- KAPITEL 86 -

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Dieses Kapitel widme ich : mervo123
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++++ SINANS SICHT ++++

Heute war Samstag. Mühevoll wachte ich auf und wusch mein Gesicht im Badezimmer. Anschließend ging ich runter in die Küche. Meine Mutter stand am Herd und kochte Eier, der Tisch war bereits gedeckt. Ich schaute auf die Uhr, 9:00. Wieso war sie schon so früh wach? Sonst schlief sie immer länger.

Ich : Anne? Neden bukadar erken kalktın?

(Mama? Wieso bist du so früh aufgestanden?)

Mama : Kahvaltıdan sonra ablanlara gidicez, ordanda frankfurta

(Nach dem Frühstück gehen wir zu deiner Schwester, und von da aus nach Frankfurt)

Ihre Stimme klang irgendwie traurig.. Ein komisches Gefühl macht sich in mir breit.

Ich : Bir şey mi oldu?

(Ist etwas passiert?)

Mama atmete kurz aus und schaute mich schwerlächelnd an.

Mama : Evet.. Amcan öldü

(Ja.. Dein Onkel ist gestorben)

Mein Onkel? Der, den ich so liebte? Tayfun abis Vater??

Ich : W-was? Ne zaman? (Wann?)

Mama : Vor 1 Stunde..

Ich : Wieso hast du mich nicht geweckt anne??

Mama : Wollte ich doch gerade. Ich habe nur erstmal Frühstück vorbereitet

Ich : Hmm tamam.. (Okay)

Ich ging auf meine Mutter zu und umarmte sie. Erst ihr Mann und jetzt ihr Bruder.. Wie schwer war das wohl für sie? Ich wollte es mir gar nicht vorstellen, wenn Melike abla sterben würde. Geschwister sind einer der wichtigsten Personen im Leben. Man ärgert sie, man streitet sich mit ihnen, man kriegt Wut auf sie, man "hasst" sie manchmal, und doch liebt man sie. Man liebt sie über alles. Mehr als jeden Anderen. Ohne sie kann man sich gar kein Leben vorstellen. Man wächst mit ihnen gemeinsam heran, man hilft sich gegenseitig, man vertraut einander, man ist füreinander da, man tröstet einen, man albert rum miteinander. All das könnte kein Mensch der Welt ersetzen, niemand, niemals. Geschwister sind die rechte Hand von einem, ohne sie würde man Schwierigkeiten haben. So viele Jahre lebten meine Mutter und mein Onkel gemeinsam, bis die beiden dann heirateten und umzogen. So viele Jahre waren vergangen. Und heute war er tot.. Weg. Für immer.

Ich : Inna lillahi wa inna ilayhi rajiun

(Von Allah kommen wir und zu ihm kehren wir zurück)

Ich : Möge Allah ihn in Jannah (Paradies) eintreten lassen..

Mama : A-amin .. (Ameen)

Meine Mutter weinte leise und sanft in meinen Armen. Sie war so eine starke Frau.. Ich bewundere sie einfach. Was würde ich ohne sie tun?

Nach einer Weile lösten wir uns voneinander. Ich wischte ihr die Tränen weg und lächelte ihr noch warm zu, bevor ich hoch ging und mich anzog. Eine etwas dunklere Jeans, ein schwarzes Tshirt, noch etwas Gel auf die Haare und fertig war ich. Aus meinem 3 Tage Bart wurde mittlerweile ein etwas längerer Bart. Ich ging ins Badezimmer und pflegte ihn. Ich wollte ihn nicht kürzen, es gefiel mir so. Ich ging in das Schlafzimmer meiner Mutter und nahm aus dem Schrank meines Vaters eine Uhr, und befestigte sie um mein Handgelenk. Wir hatten den Schrank meines Vaters nicht ausgeräumt, und seine Sachen auch nicht. Wir wollten es nicht. Gemeinsam hatten wir uns entschieden, all seine Sachen zu behalten, falls ich mal etwas von ihm haben möchte, und falls meine Mutter sich wieder an ihn erinnern will. Manchmal braucht man halt diese Momente, um die Person nicht zu vergessen. Wir haben es geschafft nicht mehr zu trauern, aber vergessen werden wir nie.

Melike & ErkanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt