Nachdenklich wich er dem Stab aus, der heiße Sand kitzelte an den bloßen Füßen. Etwas schlug ihm hart auf den Kopf. „Hey, spinnst du?"
Nicolae zog tadelnd eine Braue hoch. „Wir trainieren, träumen kannst du wann anders."
„Jaja, schon gut.", er hob eines der Schwerter vom Boden auf. Seit er sich mit Ethan zerstritten hatte, drillte der weißhaarige Dämon ihn jede freie Sekunde.
Nicolaes blaue Augen blitzten warnend. „Bei deiner Konzentration nicht die beste Wahl."
„Halt die Klappe!", fuhr er Nicolae an.
Nicolae steckte den Stab in den Sand. „Wir trainieren weiter, wenn du wieder besser drauf bist. So macht das keinen Sinn."
Langsam wurde er wütend. „Los jetzt!"
Schulterzuckend kam Nicolae auf ihn zu. Drei schnelle Schläge in Schienbein, Rippen und Bauch und er lag zusammengekrümmt auf dem Boden. „So. Und jetzt stell dir vor, das wäre ein Schwert und kein Holzstab gewesen."
Sei doch endlich mal still! Vorsichtig richtete er sich auf und klopfte sich den Sand vom Rücken. „Kann ich einen anderen Gegner haben? Vielleicht einer ohne Flügel und der nicht mein Chef ist?"
„Das Leben ist kein Wunschkonzert", belehrte Nicolae ihn, „und Saemel ist gerade nicht vorhanden."
Er verzog das Gesicht. Natürlich musste Nicolae ihm das unter die Nase reiben.
Nicolae drehte plötzlich den Kopf in Richtung Turm. „Telefon. Das Training ist hiermit pausiert."
Seufzend zog er das Shirt wieder an, während Nicolae die weißen Flügel entfaltete und davonflog. Erschöpft legte er sich unter einen Baum, das Schwert stecke er zurück in die Scheide. Die Bäume spendeten jetzt in der Mittagshitze einen richtig angenehm kühlen Schatten. Endlich mal Ruhe. Ein weiterer Schatten warf sich auf ihn. Erschrocken sprang er hoch. „Akarian. Was machst du denn hier?"
Akarian zog eine Braue hoch: „Ich muss einem schmutzigen Etwas gegenüberstehen."
Er musste lachen, „Das hätte von Nicolae sein können."
Akarian zwinkerte, „Kam es auch. Das hatte er gesagt als er Ethan das erste Mal gesehen hatte."
„Oh", jetzt mussten beide lachen, „da war er ja sehr begeistert gewesen."
„Ja", Akarian wischte sich die Tränen aus den Augen, „es war zwar eine sehr angespannte Situation damals, aber ich brauchte Ethan als Rückendeckung. Wie dem auch sei, ich muss gehen."
Schon war der Dämonenmaniac weg. Hoffentlich war jetzt Ruhe. Sein Piepser ging los, zu früh gefreut. Knurrend richtete er sich auf. Was wollte Nicolae jetzt schon wieder? Laut fluchend betrat er die Steingänge des Hauptquartiers und ging an den ihn entsetzt anstarrenden Personen vorbei zu Nicolaes Büro in der Turmspitze. Wütend stampfte er die ewiglange Treppe hinauf – der Kronleuchter hing wieder an seinem Platz - bis zur Spitze des Turms. Wenn es nichts Wichtiges war, riss er Nicolae jede der weißen Federn einzeln heraus. Trotzig ging er an den Fackeln entlang zur schweren Eichentüre. Kräftig trat er sie auf, laut krachte gegen die Steinwand.
Nicolae saß am Schreibtisch und wirkte amüsiert. „Nett."
Percival schloss die Türe und schlug mit der Faust auf den massiven Schreibtisch, darauf bedacht, Nicolae beim kleinsten Anzeichen von Gereiztheit auszuweichen. Er wusste, wieviel er sich erlauben durfte bis Nicolae ihm den Arm brach. „Was gibt es jetzt schon wieder? Du weißt wie wichtig mir meine Pausen sind."
„Tushar hat angerufen, das habe ich gestern aber gesagt." Nicolae stand von seinem Chefstuhl auf und sah aus dem Balkon in die Wolken. „Es wird dir gefallen."
„Spann mich nicht so auf die Folter!"
Laut seufzend drehte Nicolae sich um. „Er bietet dir einen Kulturaustausch an. Du bist somit eingeladen eine geschlossene, unbekannte Kultur zu erleben und die Sprache zu lernen. Im Gegenzug musst du für ihn etwas erledigen."
„Wirklich?", Percy konnte sich von Begeisterung kaum zurückhalten, „Ich darf nach Scipio? Warum hast du so ein Drama daraus gemacht?"
Nicolae runzelte nachdenklich die Stirn. „Nach Ethans Kommentar gestern habe ich nachgedacht. Irgendetwas stimmt an der Einladung nicht. Tushar hat noch nie, nie einen Fremden in seine Welt gelassen, egal wer. Ob Lucifer, Akarian, Amaclì oder sonst wer, niemand hatte je einen Fuß in seine Welt gesetzt."
Enttäuscht blickte er Nicolae an. „Ich soll also ein einmaliges Angebot nicht annehmen?"
„Nein ich... Ich habe bloß Bedenken wegs – Im Rat hält sich hartnäckig das Gerücht, dass er seine Krieger züchtet. Er fragt immer die Krieger an, die Großes-" Ein Klingeln unterbrach Nicolae, welcher sofort zum Schreibtisch ging. Nicolae deutete ihm, zu dem Kamin zu gehen, dann auf den Bildschirm in der Wand und nahm den Anruf an. „Hallo Tushar."
Tushar stand ebenfalls am Fenster, in den schwarzen Haaren befanden sich Petunien: „Hat er sich entschieden?"
Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Zum einen wollte er unbedingt Tushars Kultur lernen, aber zu hatte auch Nicolaes Bedenken im Kopf. Sollte es stimmen, dass er der Erste war? Hatte Tushar einen Hintergedanken und will ihn ausnutzen, oder... Verdammt, jetzt fing er auch schon damit an. Nicolae sah ihn erwartungsvoll von der Seite an. Letztendlich siegte die Neugierde also nickte er zustimmend.
Nicolae wirkte enttäuscht, ließ sich aber außer ein leichtes zucken im Gesicht nichts anmerken. „Er hat zugestimmt."
„Gut, sehr gut." Tushar wirkte zufrieden, eine Dienerin brachte ihm etwas zu trinken. Er nahm einen Schluck. „Ich freue mich schon auf den Jungen, im Rat hat er sich immerhin bereits einen Namen gemacht. Er braucht auch nicht viel mitbringen, Klamotten stelle ich zur Verfügung. Aber von elektrischen Geräten an meinem Hofstaat halte ich nichts, wir leben hier in einer lokalen Gesellschaft."
„Tushar.", Nicolae stützte sich über den Schreibtisch, die dunkelblauen Augen flackerten bedrohlich, „wehe du krümmst dem Jungen auch nur ein Haar. Und glaube mir, dann fange ich einen Krieg mit dir an, da kannst du noch so sehr mit den anderen Herrschern vernetzt sein."
Eisernes Schweigen schwang zwischen den beiden Herrschern, nur der Kamin knisterte leise vor sich hin.
Sollte er doch nicht gehen? Unwohl sah er sich um, sein Blick streifte den Balkon und er schluckte. Für einen kurzen Moment glaubte er, in der Scheibe Katzenaugen gesehen zu haben. War das eine Einbildung oder tatsächlich Saemel? Wenn er wenigstens nachschauen könnte...
„Keine Sorge Nicolae", Tushars Stimme wurde sehr leise, „soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen, oder? Der Junge wird sich bei mir wohlfühlen. Allerdings befindet sich bei dir jemand anderes auf sehr, sehr dünnen Eis." Damit beendete er den Anruf.
Kaum war der Anruf zu Ende, ging er gleich zum Balkon und trat hinaus, doch dort war niemand. Weder im Himmel noch darunter. Es war wahrscheinlich wirklich nur Einbildung gewesen. Aber warum hatte Tushar dann letzteres gesagt? Er hatte damit nichts Wichtiges gesagt, nur Saemel bedroht. Hatte Tushar Saemel hinter Nicolae entdeckt und deshalb als Verabschiedung gedroht? Absurd! Nicolae hätte Saemel noch lange vor der Landung gerochen!
„Percy, pack deine Sachen, maximal eine Tasche, und komm wieder hoch." Nicolae stand am Kamin und starrte in die Flammen. „Ich muss mit jemanden verhandeln um dich zu Tushar zu bekommen."
„Danke." Freudig sprang er über den Schreibtisch, rannte die Treppen hinunter ins sein WG-Zimmer und begann sofort zu packen. Also durfte er doch schon heute in Tushars Revier! Trotz Tushars Angebot nahm er seine eigenen Klamotten mit, man konnte nie wissen.
Gähnend streckte er sich und legte sich mit der Tasche ins Gras. Sobald Ethan fertig mit duschen war, würde er in Tushars Gebiet gebracht werden. Vor Nervosität konnte er nicht ruhig liegen bleiben. Er begann damit, vor der Türe ihrer WG auf und ab zu laufen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Türe und Ethan schleifte auf ihn zu. „Wir müssen aus der Barriere raus, Scarlet kann hier nicht rein.", murmelte Ethan und ging ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei, dass er nackt war schien ihn nicht zu stören.
„Warst du schon mal in Scipio?", fragte er neugierig.
„Nein, Saemel ist außer Tushar und Sciperin das einzige Wesen das ich kenne welches öfters in dieser Welt ist. Aber Scarlet kennt diese Welt auch, bei Fragen wende dich an ihn und hoffe auf eine Antwort." Ohne Vorwarnung packte Ethan Percy, breitete die blauen Flügel aus und flog in eine komplett andere Richtung. Auch als sie an die Barriere kamen, machte er keine Anstalten zu bremsen. Stattdessen stieg er steil in die Höhe.
Der Widerstand drückte Percy immer weiter nach unten. Sein Herz fing an zu rasen, als er spürte, wie sein Arm langsam aus Ethans Griff rutschte. Zwanghaft klammerte er sich an Ethans Schultern fest. Oder versuchte es zumindest. Auf der frisch gewaschenen Haut fand er keinen Halt. Wie ein Stein fiel er durch die Luft, der Boden raste auf ihn zu. Er schloss die Augen, gleich würde er aufschlagen. Plötzlich hörte er nichts mehr, keine Geräusche, nicht mal den Wind der ihm Sekunden davor noch um die Ohren pfiff. Irgendetwas schien den Fall abzubremsen. Seine Augen öffneten sich nur sehr langsam, allgemein schien alles verlangsamt zu sein. Alles um ihn herum strahlte Kälte aus. Sanft landete er auf dem weichen Gras. Sekunden später war die Kälte verschwunden, er konnte das Geschrei der in weiter Entfernung trainierenden Truppen hören. Erleichtert seufzte er, er war nicht auf dem harten Boden aufgeschlagen.
„Percy!", Nicolae landete Sekunden später neben ihm im Gras, seine blauen Augen waren vor Sorge belegt. „Dir geht es gut." Kurz lächelte Nicolae ihn an, dann drehte er den Kopf. „Danke Scarlet."
Sofort riss er den Kopf zur Seite. Zwei orange Augen leuchteten im Schatten einer Astgabel. Scarlet mochte es lieber im Schatten zu sitzen als im Licht, war wohl Gewohnheit. Scarlet sprang vom Baum, blieb aber noch immer im Schatten verborgen.
Nicolae machte einen Schritt in Scarlets Richtung: „Bist du bereit?"
Scarlet kam zögerlich aus dem Schatten, er wirkte sehr unsicher. Jedenfalls musste Percy sich noch immer an seinen Anblick gewöhnen, Scarlet war der Schatten von Ethan und damit bloß anders gefärbt. Ethans Hauptfarbe und Runen waren blau, Scarlet war komplett farblos mit orangen Augen und ganz klar kein Fan von Sonnenlicht.
„Kannst du Percival wirklich runterbringen."
Scarlet verschränkte die Arme. „Weiß nicht. Immerhin hat bestimmte Person mich gestern als negativen Abschaum bezeichnet."
Nicolae verdrehte die Augen. „Ethan du Petze. Apropos", er fing an zu wittern, „wo ist Ethan? Ich kann ihn nicht riechen."
Akarian lief auf sie zu, „Scarlet, hier bist du."
Scarlet ignorierte Akarian. „Zurück in seine Dimension", antwortete er barsch, „Ihm ging es nicht so gut."
Nicolae nickte abwesend.
Akarian schnaufte. „Kannst du Percival wirklich in diese geschlossene Dimension bringen?", kam die unsichere Frage.
„Natürlich.", Scarlet zögerte, „Aber mit einer etwas ungewöhnlichen Variante."
Alle sahen Scarlet gespannt an, nur Percival richtete sich nervös auf. Das klang überhaupt nicht gut. „Ich glaube, ich breche ab", raunte er Nicolae zu.
Scarlet fuhr fort: „Ich habe die Stränge der Kristalle selbst verbunden, es kann also sein das ich mich bei den Koordinaten vertan habe. Immerhin lebe ich in einer Parallelwelt."
Jetzt wurde er neugierig. Kristalle? Koordinaten? Moment mal... wenn er richtig lag würde er Scarlet solange nerven, bis er ihm zeigte wie es geht. Er lächelte hoffnungsvoll: „Dimensionsriss, nicht wahr?"
„Dimensionsriss... So nennt ihr das in dieser Welt also...", Scarlet lächelte eher verzerrt, offenbar versuchte er Percy nachzuahmen. Er war wohl noch immer selten in Gesellschaft.
Kurz ging Scarlet zum Baum, hob etwas auf und kam zurück, in der Hand eine steinerne Tafel mit eingearbeiteten Mustern, etwa der Größe eines Buches. Enttäuscht verzog er das Gesicht. War das etwa alles?
Nun kniete Scarlet sich hin und holte aus einem Samtbeutel vier mit seltsamen Zeichen versehenen Kristalle heraus. Diese steckte er in einer bestimmten Reihenfolge dann in das viereckige Ding, wessen Größe sich verdoppelte. Es bildete sich ein kleiner, aber dicker Riss durch das Gerät, danach mit großem Abstand ein größerer, dickerer Kreis um den Riss herum. In dem Leerraum des Risses sprühten mit unregelmäßigen Abständen rot blaue Blitze. In dem Abstand zwischen den beiden Ringen bildeten sich viele verschiedene leuchtende Symbole, sie waren voneinander durch einen kaum sichtbaren Strich abgegrenzt. Ein etwas dunkleres Licht fing an zwischen den Symbolen zu rotierten, wurde immer schneller. In dem Moment, an dem die Rotation nichtmehr zu sehen war, sondern nur noch ein dunkler Ring der auf allen Zeichen zu sein schien, bildete sich aus dem kleinen Gerät und dem Ring davor eine Art nach unten fließendes schwarzes Loch. Aus der kleinen Schachtel und vier Kärtchen wurde binnen einer Minute ein verzogenes Portal. War das dieses besondere Dimensionsriss? Es war ganz anders als er sich es vorgestellt hatte.
Nicolae zog eine Braue hoch. „Interessant. Ganz schön viel Aufwand für ein Portal."
Scarlet funkelte Nicolae wütend an und sagte etwas in einer fremden Sprache. Akarian zog hörbar die Luft ein, der Reaktion nach eine schlimme Beleidigung.
„Scarlet", Akarian drückte Percy fest an Scarlet, „bring ihn lieber runter." Zu Percival sagte er, „Pass auf dich auf Kiddo."
Scarlet packte Percival fest. „Lass uns gehen. Das Portal bleibt nicht lange offen!" Er nickte und stellte sich einen Fuß vor das schwarze Loch, es war komische zu sehen wie am Rand Materie hineinlief.
Scarlet packte ihn am Arm, breitete die Flügel aus, flog in das Portal, runzelte die Stirn und setzte ihn wieder am Rand ab. Gab es ein Problem mit dem Portal oder hatte Scarlet etwas vergessen? Jedenfalls starrte er Akarian konstant an, er folgte seinem Blick.
Nicolae hatte sich Akarian zugewandt. „So, jetzt da Percival und Scarlet weg sind... Was fällt dir eigentlich ein dich hier blicken zu lassen?!", fing Nicolae an zu blaffen und verfolgte den gebückt weglaufenden Akarian mit gezogenem Schwert. „Du hast meinen Schützling in Gefahr gebracht! Bleib gefälligst stehen!"
Er verdrehte die Augen. Jetzt fing das schon wieder an.
Plötzlich blieb Nicolae stehen, wandte sich ihnen zu und schubste Percival zurück in Scarlets Arme, drehte sich um und flog davon. Von Akarian fehlte jede Spur.
Er begann zu zittern. Als er das letzte Mal alleine in Scarlets Armen war, hatte dieser ihm selbige gebrochen und die Knochen durch die Haut gedrückt.
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Elemantary Chroniken Buch 2 - Percival
FantasyNachdem Scarlet ihre Welt wieder verlassen hatte, herrschte Friede. Bereits kurz danach wird Percival vom Elemantary Tushar für einen Auftrag abgeworben. Bereits nachdem er das Schloss betrat, bereute er die Entscheidung.