Geheimnisse

234 12 4
                                    

Ich muss wahnsinnig schnell eingeschlafen sein. Als ich wach werde ist es, dem Blick auf mein Handy nach zu urteilen, 8 Uhr. Chris neben mir ist wahnsinnig unruhig, er dreht sich immer wieder hin und her, Schweiß steht auf seiner Stirn und er murmelt vor sich hin. Ich rutsche etwas näher an ihn ran, um zu hören was er murmelt. ,,Nein, bitte, tut mir das nicht an! Ich tue alles!''. Sein ganzer Körper ist angespannt, dieser Albtraum scheint ihm wirklich zu schaffen zu machen. Ich streichle ihm sanft über das Gesicht und ziehe ihn an mich. ,,Psst, hey, Baby, es ist alles in Ordnung, ich bin da!'', flüstere ich ihm zu. Er wacht erschrocken auf, klammert sich fest an mich ran und vergräbt seinen Kopf in meinem Hals. Er sagt gar nichts, aber ich merke, dass er weint. Ich streichle ihm einfach nur beruhigend über den Kopf und den Rücken. Erst langsam fängt er an sich zu entspannen, die Schluchzer werden leiser und der Atem beruhigt sich wieder. Er setzt sich ein Stück weg von mir und vergräbt sein Gesicht in den Händen. ,,Hey, es war nur ein schlechter Traum! Du bist zuhause, es ist alles okay!'', vorsichtig versuche ich seine Hände von seinem Gesicht wegzuziehen. ,,Es geht nicht um den Traum...'', seine leise Erwiderung verunsichert mich. Hat es etwas damit zu tun, was Scott angedeutet hat? Ich sehe ihn fragend an, doch er steht wortlos auf und geht zum Schrank, um sich etwas anzuziehen. Ich stehe ebenfalls auf und gehe zu ihm. ,,Chris, bitte, rede mit mir!''. Er schüttelt nur den Kopf und flüstert, dass er das jetzt nicht kann. Dann pfeift er nach Dodger, der sofort aus seinem Körbchen aufspringt und hinter Chris die Treppe runter läuft. Ich bleibe verwirrt, besorgt und verletzt zurück. Zur Ablenkung nehme ich ein Bad.

Chris' Sicht

Ich bleibe auf halber Treppe stehen, überlege kurz, ob ich nochmal hoch gehen soll, um es Lara zu erklären. Kopfschüttelnd entscheide ich mich dagegen. Dodger wartet unten bereits an der Tür, mit seiner Leine im Maul. Der Anblick bringt mich zum Schmunzeln, Tiere sind eben doch die beste Therapie. Ich ziehe mir die Schuhe an, nehme meinen Schlüssel und leine Dodger an, dann gehe ich raus. Auf dem Weg zum Feld kreisen meine Gedanken, ich bin froh, dass ich mein Handy zuhause gelassen habe. Beim Feld angekommen, setze ich mich auf eine Bank, lasse Dodger von der Leine und sehe ihm zu, wie er durchs Feld springt. Der Gedanke, nach Hause zu gehen und mit Lara zu reden, schnürt mir die Luft ab. Ich muss es aber durchziehen. Dieser verdammte Traum! Seit Januar war alles gut! Lara tut mir gut, ihre pure Anwesenheit beruhigt mich. Auch heute Morgen, sie hat ja nicht viel getan, oder gesagt, aber allein die Tatsache, dass sie da war, hat extrem geholfen. Hoffentlich habe ich sie mit meinem stummen Abgang nicht vertrieben... Hoffentlich ist sie noch bei mir. Der Gedanke, dass sie einfach gegangen sein könnte, macht mir noch mehr Angst, als der Gedanke an das Gespräch. Ich pfeife nach Dodger, der auch sofort freudig angestürmt kommt, leine ihn wieder an und mache mich schellen Schrittes auf den Weg zurück. 10 Minuten später schließe ich die Türe auf und sehe mich beim Ableinen von Dodger in der Garderobe um. Ihre Schuhe sind noch da, ihr Schlüssel hängt am Schlüsselbrett. Gott se Dank! Ich atme erleichtert aus. Ich ziehe meine Schuhe aus und gehe die Treppe hoch, aus dem Badezimmer höre ich leise Musik. Die Tür ist nur angelehnt, ich werfe einen vorsichtigen Blick durch den Spalt. Lara sitzt in der Badewanne, es duftet nach der Rosen-Badebombe, sie hat der Tür den Rücken zugekehrt, hört Musik und singt dabei leise mit. Ich drücke die Tür ein Stückchen weiter auf, ohne sich zu mir umzudrehen sagt sie : ,,Es ist nicht sehr Gentleman-like Leute im Badezimmer zu beobachten Christopher.''. Sie versucht ernst zu klingen, doch ich höre an ihrem Tonfall das Lächeln, was ihre Lippen umspielt. ,,Es tut mir Leid, darf ein Mann nicht seine wunderschöne Freundin bewundern?'', frage ich, während ich zur Badewanne gehe. Ich setze mich an den Rand und lasse meine Finger über ihren Rücken laufen, was für eine Gänsehaut bei ihr sorgt.

Sein Verhalten zeugt eindeutig von schlechtem Gewissen, wegen vorhin, doch so schnell lass ich ihn nicht von der Angel! ,,Er darf, aber nur, wenn er mit mir redet und mir erklärt, was in letzter Zeit los ist mit ihm.'', bei diesen Worten stehe ich auf und öffne den Abfluss der Wanne. Chris steht ebenfalls auf und reicht mir ein flauschiges Handtuch, in das ich mich einwickle, während ich aus der Wanne aufstehe. Er seufzt auf, sieht mich mit großen Augen an und erwidert dann, dass wir uns gleich unten zum reden treffen können. Ich nicke nur, er verlässt das Bad und lässt mich erneut alleine. Dieser Mann gibt mir Rätsel auf.. Ich schlüpfe in meine bereit gelegte Unterwäsche, ziehe mir eine blaue Jogginghose und einen schwarzen Hoodie an und gehe dann runter. Unten empfängt mich der Duft von Kaffee, Chris sitzt auf dem Sofa, vor ihm auf dem Tisch stehen zwei Tassen Cappuccino. Ich setze mich mit etwas Abstand zu ihm auf die Couch und sehe ihn abwartend an. Er seufzt erneut auf, das Thema scheint ihm wirklich schwer zu fallen.. Er atmet noch einmal tief ein und aus und dann fängt er an. ,,Hör zu, das was ich jetzt sage, fällt mir wirklich nicht leicht. Ich wünsche mir aber, dass du zunächst zuhörst und wenn ich fertig bin, beantworte ich dir alle Fragen ja?'', ich nicke nur, was ihn zu erleichtern scheint. ,,Okay, also es sind mehrere Punkte, die ich ansprechen muss, ich fange bei dem größten an. Ich leide seit Jahren unter Panikattacken und sozialer Phobie, und ja, ich weiß, dass das nicht unbedingt zu meinem Beruf passt. In den letzten Monaten, also um genau zu sein, seit du hier in L.A. bist, hatte ich aber keinerlei Attacken mehr. Die Party gestern, wäre vor Monaten für mich noch undenkbar gewesen. Aber du, deine Anwesenheit, hat eine unfassbar beruhigende Wirkung auf mich.''. Bei dem letzten Satz geht mein Herz auf, als ich sein Lächeln sehe. Ich nicke, damit er fort fährt und lege eine Hand in seine. Er atmet nochmal tief durch. ,,Zwei Monate bevor du mir geschrieben hast, ist mir etwas unglaublich dummes passiert...'', sein Körper spannt sich wieder an, ich rutsche ein Stück näher an ihn ran und streiche ihm beruhigend über den Rücken.

Chris' Sicht

Ihre Hand auf meinem Rücken, eine der Gesten, für die ich sie liebe! Ich zieh das jetzt durch! ,,Ich habe aus versehen ein Bild meines.... Naja meines besten Stückes.... gepostet. Ich hab es zwar schnell bemerkt und gelöscht, aber das Internet vergisst nun mal nie... Danach bin ich durch die Hölle gegangen. Ich bekam jeden Tag Hunderte Hassnachrichten auf den sozialen Plattformen, ich wäre ja nur ein typischer Mann mit dem Gedanken an das eine, wurde aufs Übelste beleidigt und beschimpft. Ich konnte Instagram und Twitter nicht öffnen, ohne dass mir schlecht wurde. Ich war an einem Tiefpunkt in meinem Leben und...''. Meine Stimme versagt. Ich sehe Tränen in ihren Augen und auch meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich schlucke, atme noch einmal tief durch, wische mir über das Gesicht und fahre dann fort. ,,Ich war bereit es zu beenden. Der einzige Mensch, der zu diesem Zeitpunkt wusste, wie es mir geht, war Scott. Er hat alles versucht, mich aufzuheitern, wofür ich ihm bis heute unendlich dankbar bin! Er war aber auch nicht immer da. Ich war oft alleine mit meinen Gedanken. Und dann.... dann kam deine Nachricht. Eine Nachricht voller Bewunderung, Wertschätzung und Ehrlichkeit. Kein Wort von diesem Vorfall, du hattest Interesse an Chris Evans, dem Mensch und nicht dem Schauspieler..''. Meine Stimme bricht erneut ab, Lara fließen Tränen über die Wangen. Sie rutscht zu mir und zieht mich in eine Umarmung. Ich vergrabe meinen Kopf in ihren Haaren und sie bleiben wir einige Minuten sitzen.

Uff... Das was er mir erzählt, muss erstmal sacken. Seine Hände liegen auf meiner Hüfte, meine liegen auf seinem Rücken und streicheln ihn beruhigend. Ich weiß noch gar nicht, wie ich mit der Information umgehen soll. Dass ich der Grund sein soll, dass er noch hier ist.. Wir lösen uns nach Minuten, die sich wie Stunden angefühlt haben, aus der Umarmung. Ich wische ihm über die Wangen, er macht das selbe bei mir. Er sieht mich an, seine stahlblauen Augen voller Liebe und Verletzlichkeit. ,,Ich.. Ich .. weiß nicht was ich sagen soll, Chris, ich bin gerade etwas überfordert, ich glaube ich brauche frische Luft.'', und mit diesen Worten erhebe ich mich vom Sofa und gehe wie betäubt zur Garderobe, um mir Schuhe anzuziehen und meinen Schlüssel zu nehmen. Es zerbricht mir das Herz ihn da so sitzen zu sehen, verletzt und überfordert, aber ich brauche Zeit um mit dem gerade gehörten umzugehen. Ich bin mir sicher, dass er das versteht. Ich ziehe die Tür hinter mir zu und gehe einfach ziellos los. Nach circa 20 Minuten finde ich mich in einem wunderschönen Park wieder, wo ich mich einfach auf eine Bank setze und meinen Gedanken nach hänge. Chris hat sich mir unfassbar verletzlich gegenüber gezeigt, und ich? Ich bin einfach gegangen... Ich bin so bescheuert! Er ist bestimmt sauer auf mich. Ich habe natürlich nichts dabei, kein Geld, kein Handy. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und lasse den Tränen freien Lauf. Plötzlich ächzt die Bank auf, scheinbar hat sich noch jemand darauf gesetzt. Ich will gerade ansetzen, denjenigen zu fragen, ob er sich nicht auf eine der anderen Bänke setzen kann, als ich aufblicke und sehe wer da neben mir sitzt.

Chris' Sicht

Nachdem Lara das Haus verlassen hat, kann ich auch nicht ruhig sitzen bleiben. Die Cappuccinos sind ohnehin kalt, also bringe ich sie in die Küche, ignoriere das restliche Chaos von gestern dort und gehe mir die Schuhe anziehen. Dodger steht schwanzwedelnd vor mir, doch ich schüttle nur den Kopf ,,Sorry Bubba, ich versuche jemanden zurück zu holen, du bleibst hier und passt auf das Haus auf, ja?'', er legt den Kopf schief, als würde er mich verstehen und geht zu seinem Fell im Wohnzimmer, wo er sich ablegt. Ich schnappe mir meinen Schlüssel und ziehe die Haustür hinter mir ins Schloss und schließe sie ab. Lara kennt sich hier in der Gegend nicht gut aus, deswegen vermute ich, dass sie einfach geradeaus in Richtung Park gelaufen ist und mache mich auf den Weg dorthin. 20 Minuten später komme ich im Park an und sehe sie auf einer Bank sitzen, die Hände vorm Gesicht und der ganze Körper zittert, sie weint ganz offensichtlich. Mein Herz bricht in 1000 Teile bei diesem Anblick. Ich nähere mich ihr unbemerkt und lasse mich einfach neben sie auf die Bank fallen. Sie guckt hoch, erschrickt kurz, umarmt mich aber dann liebevoll. Ich halte sie einfach nur im Arm, nicht anderes brauchen wir beide gerade. Als sie sich aus der Umarmung löst, steigt wieder diese Panik in mir auf. Lara sieht mich liebevoll an, küsst mich, legt ihre Stirn an meine und flüstert dann : ,,Wir sind ein Power-Couple, wir können alles gemeinsam schaffen. Ich bin immer für dich da, mein Captain! Ich liebe dich Chris!''. Diesmal rollen Tränen des Glücks meine Wangen runter. Wir bleiben noch eine Weile einfach auf der Bank sitzen, stumm und lächeln uns zwischen zärtlichen Küssen verliebt an. Dieser Tag darf niemals enden!

From a Nightmare to a daydreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt