K A P I T E L 13

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Song Empfehlung:
Cherry von Harry Styles

E l i z a b e t h

„Ist alles okay?", erschrocken schaue ich in die einzigartigen Augen meines Bruders. Beschämt senke ich den Blick und starre in meine Teetasse. Es ist merkwürdig. Seit dem Tag im Café schaffe ich es nicht mehr, in seine Augen zu schauen ohne zu erröten. Wie beschämend.
Kurz räuspere ich mich, ehe ich ein unbeholfenes ‚Ja' herausbringe. Ich spüre seinen leicht verwirrten Blick auf mir ruhen. Es ist früh morgens, wir fahren gleich los in die Schule und ich sehne mich nach nichts mehr, als mich wieder in mein weiches und warmes Bett zu verkriechen. Seufzend denke ich an den Traum letzte Nacht zurück. Jedoch schüttle ich schnell wieder den Kopf. Gott wie peinlich. Und doch komme ich nicht drumherum, wieder an die großen, warmen Hände zu denken, die mich so sinnlich berührt haben. Im weißen Laken geräkelt, von warmen, weichen Händen liebkost. Es hat mich erregt und ich weiß nicht mal, wem diese Hände gehörten, nur, dass ich es wahrhaftig spüren will. Diese Erregung, diese Leidenschaft, das unglaubliche Verlangen geliebt zu werden. Wahrhaft, tief und hart geliebt zu werden. Shit.
Schnell trinke ich meinen Tee leer und laufe eilig in den Flur, um mir von der Garderobe meine Jeansjacke zu nehmen. Es ist warm draußen, jedoch schweift am Morgen noch immer ein kühler Wind durch mein Haar. Schnell greife ich nach meiner Tasche und gehe schon einmal nach draußen. Genießerisch sauge ich die reine Luft in meine Lungen und genieße den Anblick des Morgens und der Sonne, die mich so lieblich begrüßt und meine Haut wie ein sanfter Hauch streift. Ich komme nicht umhin, die schönen Blumen in unserem Vorgarten zu begutachten, die ich erst letzte Woche neu bepflanzt habe. Auch, wenn meine Geschwister der Meinung gewesen sind, es sei nicht nötig, habe ich darauf bestanden. Mir hilft es, meine verwirrenden Gedanken zu sortieren, die seit Wochen durch meinen Kopf rauschen. Lächelnd pflücke ich eine Blume, die schon beinahe den Kampf aufgegeben hat. Ihre mystische, unergründliche violette Farbe verzaubert mich sofort. Begeistert von ihrer Einzigartigkeit betrachte ich ihre Geschwister, die alle etwas ganz besonderes an sich haben. Ihr sanfter, blumiger Geruch liegt in der Luft und lässt mich genießerisch die Augen schließen. „Kommst du endlich? Wir warten!", meckert Clair. „Ja!", schnell stecke ich die Blume in mein welliges Haar und laufe zu Ed's Wagen.
Die ganze Fahrt über ist es still, nur die sanften Klänge einer Sängerin dringen durch das Radio zu uns durch. „Du hast in zwei Wochen Geburtstag", erinnert mich Ed und sofort wird mir unbehaglich. Es ist kein Geheimnis, dass ich meinem Geburtstag nicht wirklich zugetan bin. „Ja...", murmle ich und schaue aus dem Fenster. Wir fahren durch eine Allee, dessen Bäume anfangen herrlich zu blühen. „Was wünscht du dir denn?" Unschlüssig sehe ich langsam zu ihm, doch sein Blick ist konsequent nach vorne gerichtet. „Das weißt du doch." Edward fährt auf den Schulparkplatz und kaum dass wir stehen, springt Clair schon aus dem Auto. „Du wünschst dir jedes Jahr nichts, Ellie." Schulterzuckend will ich die Tür öffnen, doch er hält mich ruckartig am Arm fest. Sein Griff ist fest und fast schon schmerzhaft. Mit großen Augen sehe ich zu ihm. Sofort lässt er los und schaut angespannt aus dem Fenster. „Was ist denn los mit dir? Du bist so komisch seit wir im Café waren... Habe ich etwas falsch gemacht?", erschrocken sehe ich ihn an. „Nein! Natürlich nicht!" Unruhig knete ich meine Hände und sehe auch aus dem Fenster.
„Blumen", kommt es nach einiger Zeit von mir. „Was?", verwirrt sieht er mich an und sein Blick lässt mich beinahe zergehen. Eine Gänsehaut breitet sich über mir aus. Unbeholfen reibe ich mir über den Arm und hoffe sie verschwindet wieder. „Blumen. Ich wünsche mir von dir die schönsten Blumen. Aber nicht einfach aus einem Laden, wo du sie schon fertig bekommst...", murmle ich und sehe auf meine unheimlich interessanten Schuhspitzen, die schon etwas dreckig sind, dazu weisen sie ein paar bunte Farbflecken auf. „Du wünscht dir Blumen?", fragt er noch einmal, um auch wirklich sicher zu sein. Grinsend schüttle ich den Kopf und sehe langsam zu ihm. „Blumen, Eddie. Die schönsten." Stille. Eine merkwürdige Atmosphäre breitet sich in seinem Wagen aus, der nach Leder und seinem wundervollen Aftershave riecht. Mein Blick huscht über seine markanten Wangenknochen, seine perfekte Nase. Selbst sein leichter stoppeliger Bart, den er jeden Morgen rasiert, erscheint in diesem Gesicht anbetungswürdig. Natürlich kann ich verstehen, warum alle Frauen in seiner Umgebung ihm verfallen. Abgesehen von seinem Aussehen ist selbst seine Persönlichkeit so mitreißend, dass man glauben könnte, sich in ihr zu verlieren. Und dann ist da etwas Dunkles, Gefährliches, Geheimnisvolles, was ihn einfach unwiderstehlich macht. Er ist erschreckend schön. Einfach, vollkommen und unfassbar schön. Wie hübsch müssen nur seine Erzeuger gewesen sein, die so etwas Verbotenes und Traumhaftes zustande gebracht haben. Manchmal denke ich, dass er selbst nicht einmal weiß, wie wunderschön er ist. Und dann diese Augen. Heiße Wärme breitet sich auf meinen Wangen aus, als ich auf sie treffe und dieser Glanz wieder in ihnen liegt. Auf der einen Seite dunkel, auf der anderen Seite so hell, dass es mich beinahe blenden könnte. Ohne, dass ich was dagegen tun kann, wandert mein Blick auf seinen Lippen. Rosig, sanft geschwungen, wie gezeichnet. Einfach perfekt. „Ellie...", murmelt er und reißt mich damit total aus meinen Träumereien. Gott verdammte Scheiße! Was tue ich hier?!
„Ich sollte gehen", sage ich leise und deute auf die Tür hinter mir. Er legt den Kopf schräg und grinst.
Nein, nein, nein, bitte nicht grinsen. „Ich hab' dich lieb, Kleines." Überfordert mit all den verschiedenen Eindrücken kaue ich auf meiner Wangeninnenseite und fahre über meinen Arm. „I-Ich dich auch. Bis nachher, Eddie." Fast schon flüchtend steige ich aus dem Wagen und eile in die Schule. Haltend klammere ich mich an meiner Tasche fest.
„Süße? Alles okay?", erschrocken sehe ich in das Gesicht von Maddy. Schnell nicke ich und umarme sie. „Was... was haben wir jetzt?" „Kunst, wie immer. Wirklich alles okay?", prüfend mustert sie mich. „Aber ja. Alles okay. Lass uns gehen." Zusammen schlendern wir durch die Schule, da der Kunstraum bis hinten in der letzten Ecke der Schule liegt.
Wir unterhalten uns über alles mögliche, belangloses Zeug. Im Raum angekommen, setzen wir uns nebeneinander und schauen an die Tafel, wo bereits die Utensilien, die wir heute benötigen, vermerkt sind. Anscheinend werden wir auf einer Leinwand malen. Als unsere Lehrerin den Raum betritt, setzen wir uns alle aufrecht hin und sehen in ihr strenges Gesicht. Auch, wenn das hier mein Lieblingsfach ist, ist die Lehrerin unausstehlich. Eine wahrhaftige Hexe wie sie im Buche steht. Ich bin gut, in dem was ich mache, trotzdem gibt sie mir immer nur ein ‚befriedigend'. Die nächste halbe Stunde erklärt sie uns, womit wir heute anfangen. Gewissenhaft schreibe ich mit und notiere mir am Rand bereits meine Ideen zur Umsetzung. Landmalerei. Ein schönes Thema, wie für mich gemacht. Zusammen suchen wir alles zusammen und bereiten uns vor. Als plötzlich etwas absolut Beängstigendes durch die Schule hallt.
Achtung! Achtung! Amokalarm!", und mit ihr die verstörende Sirene. „Ist das eine Übung?", fragt mich Maddy überrascht. Unwissend zucke ich mit den Schultern und sehe zu unserer Lehrerin, die leichenblass ist. Ängstlich sehe ich zu Maddy, die genau dasselbe macht wie ich. Und dann hören wir, zwar weit in der Ferne doch laut und deutlich, Schüsse.
Das ist keine Übung.

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