helfen könnte oder macht Anstalten sich um ihn zu kümmern, nein sie sehen ihn alle an, als wäre er ein Außerirdischer. Diese Welt ist so ekelhaft und jetzt versteht Chuuya seinen Freund, wie kann man das alles hier bloß ertragen?

Letters from you - Dazai x ChuuyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt