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Einige Minuten starrte ich nur stumm auf die weiße Wand.
Ich fing an Muster in ihr zu sehen.
Mir war heiß. Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Meine Augen fingen an zu tränen. Ich hatte vergessen zu blinzeln. Alles in mir schien stumm zu sein. Nicht funktionierte so richtig.

In meinem Kopf herrschte eine rauschende Stille. Mein Blick ging in die Leere. Meine Knie zitterten.
Ich musste Husten weil mein Hals trocken war.

Langsam fing alles wieder an real zu werden. Ich wachte auf aus meiner Benommenheit.
Ich schüttelte den Kopf.
Packen, ich musste packen. Simon wartete.
Simon. Bei dem Gedanken an ihn kribbelte es überall. Es war warm und angenehm. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht.

Als ich den Schrank öffnete starrte ich für einigen Momente einfach hinein. Ordentlich gestapelt lagen dort Wollpullis, Hemden, Hosen und alles andere. Ich hob den Koffer vom Schrank und legte ihn geöffnet auf mein Bett. Ich packte alles was meine Hände greifen konnten hinein.

Mit Mühe bekam ich den Koffer zu.
Leise öffnete ich die Tür und schlich auf den Flur. Ich musste an unzähligen riesigen Gemälden vorbei, ich hatte das Gefühl dass mir jedes einzelne gemalte Augenpaar hinterher starte.

Die Kofferrollen waren laut auf dem alten Holzboden. Ich glaubte meinen Atem von den Wänden hallen zu hören. Alles war laut. Wenn meine Mutter mich erwischen würde wäre es vorbei.

Ich musste mich beruhigen, ich dachte an Simon.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich es geschafft. Ich stand vor dem Wagen der in der Garage. Daneben standen mehrere dutzend andere. Aber es musste dieser Wagen sein, er war der der am wenigsten auffallen würde.

Da ich kein Auto fahren konnte musste ich meinen Chauffeur anrufen.
Er machte sich auf den Weg.

Bum.. Bum.. Bum....
Ich schloss die Augen, atmete tief ein und versuchte mich zu beruhigen. Meine Augenlider zitterten.
Nach einigen Minuten hatte ich es geschafft wieder etwas klarer zu denken.

"Mein Prinz, Sie können einsteigen" bei der Stimme meines Fahrers zuckte ich zusammen. Ich war so darauf fokussiert gewesen runter zu kommen dass ich die Welt um mich herum für kurze Zeit komplett vergessen hatte.
Ich hatte nicht mitbekommen dass er schon da war.

Ich setzte mich in das Auto, die Tür wurde für mich geschlossen. Ich hörte wie der Mann meinen Koffer in den Kofferraum hievte.

Langsam fuhren wir von dem Hof. Ich sagte ihm ich müsse nochmal zum Internat da ich etwas wichtiges bin meiner Mutter vergessen habe.
Ich merkte dass er mir nicht glaubte, ich hatte die exakt gleichen Ausreden schon einmal verwendet, aber er wagte es nicht mir zu widersprechen, ich war sein Prinz.

Ich sah wie langsam die Lichter hinter den Fenstern der Stadt an gingen. Der Tag war so voller Gefühle gewesen, ich hatte gar nicht mitbekommen das es schon so spät war.

Der Anblick der einzelnen kleinen Lichtern in der ansteigenden Dunkelheit ließ mich traurig werden. Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange. Ich löschte die nicht weg. Ihr folgten langsam immer mehr.

Ich weinte.
Ich wollte denken, doch in meinem Kopf war nur dunkle Leere. Das machte mir Angst.

Warum?
Was wollte diese Dunkelheit von mir. Ich sollte glücklich sein, ich fuhr gerade zu Simon. Zu dem Jungen den ich liebte.

Mir war weder warm noch kalt. Mittlerweile war es draußen komplett dunkel. Es waren keine Häuser in der Nähe, keine Lichter.
Ich hatte nicht einmal gemerkt dass wir die Stadt hinter uns gelassen hatten.

Ich hatte aufgehört zu lachen. Einfach so. Als wären alle meine Tränen aufgebraucht. Ich fing wieder an zu denken. Es gefiel mir nicht. Was ich dachte gefiel mir nicht.

Könnte ich weinen wenn meine Eltern gestorben waren. Hätte ich noch Tränen für sie übrig, oder hatte ich sie schon verbraucht. Was ist wenn man nur ein gewisses Maß an Gefuhlen hat, wenn es aufgebraucht ist bleibt nur diese Leere.
Eine Leere die dich verschlingt. Sie zieht dich hinab, es gibt kein Ende. Immer wenn du denkst das es nicht mehr weiter geht, das du nicht mehr atmen kannst, geht es immer weiter.

Eine Kältewelle durchflutetet meinen Körper. Ich merkte das meine Finger sich in das Leder der Autositze gegraben hatten. Ich merkte wie mein Fahrer mich beunruhigt über den Rückspiegel beobachtete. Als er sah das ich ihn bemerkt hatte sah er flüchtig wieder auf die Straße.

Wir waren umgeben um Dunkelheit, die Scheinwerfer bahnten sich einen Weg hindurch.

"Lieben Sie jemanden?"
Mein Chauffeur sah mich verwirrt an.
"Meinen Sie mich?" in seiner Stimme lag Verunsicherung.
"Ja, lieben Sie jemanden?" wiederholte Ich meine Frage.
"Ich habe eine Frau, wenn sie das meinen. Ja, ich denke ich liebe sie."
"Dann haben Sie sehr viel Glück, Liebe ist einzigartig. Wenn man nicht aufpasst verschwindet sie. Oder sie versteckt sich, wird verdrängt von all dem schlechten im Leben. Es legt sich wie ein großer schwarzer Schatten über alles. Wenn das passiert sollte man eigentlich versuchen an der Liebe fest zu halten. Dass ist nicht immer so schön wie es scheint. Es ist leichter zu hassen oder nichts zu fühlen als um dir Liebe zu kämpfen."

Benommen sah der Mann auf die, von den Scheinwerfern spärlich erleuchtete, Straße.
" Ich möchte ihnen nicht zu nahe treten mein Prinz, aber warum beschäftigen Sie sich mit solchen Dingen? Ich weiß dass Sie nichts in Ihrem Internat vergessen haben, ich habe das Video gesehen. Ich kann mir denken wo Sie hin wollen. Müssten Sie nicht eigentlich voller Glück sein?"

Er hatte Recht, jedes Wort dass er gesagt hatte war nichts anderes als die Wahrheit gewesen. Ich müsste nur so kribbeln vor Freude und Liebe. Stattdessen war dar nur Kälte.

" Sie haben Recht."
Er lächelte mich flüchtig über den Rückspiegel an. Ich lächelte zurück. Das tat gut. Es tat gut mit einem echten Menschen zu reden, nicht nur mit einer Kamera oder eine Stimme auf dem Telefon.

"Danke, danke das Sie mich fahren. Ich weiß es ist ihr Job aber trotzdem. Vielen Dank dass sich jetzt anstatt mit ihrer Frau auf dem Sofa zu sitzen mich herum fahren."
"Es ist mir eine Ehre meine Hoheit."

"Nennen Sie mich Wilhelm" sagte ich.
"Dann nennen Sie mich bitte Johannes"
"Vielen Dank Johannes dass ich mit Ihnen reden kann."

Er nickte nur kurz dann wurde er wieder professionell.

Ich hörte wie die Reifen auf Kies fuhren.

"Wir sind da Wilhelm."

Young royals (Wunschfortsetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt