Teil 6

674 37 11
                                    

Sahra

Die Lesung war vorbei und ich beantwortete nun Fragen. Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr, ich war ziemlich genervt und schlecht gelaunt. Alice war direkt nach Ende gegangen und jetzt musste ich mir dieses Gelaber hier geben. Nach einiger Zeit sagte ich, dass ich los müsse und machte much bereit zu gehen.

Plötzlich sah ich Alice in den Saal stürmen. Ihre Nase blutete, auf ihrem Hemd war ein roter Fleck und sie sah ziemlich verzweifelt aus. Ich sprang entsetzt auf und rannte zu ihr.

Ich fragte sie, was passiert sei und sie erzählte mir, dass sie eigentlich nur auf die Toilette gehen wollte und dort von einem dieser scheiß Linksradikalen geschlagen worden war. Ich alarmierte sofort meinen Personenschutz und forderte dann einen Sanitäter an.
Die restlichen Leute schickte ich raus, um mich um Alice kümmern zu können.

Ich merkte, dass sie versuchte stark zu sein und es sich nicht anmerken zu lassen, aber sie war den Tränen nah. Plötzlich war Alice so verletzlich.

Ich nahm ein Tuch und wischte ihr das Blut vom Gesicht. Ihre Nase hörte langsam auf zu bluten aber ihr weißes Hemd war total schmutzig. Ich bat sie kurz zu warten und holte meine Tasche. Währenddessen kam ein Sanitäter und schaute sich die Nase an, aber scheinbar sah alles relativ gut aus, denn er gab ihr ein Kühlpack und verschwand.

Ich kam zu Alice zurück und reichte ihr meinen Pulli, den ich aus meiner Tasche gekramt hatte. Sie schaute mich erst etwas misstrauisch an, begann aber begann dann ihr Hemd zu öffnen. Erst jetzt merkte ich, dass ihre Hände zitterten. Etwas peinlich berührt begann ich, ihr zu helfen indem ich die Knöpfe öffnete und ihr dann beim anziehen half.

Ich konnte förmlich sehen, wie unangenehm ihr das alles war. Zudem war mein Pulli auch noch rot, wahrscheinlich ihre Hassfarbe.

Plötzlich brach sie das Schweigen und murmelte irgendetwas "scheiße ist das peinlich. Ich hätte nicht kommen sollen. Es tut mir leid."
Ich versuchte sie zu beruhigen aber sie murmelte immer wieder wie leid ihr das alles täte. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich nahm ihre zitternden Hände, schaute ihr fest in die Augen und sagte "dir muss nichts leidtun. Es ist alles okay. Komm her." Dann nahm ich sie in den Arm und irgendwie war es nicht mal unangenehm, ich glaube sogar, dass es sich für sie auch gut angefühlt hat.

"So" sagte ich schließlich, "wie siehts aus, trinken wir einen Schluck Wein? Um das alles *ich zeigte mit dem Finger um mich* zu verarbeiten?" Alice nickte. "Wir können in meine Wohnung fahre. So wie ich jetzt aussehe kann ich ja nicht unter die Menschen."

Ich wusste nicht gabz ob sie mit "so" ihre Nase meinte, die unter der Schwellung noch riesiger war als sonst, oder meinen roten Pulli.

Wir stiegen in mein recyceltes Auto, bei dessen Anblick Alice die Nas rümpfte, aber dann schmerzlich aufstöhnte. Meine Schlafsachen nahm ich mit. Ich hatte nicht vor, heute Abend noch in dieses ranzige Hotel zu fahren.

Knecht WeidelbrechtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt