Chapter Thirteen

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Erneut atmete der blonde Fußballer die Abendluft auf seinem großzügigen Balkon in Dortmund ein und wieder aus. Dabei schloss er kurz seine Augen, um wieder die Augen von Merle vor sich zu sehen. Sofort öffnete er sie wieder und blinzelte in die untergehende Sonne. Sein Magen rebellierte bereits den ganzen Tag und grummelte erneut, als er sich vom Geländer hochstützte und seinen Blick von der Sonne abwand und auf den Betonboden sah. Er selbst wusste nicht, wie sehr man einen Mannschaftskollegen am liebsten in die Hölle wünschen würde, obwohl das rein menschlich gesehen nicht gerade nett war. Dennoch hätte er Erling am liebsten zum Mond geschossen. Gerade, wo er sich endlich mal einen Ruck gegeben hatte und mit der hübschen Hamburgerin über sich und die Situation sprechen wollte, kam sein vermeidlicher Kumpel an und unterbrach den Augenblick, wo er in ihren grünen Augen versank. Er hatte zwar gehört, wie Marius ihrem Mannschaftskollegen lautstark eine in den Nacken geklatscht hatte, als er ihn von Merle und sich wegzog, aber es brachte den Augenblick nicht zurück, wo er sich so viel vorgenommen hatte. Seine Mauer hatte sich erneut hochgezogen, die kurzzeitig bei ihrer Berührung gebröckelt war und er sich an den Abend zurückversetzt fühlte, als sie gemeinsam bei ihr im Bett lagen. Sie in seinen Armen, was sich für ihn ungewohnt, aber wirklich gut angefühlt hatte. Erneut sog er die Luft ein. Wieso musste auch ausgerechnet sein Kumpel die unnötigste Frage der Fragen stellen, ob man noch gemeinsam am See Grillen wollte? Kopfschüttelnd dachte er an die Situation zurück und könnte sich dafür ohrfeigen, dass er mit Merle über Essen gesprochen hatte, als über sein ursprüngliches Vorhaben und nachdem die anderen aus dem See dazustießen sein Mut und die Überzeugung komplett flöten gegangen waren.

Langsam zog er sein Handy aus der Hosentasche und betrachtete das Display. Er wusste nicht worauf er wartete. Er hatte es jeden Abend seit dem Gewitter betrachtet und gehofft, dass da vielleicht eine Nachricht erscheinen würde. Eine Nachricht, die vielleicht endlich mal was bei ihm ändern und bewirken würde, aber das kam nicht und heute? Heute hatte er schon so oft ihren eingespeicherten Namen im Handy angesehen, sich aber nicht überwinden können. Schließlich war sie es, die alles in Frage stellte, wobei er selbst erkannte, dass er vieles selbst verbockt hatte. Nicht nur mit ihr. In den letzten Tagen musste er sich eingestehen, dass einiges in seinem Leben nicht immer fair war, gerade wenn es um Frauen ging. Selbst gegenüber Missy hatte er ein schlechtes Gewissen.

Wieder hielt sein Finger kurz über ihrem Namen an und etwas blockierte ihn. Er verdunkelte das Display wieder und schob es zurück in die Hosentasche. Ihm war bewusst, dass sie ihn verändern könnte, dass sie was in ihm auslösen konnte, was er lange versucht hatte zu unterdrücken, aber die Frage dahinter war weiterhin, ob er sich wirklich darauf einlassen konnte. Wollte er sich verletzlich machen? Wollte er wieder eine Beziehung und sich dafür hingeben? Alles das hätte er ihr am liebsten heute gesagt, um sich zu erklären. Er wusste schließlich endlich, was er brauchte und er war bereit darüber zu reden. Offen und ehrlich.

Automatisch fuhr er mit seinen Fingern durch seine Haare. Sein Blick nochmals zu der fast verschwundenen Sonne, als er sich aufrichtete und sein Gefühl in der Magengrube sich langsam auflöste. Er wusste, was er zu tun hatte, um überhaupt wieder ruhig schlafen zu können oder essen oder gar vernünftig Fußball zu spielen. Wahrscheinlich war es einfach an der Zeit einen verlorenen Julian hervorzuholen, den es lange nicht mehr gab. Wie oft hatte er mit Marius darüber diskutiert, dass Merle ihn zu einem anderen Menschen machte und er es immer wieder abstritt, aber so langsam musste er sich eingestehen, dass da wirklich ein anderer Julian war.

Einer der Gefühle zeigen konnte, einer der eifersüchtig auf einen seiner besten Freunde war. Schmunzelnd über sich selbst und die heutige Situation zwischen Merle und Marius bewegte er sich langsam vom Balkon in die Wohnung. Wie konnte er auch nur ansatzweise denken, dass sein Kumpel sich an sie ranmachen würde. Wie sauer er doch gewesen war und Marius ihm erstmal eine Predigt gehalten hat, dass er selbst Schuld war, wenn er nichts tut, aber er selbst nicht derjenige war, der sie an flirten würde, aber wenn Julian selbst so weitermachen würde, es ein anderer tun würde. Sein Mannschaftskamerad hatte absolut recht gehabt.

Hungry EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt