Kapitel 9

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,,Ich hab übrigens oft an den Abend in der Benz-Arena gedacht!" ich zucke zusammen und sehe auf, als wir in der Küche stehen und uns einen neuen Kaffee besorgen. ,,Es tut mir leid, dass ich damals so reagiert habe, aber ich war einfach überfordert mit der ganzen Situation. Es stand zu dem Zeitpunkt schon fest, dass ich nach Hamburg ziehe und wer weiß, wie es gelaufen wäre, wenn ich den Job nicht bekommen hätte. Ich denke so oft an Berlin zurück und frage mich, ob es nicht vielleicht doch ein Fehler war wegzuziehen. Ich hab deine Show in Hamburg vor ein paar Wochen gesehen und somit auch Kawus auf der Bühne und ich hatte plötzlich wieder so ein schlechtes Gewissen, dass ich euch alle zurückgelassen habe und mich damals nicht einmal verabschiedet habe, sonder nur eine WhatsApp an alle geschickt habe, um mich für alles zu bedanken! Ich stand damals eine halbe Stunde vor dem Büro und bin nicht hoch, weil ich einfach nicht gewusst habe, wie ich dir gegenübertreten soll!" ich sehe wie ihre Augen glasig waren und habe das Bedürfnis sie in meine Arme zu ziehe, lasse es aber bleiben.

Ich schlucke, als sie wieder anfängt. ,,Ich hab so oft an meiner Entscheidung gezweifelt und weiß mittlerweile, dass es Falsch war meine Heimat zu verlassen. Ich habe in Hamburg meine Eltern und auch ein paar Freunde, vor allem aus der Boutique beziehungsweise dem Büro, aber ich hab in den letzten zwei Jahren gemerkt, dass das ein Ort ist, wo ich mich wohlfühlen kann, aber Berlin ist einfach immer noch mein zu Hause und ich bereue es fast täglich all das hinter mir gelassen zu haben. Ich wollte in den Norden ziehen, um häufiger bei meinen Eltern zu sein, aber auch die haben mir die Augen geöffnet und mir oft deutlich gemacht, dass sie sich schuldig fühlen, dass ich euch alle hängen lassen habe und vor allem uns beide. Das ich unsere Freundschaft aufgegeben habe!" Die ersten Tränen bahnen sich den Weg und ich kann nicht anders, als sie in meine Arme zu nehmen und ich kann es nicht leugnen, dass es sich wahnsinnig gut anfühlt.

,,Was hast du damals eigentlich damit gemeint, dass es zu spät ist? Das waren damals deine letzten Worte, bevor du gegangen bist!" sie nickt und scheint sich auch daran zu erinnern. Ich habe mir damals wochenlang darüber den Kopf zerbrochen und bin zu keinem Ergebnis gekommen. Lina atmet einmal tief ein und fixiert dann einen Punkt hinter mir. ,,Ich hab damals zu dir auf den Weg zur Bar gesagt, dass ich die Nacht mit dir bereue und das sie mir nichts bedeutet hat, aber das war nicht die Wahrheit. Ich hab mich damals in dich verliebt gehabt, als wir uns kennengelernt haben. Das ist jetzt fast zwölf Jahre her, du warst damals noch mit Mara zusammen und als ihr euch dann getrennt hab, gab es bei mir Philip. Ich dachte immer, dass ich nicht mehr die Gefühle für dich habe, wie nach unserem Kennenlernen, aber ich hab dann gemerkt, dass sie nur noch stärker geworden sind. Der Abend beziehungsweise die Nacht hingen mir noch lange nach, weil ich an nichts anderes mehr denken konnte. Es war im Prinzip genau das, was ich mir vorher monatelang gewünscht habe, dass du mich nicht nur als deine beste Freundin siehst.

Ich hatte schon meine Kündigung eingereicht und dann der Abend nach der Bar, als du mir deine Gefühle gestanden hast. Ich war einfach überfordert und wollte flüchten! Das ich dir damals nicht gesagt habe, dass ich für dich genauso fühle, beschäftigt mich bis heute noch. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich es dir gesagt hätte. Hätten wir uns vor die Wand gefahren oder wären wir jetzt glücklich miteinander? Man, Felix! Ich weiß, dass es der größte Fehler meines Lebens war, aber ich kann es jetzt auch nicht mehr rückgängig machen!" sie schaut mich an und ich schaue in glasige Augen, nehme meinen Blick jedoch sofort wieder von ihr.

Das Klingeln ihres Handys unterbricht unser Schweigen, als sie einen Blick auf as Display schaut, ändert sich ihre Mimik schlagartig. ,,Marius, was willst du?" genervt rollt sie mit den Augen und ich erkenne den Schmerz in ihnen. ,,Nein, ich bin nicht in Hamburg und kann deswegen auch keinen Kaffee mit dir trinken gehen!" ich verstehe den Mann am anderen Ende leider nicht, aber kann mir ein Schmunzeln bei Linas genervtem Gesichtsausdruck nicht verkneifen.

,,Ich weiß noch nicht wann ich wieder komme, da ich für die Firma noch ein paar Gewerbeflächen anschaue und das mich etwas länger nach Berlin verschlagen hat. Ich bin nicht vor nächster Woche Samstag zurück. Ich muss jetzt leider auch auflegen, da ich einen wichtigen Termin habe!" mit diesen Worten beendet sie das Gespräch und steckt ihr Handy kopfschüttelnd wieder zurück in die Hosentasche. ,,Du bleibst bis nächste Woche?" überrascht sehe ich sie an. ,,Ja, wir wollen uns mit AfterHours vergrößern und haben ein paar Läden und auch Büroflächen in Berlin gefunden, die wir uns gerne anschauen wollen." ,,Was heißt wir?" ,,Christian, mein Chef und ich, allerdings übernehme ich das! Deswegen wollte ich auch noch mit dir reden!" interessiert sehe ich sie an. ,,Warum musst du da mit mir reden, wenn ihr euch vergrößert?" ich verstehe nicht ganz, was ich damit zu tun habe.

,,Ich habe mit Christian gesprochen und würde mir wünschen, dass wir bei uns dein Label in den Läden aufnehmen. Es wäre mir eine Ehre, wenn deine Kollektion bei uns in den Geschäften hängt, vor allem natürlich hier in Berlin!" ,,Du schockierst mich heute immer wieder mit deinen Ideen! Erst könntest du etwas im KaDeWe klarmachen und jetzt willst du, dass mein Label in euren Geschäften hängt!" sie zuckt nur mit den Schultern und grinst mich an. ,,Ich trage selbst deine Klamotten und wenn ich nicht von ihnen zu einhundert Prozent überzeugt wäre, würde ich dir es nicht anbieten!"

Hype! - Felix LobrechtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt